1. dass sich Nikolaus Brender und Claus Kleber ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert haben?
Das stimmt, auch wenn es in diesem Fall nicht um den Posten des ZDF-Chefredakteurs ging. Vielmehr ging es um die Frage, wer von den beiden in seiner Arbeit mehr Haltung zeigt: ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender oder „heute-journal"-Moderator Claus Kleber? Darüber geriet sich die 16-köpfige Jury des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises in die Haare. Alljährlich zeichnet sie seit 1995 Fernsehjournalisten für ihre herausragende Kreativität, ihre kritische Haltung und ihre Unabhängigkeit aus. Doch eine derart heftige Diskussion gab es noch nie. Anlass war die Pattsituation in der Jurysitzung Mitte März: Acht Mitglieder votierten für Kleber, acht für Brender. Kleber sei einfach jetzt an der Reihe, sagten die Befürworter des Mannes, der im Januar, als er vom „Medium Magazin" als „Politikjournalist des Jahres" ausgezeichnet wurde, selbstironisch erwidert hat, er sei gar kein politischer Journalist, er spiele nur einen im Fernsehen. Zudem gehe es beim Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis darum, einen Journalisten zu ehren, nicht einen Manager, sagten die Befürworter Klebers. Die anderen argumentierten: Es gehe bei dem Preis um die Haltung, die Hajo Friedrichs vorlebte, und da sei Brender der ideale Kandidat – zumal man damit „ein Signal setzen" könne. Das Signal sollte sich an jene Politiker wie den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch richten, die glauben, sich in Personalfragen eines Senders einmischen zu können, um unliebsame Journalisten loszuwerden. Die Wirkung des Signals wäre umso größer gewesen, da die Bekanntgabe des Preisträgers für den 27. März vorgesehen war, just für den Tag also, an dem der ZDF-Verwaltungsrat ursprünglich über Brenders Vertragsverlängerung entscheiden sollte. Das war der Grund, weshalb die Jury überhaupt vorab abstimmen wollte. Doch dann kam alles anders: Beim ZDF wurde die Chefredakteurs-Frage auf die Zeit nach den Bundestagswahlen verschoben. Und die Jury? Sie einigte sich auf Brender – fast einstimmig, von zwei, drei Gegenstimmen abgesehen. In der Mitteilung vom 27. März hieß es: „Nikolaus Brender steht für Qualität und Unabhängigkeit und setzt sie auch gegen Widerstände durch. Er ist nur seiner journalistischen Aufgabe verpflichtet. Brender lässt sich von niemandem vereinnahmen."
2. dass Tom Buhrow mit der Idee für ein eigenes Format beim NDR abgeblitzt ist?
Ganz so stimmt es nicht. Richtig ist, dass Tom Buhrow über die Idee sowohl mit dem NDR als auch mit dem WDR gesprochen hat. Sie entstand während Lesungen mit seiner Frau, der Journalistin Sabine Stamer, aus dem gemeinsamen Buch „Mein Amerika – dein Amerika". Während dieser Auftritte, sagt Buhrow, sei es schön gewesen zu erleben, wie das Publikum auf die Kabbeleien zwischen ihm und seiner Frau reagiert habe. Das wäre doch etwas, aus dem sich eine Sendung machen ließe, vielleicht im Sommer, in einem der Dritten Programme, dachte sich das Journalistenpaar: Buhrow und Stamer im Gespräch mit anderen, prominenten oder nicht prominenten Paaren. Noch befindet sich das Projekt im pränatalen Status, aber wer weiß. Er probiere eben gern Neues aus, sagt der umtriebige Bob-Dylan-Fan Buhrow, der sich neben seiner Arbeit als fest angestellter „Tagesthemen"-Moderator über die Agentur Nowak Communications als Redner buchen lässt: zum Beispiel von Siemens, der Industrie- und Handelskammer, der nordrhein-westfälischen Landesregierung, der Nordmetall-Stiftung oder einer Sparkassen-Tochter für vermögende Kunden. Namensgeber von Nowak Communications ist übrigens der Jurist Mark Nowak, einst selbst NDR-Mitarbeiter, als Mitgesellschafter von Will Media Koproduzent des Polit-Talks „Anne Will", Sohn der „Tagesthemen"-Sekretärin – und damit direkt an der Quelle, um Moderatoren für lukrative Auftritte an Kunden zu vermitteln. Tom Buhrow sagt, jede einzelne Anfrage wäge er danach ab, ob er sich dort publizistisch frei ausdrücken könne; selbstverständlich sei jeder Auftritt vom NDR abgesegnet. Die Auftritte entsprächen seinem Selbstverständnis als „Publizist in Wort, Schrift und Bild." Die „Tagesthemen"-Moderationen füllen ihn wohl nicht wirklich aus, denn er sagt: „Nicht alles passt in 30 Sekunden hinein. Wer mich kennt, weiß das."
3. dass Harald Müsse „Landlust" berät?
Harald Müsse gehöre zu jenen Fachleuten, die den Landwirtschaftsverlag hin und wieder beraten, bestätigt Geschäftsführer Heinz Bonny. Davon profitiert insbesondere „Landlust", das bei der Vermarktung, aber auch im Vertriebsgeschäft andere Anforderungen stellt als die übrigen Zeitschriften des Hauses, „Milchrind" etwa oder „SUS", das Magazin „für Betriebsleiter von Sauen- und Mastbetrieben". Müsse und Bonny kennen sich aus gemeinsamen Holtzbrinck-Zeiten. Damals war Müsse Chef des Vermarkters GWP, und Bonny erst Redakteur, später Verlagsleiter der „Absatzwirtschaft". Jetzt sind die beiden wieder zusammengekommen. Müsse, bis 2006 Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt, hat sich in Ratingen mit MüsseMedia-Consulting selbstständig gemacht und ist daneben weiterhin mit Klaus Madzia bei der Aktuell Medien Redaktionsgesellschaft für die Deutsche Post aktiv. Apropos Madzia – er kann es nicht lassen. Mitte März twitterte der ehemalige Chef von „News" und „Business News": „wirklich spannend und sinnvoll ist im moment einfach eine gratis tageszeitung in deutschland."
4. dass die Pro7-Serie „Der kleine Mann" dem Schnaps-Hersteller Behn auf den Leib geschrieben ist?
Rüdiger Bunz, die Hauptfigur der neuen Serie, hat sogar denselben Vornamen wie Rüdiger Behn, der Spirituosenhersteller, der „Kleiner Feigling" produziert. Eben jener Wodka-Feige-Mix mit den berühmten Augen auf schwarz-grün-lila Etikett ist Sponsor der achtteiligen Serie. Besteht da womöglich ein Zusammenhang? Zur Erinnerung: Die Serie handelt von Rüdiger, ein 08/15-Weichei-Typ, der als Testimonial für einen Schnaps entdeckt wird, was sein bis dahin unauffälliges Leben völlig durcheinanderbringt. Der Schnaps, für den er wirbt, wird in kleinen Flaschen verkauft und heißt „Der kleine Mann". „Das ist ja fast die Geschichte des „kleinen Feigling’s", sagt Andreas Franzen, zugleich Behn-Marketingchef und Inhaber der Werbeagentur Foerst. Woher der Autor der Serie, der renommierte Ralf Husmann, das alles habe, weiß Franzen nicht, doch „die Inspiration ist eindeutig". Franzen sagt: Als Behn vor einem guten halben Jahr angesprochen worden sei, ob „Kleiner Feigling" als Sponsor einsteigen will, habe man schnell zugesagt. „Ich glaube, die Sache ging gar nicht erst auf den offenen Markt, wir wurden direkt angesprochen", sagt Franzen. Er weist jeglichen Verdacht eines unerlaubten Product Placement von sich: „Wir waren an der Drehbuchphase nicht beteiligt und haben keinen Einfluss genommen." Auch eine Sprecherin von Pro-7-Vermarkter SevenOneMeia mag nur von einem glücklichen Zufall sprechen. Sie sagt, der Sponsor „Kleiner Feigling" habe erst wenige Wochen vor Serienstart festgestanden. Behn lässt sich das Sponsoring beim Vermarkter der maroden Sendergruppe ProSieben Sat.1 übrigens einen sechsstelligen Betrag kosten. Die Serie startete mit einstelligem Marktanteil deutlich unter den Erwartungen des Senders.
5. dass auch die „Jüdische Allgemeine Zeitung" um ihre Zukunft fürchtet?
Die Aktivitäten hinter den Kulissen sehen nicht danach aus. Das Konkurrenzblatt „Jüdische Zeitung" aus dem Verlag Werner Media hat zwar vorerst aufgegeben. Und ein großes Budget hat auch Christian Böhme, Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen Zeitung", nicht. Doch immerhin ist es groß genug, um Blattmacher Helmut Ortner aus Frankfurt im Stillen für die Renovierung des Layouts und der Blattstruktur zu engagieren. Ursprünglich sollte die „Jüdische Allgemeine" zu
m Pessach-Fest im neuen Gewand erscheinen, jetzt wird es Mai. Künftig gibt es mehr Kommentare als bisher, werden sie doch gern als Argumentationshilfe genutzt, nicht nur vom Zentralrat. Auch soll es bald einen richtigen Online-Auftritt geben, einen, der die Zeitungsinhalte nicht mehr im PDF-Format präsentiert – die findet Google nämlich nicht.
Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 14 bis 15 Autor/en: Ulrike Simon. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.