Schriftsteller gegen Freibeuter

Kaum hat sich der Pulverdampf in der Piratenbucht verzogen, da werfen sich sämtliche Kontrahenten zu moralischen Siegern auf. Zwar hat das Stockholmer Landgericht Ende April vier Betreiber der Raubkopier-Plattform „The Pirate Bay“ zu Gefängnis und Schadensersatz für entgangene Tantiemen verurteilt. Doch ungeachtet der gewaltigen Drohkulisse geben sich die Freibeuter weiter kämpferisch, beschwören das demokratische Internet und verheißen den Nutzern die baldige Entwicklung subtiler Techniken zur Verschleierung der Datenströme. Hollywoodstudios und Plattenlabels wollten mit dem Verfahren ein Exempel statuieren und führten namhafte Künstler in die Schlacht. So meldete sich einer zu Wort, dem man leidvolle Erfahrungen mit Datendieben gar nicht zugetraut hätte.

„Die jungen Leute haben sich ans Stehlen gewöhnt“, klagt der Schriftsteller Per Olov Enquist. Und rechnet vor, dass sich Hörspiele seiner Werke kaum noch lohnen, wenn die teuren Produktionen dann massenhaft und unbezahlt im Internet verbreitet werden. Als Familienoberhaupt mit fünf Kindern und acht Enkeln weiß Enquist aber auch, dass sich das Medienverhalten komplett verändert hat. Geschätzte zwei Millionen Schweden surfen regelmäßig im Internet, um sich urheberrechtlich geschützte Filme, Musiktitel oder Computerspiele herunterzuladen, ohne dafür zu bezahlen. Solange die Internet-Piraten von den allermeisten Nutzern als Rebellen einer globalen Jugendkultur wahrgenommen werden, bleibt das Urteil wohl ein Pyrrhussieg.

Internet: www.thepiratebay.org

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 48 bis 48 Autor/en: Alexander Budde, Stockholm. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.