Sprechernotizen

Ende einer Dienstfahrt?

Anton „Toni“ Hunger, der ebenso hoch angesehene wie erfolgreiche und zudem auch noch sympathische Kommunikationschef von Porsche, steht nach Lage der Dinge kurz vor dem Ende seiner langen, für seinen Brötchengeber mehr als segensreichen Dienstfahrt. Der Versuch von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, VW im Handstreich mehrheitlich zu übernehmen, ist unangenehm gescheitert. Sah es über Monate so aus, als würde der forsche Autolenker ans Ziel kommen, haben sich die Winde so schnell gedreht, dass Wiedeking und sein Finanzchef Härter es gar nicht mitzubekommen schienen. Jetzt blasen die Gegenwinde ihnen orkanartig ins Gesicht: VW ist am Drücker, Großmeister Ferdinand Piëch hat wieder einmal Strippe für Strippe kühl und überlegen gezogen und lächelt das leise Lächeln des Siegers. Porsche wird wohl in den VW-Konzern integriert, als eine Marke von vielen. Wer mit Sicherheit nicht Chef des großen Konzerns wird, ist Wiedeking. Er wird deshalb kaum bleiben – und ob man ihn in Wolfsburg überhaupt will, ist auch mehr als fraglich. So muss auch sein engster Vertrauter und oberster Spin Doctor, Anton Hunger, darüber nachdenken, wie ein Leben ohne Porsche aussehen könnte, denn unter VW-Kommunikationschef Stephan Grühsem wird Hunger sicher nicht arbeiten.

Hungers Erfolg beruhte über Jahre auf einem simplen, aber mit Grandezza gespielten Trick: Er positionierte Porsche stets als den kleinen, unscheinbaren Autobauer, den eigentlich keiner braucht, aber jeder liebt, der im Konzert der mächtigen und lauten Hersteller der kleine David war: Porsche war gegen Subventionen, Wiedeking wetterte gegen hohe Managergehälter und gegen Quartalsberichte. Die Presse war fasziniert und jubelte. Schwierig wurde es jedoch, als sich herausstellte, dass kaum ein deutscher Manager so viel verdiente wie Wiedeking, dass Porsche sehr wohl von Subventionen profitierte. Und als der Kleine die Finanzwelt mit seinen Finten austrickste und sich anschickte, VW im Sturm zu erobern, war es vorbei mit der heilen Welt des David. Plötzlich war Porsche böse, aggressiv, hungrig, gar gierig. Und nun? Die Schlacht ist fast vorüber, die Waffen rauchen noch und „Toni“ Hunger wird sich wohl in sein Refugium am Starnberger See zurückziehen. Dorthin wollte er vor einigen Jahren, als er schwer erkrankte, schon einmal abtauchen. Wiedeking ließ ihn aber nicht in den Ruhestand gehen – und so kam Anton noch einmal zurück. Er hat vorgesorgt für diese Phase, wird sich sicher nicht langweilen. Bedarf für seinen klugen Rat besteht genug – und außerdem besitzen er und sein Chef Wiedeking gemeinsam einen renommierten Maßschuh-Hersteller. Wenn nicht in Autos, dann wird eben in Schuhen gemacht.

Schluss mit lustig

Bernd Bauer ist wieder auf dem Markt. Der langgediente Bertels-Mann – und dort früher Kommunikationschef – war Ende 2005 als Kommunikationschef zur bis dahin verschwiegenen und damals noch angesehenen Privatbank Sal. Oppenheim gegangen. Bei Bertelsmann zuletzt nicht mehr gelitten, soll ihm sein Mentor Thomas Middelhoff, Ex-Chef von Bertelsmann, in den Sattel bei Oppenheims geholfen haben. Lange ging es gut, doch dann kam, was kommen musste: Middelhoffs Stern bei Sal.Oppenheim sank wegen des unternehmerischen Desasters bei Arcandor (immer noch besser bekannt als Karstadt), was Oppenheim als Kreditgeber und Investor reichlich Geld gekostet hat. Dann folgten auch noch eine Reihe von Geschichten über die Oppenheims in einschlägigen Medien, zuletzt dem „Manager Magazin“, die zwar Eingeweihten seit Langem bekannt waren, in veröffentlichter Form aber die feinen Herren Privatbanker doch sehr geärgert hatten. Tenor dieser Geschichten: So fein geht`s bei Oppenheims nun doch nicht zu. Skandale, dunkle Geschäfte, die Liste ist lang. Der Schuldige war schnell benannt: Bernd Bauer, weil er die fiese Presse nicht im Griff habe. Also: Raus mit ihm. Nun macht die Kommunikation ein Externer: Ulrich Stockheim mit seiner Agentur Stockheim media. Der ist ganz nach dem Geschmack der Oppenheims: Der ehemalige „Capital“-Mann und dann „Das Wertpapier“-Geschäftsführer gilt in der Branche als äußerst selbstbewusst, frei von echten Skrupeln und reichlich geschäftstüchtig. Die Botschaft ist klar bei Oppenheims: Nun ist Schluss mit lustig, jetzt weht im Umgang mit der Presse ein anderer Wind. Basta!

Und die nächste Schlacht …

Wenn es nicht so traurig wäre, würde es lustig sein: Nach den reichlich versemmelten PR-Schlachten bei Siemens und anderen hauen sich bekannte Protagonisten nun wieder in erprobter Weise, ohne dazugelernt zu haben, dafür wenigstens auf reichlich niedrigem Niveau. Der Fall: Eine Vanguard AG, never heard of before, verkündet an einem sonnigen Nachmittag um 14.08 Uhr per Press Release einer Marc Johst Societät für strategische Medienberatung, ansässig im Haus der Bundespressekonferenz (erstaunlich, wer dort so alles sitzt), dass Finanzinvestoren das Unternehmen und seinen Gründer und CEO attackierten und der Aufsichtsrat schon mal den armen Mann in die Wüste geschickt habe. Schrecklich, vor allem für den Krankenhausmarkt, in dem Vanguard – natürlich – führend tätig sei. Gut zwei Stunden später, um 16.20 Uhr, verkündet dann ein Press Release von CNC, der Agentur des ehemaligen Daimler-Kommunikationschefs Christoph Walther, ätsch, der Aufsichtsrat habe den Vanguard-CEO wegen Pflichtverletzungen abberufen. Hört, hört. Das ist, weiß Dr. Who, schnell auch strafrechtlich relevant. Mal sehen, wie es weitergeht. Pech nur für CNC: Es interessiert sich „keine Sau“ für Vanguard. Zu unbedeutend. Drückt die Finanzkrise das Geschäft schon so sehr, dass auf diesem Niveau geboxt werden muss?

Alter Bekannter

Da isser wieder: Das enfant terrible der Deutschland AG, der Brutal-Sanierer und Großsprecher hat wieder zugeschlagen. Kajo Neukirchen, früher zumeist im Dienst der Deutschen Bank mäßig erfolgreich sanierend bei Hoesch, bei KHD und bei der Metallgesellschaft tätig, meldet privates unternehmerisches Engagement. Bei der PSI AG hat Neukirchen 18,71 Prozent erworben und zuletzt weiter aufgestockt. Neukirchen war einer breiten Bevölkerung vor allem bekannt geworden wegen seiner Einsätze von Detektiven und fragwürdigen Dienstleistern in seiner Zeit bei der Metallgesellschaft. Und wer begleitet den sauberen Kajo heute? Thomas Knipp, vor langer Zeit mal Co-Chefredakteur des „Handelsblatt“ und heute Geschäftsführer Deutschland der Agentur Brunswick. Aha ‚der macht’s also.

Neuer Job für Schweer

In unserer letzten Kolumne in mediummagazin 4/09 hatten wir bereits gemeldet, dass Dieter Schweer, früher u. a. Kommunikationschef RWE, HVB und T-Systems, dann freier Berater u. a. für Klaus Zumwinkel, den tief gefallenen Ex-Post-Chef, ganz nah an seinen früheren Kollegen aus dem RWE-Konzern – Ex-Hochtief-CEO, Hans-Peter Keitel und seit Kurzem Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie BDI – herangekuschelt sei. Schweer hängt nun das freie Beraten an den Nagel und geht hauptamtlich zu seinem Spezi, als stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BDI. Klingt gut, und tut hoffentlich auch dem BDI gut. Der BDI kann es gebrauchen, waren die Jahre unter Keitels Vorgänger alles andere als fröhlich. Dr. Who wünscht jedenfalls alles Gute. Ein langes Gesicht hat übrigens BDI-Kommunikationschef Jobst Hinrich Wiskow gemacht. Erst seit 2007 im Amt, muss der ehemalige „Capital“-Mann nun mit ansehen, wie einer aus seiner Branche über ihn gesetzt wird, der bislang nur auf dem Beifahrersitz saß.

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. E-Mail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „PR“ auf Seite 50 bis 51. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.