„Jedes Echo ist besser als kein Echo“

Herr Schneider, Ihre neue Videokolumne nennen Sie in Anspielung auf Ihren Kampf gegen Angliszismen ironisch „Speak Schneider“. Viele Kritiker haben diese Ironie nicht erkennen wollen. Haben Sie Ihre Zuschauer überschätzt?

Wolf Schneider: Das muss ich in Kauf nehmen. Ich sah in dem Titel zunächst kein großes Problem. Mein Buch über Anglizismen heißt „Speak Schneider!“, das fand ich kess und deshalb auch für den Videoblog geeignet.

Warum prangern Sie in Ihrer Kolumne nur sprachliche Misslichkeiten an, bieten aber keine Lösungen?

Die Absicht der ersten Kolumne zum Thema Feminismus war, Gegner des feministischen Sprachgebrauchs ein wenig in ihrem Widerstand zu ermutigen. Ich finde ihn albern und habe ihm öffentlich den Krieg erklärt. Wenn sich da nun ein paar Leute meiner Meinung anschließen, dann freue ich mich. Mehr erwarte ich gar nicht. Lösungen kann ich nicht anbieten. Ich kann nur Probleme ansprechen und Einladungen aussprechen.

Einige Kommentatoren haben sich nach Ihrer ersten Kolumne über ihr Alter lustig gemacht. Berührt Sie das?

Das wusste ich vorher. Ich komme nur normalerweise bei der Enkelgeneration sehr gut an. Die Kolumne war eine Initiative von vier freien Journalisten, die ich zwei Jahre zuvor an der Henri-Nannen-Schule unterrichtet habe. Zu den 25-Jährigen habe ich kurioserweise einen ziemlich guten Draht, Wenn die nun sagen: Mach das mal, warum soll ich das dann schlecht finden?

Wird der Ton im Internet gehässiger ?

Schmähungen bekommen einen Platz, der ihnen früher nicht eingeräumt worden wäre. Aber jedes Echo ist besser als kein Echo.

Haben Sie als Blogger Vorbilder?

Nein, was ich gesehen habe, fand ich nicht so überzeugend, dass ich ihm unbedingt nacheifern müsste. Ich habe genug Erfahrung in mündlicher Selbstdarstellung.

Sie verfolgen intensiv die Diskussion zur Zukunft der Zeitung. Was muss getan werden, um die Institution Tageszeitung zu bewahren?

Viele Tageszeitungen müssen einen Schritt gehen, den einige Große schon gegangen sind. Sie müssen sich gegenüber einer Nachricht so verhalten, wie es seit über sechzig Jahren der „Spiegel“ tut: Er kommt immer zu spät und kann mit der nackten Nachricht niemandem mehr imponieren. Man bediene die Leser also mit Texten, die sie aus dem Internet nicht kennen. Das Analytische und Reportagehafte muss in den Vordergrund. Damit kann man die Tageszeitung kurzfristig besser im Geschäft halten. Ob sie überleben wird, ist eine ganz andere Frage. Es gibt eine These, der ich mich seufzend anschließe: Nur Wochenzeitungen oder Wochenendausgaben werden überleben. Auch diejenigen unter den Online-Lesern, die sich noch tiefer gehend informieren wollen, werden irgendwann keine Lust mehr haben, sich täglich mit raschelndem Papier zu umgeben.

Info: Das komplette Interview siehe www.mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 62 bis 62. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.