Stimmt’s, …?

1…. dass Kerner, Aust & Co. bei ProSiebenSat.1 Vorboten für eine mögliche Springer-Übernahme sind?

Teilnehmerinnen eines Essens mit Angela Merkel wussten schon Anfang März zu berichten, dass in der nächsten Legislaturperiode der Weg geebnet werden soll, Springer die Übernahme von ProSiebenSat.1 zu ermöglichen. Insofern war konsequent, dass der sonst als Vorsitzender des medienpolitischen Expertenkreises der CDU unauffällige Günther Oettinger Mitte Mai scheinbar ohne Not nach Berlin lud und sagte, nach heutigem Stand würde Springer der Einstieg ermöglicht. Insofern hätte sich die Rundreise eines Springer-Abgesandten durch die Staatskanzleien im vergangenen Jahr doch gelohnt – auch wenn der Plan nicht umzusetzen war, die Senderfamilie im ersten Quartal und damit rechtzeitig vor der Wahl im September zu kaufen. Springer demonstriert zwar Desinteresse. Bitten ließe sich das Haus aber womöglich, es noch einmal mit einer Übernahme zu probieren. Wer, wenn nicht der aus München geholte Finanzvorstand Lothar Lanz wüsste, wie es sich deichseln ließe, die Senderfamilie (oder Teile davon) möglichst ohne die dazu gehörigen Milliarden-Schulden zu übernehmen.

Bei Sat.1 fände der „Bild“-Konzern Vertraute vor: Franz Beckenbauer, Johannes B. Kerner, Oliver Pocher, Stefan Aust und Sabine Christiansen. Ex-„Spiegel“-Chef Aust war für Springer ja schon beim ersten Übernahmeversuch ein gefragter Gesprächspartner. Gut in Erinnerung ist auch, wie sich Christiansen, Friede Springer und weitere Berliner Damen auf der Gästetribüne des Bundestags die Zeit bis zur Kanzlerinnenwahl mit dem Legen von Buchstabenkeksen zum Akronym C-D-U vertrieben.

Schon jetzt am Aufhübschen von Sat.1 gut verdient hat übrigens Werner E. Klatten. In seiner langen Vita – er ist Jahrgang 1945 – scheint sich vieles zusammenzufügen. Der Jurist sitzt in Aufsichtsräten wie von Constantin Medien und Highlight, an denen auch Leo Kirch beteiligt ist (der Politiker-Nachfragen nach einer Rückkehr ins TV-Geschäft wohl eher lustig findet). Davor erschloss Klatten beim Spiegel-Verlag neue Märkte und baute Spiegel TV mit auf. Bevor er 1988 Sat.1-Chef wurde, war Klatten Manager in der Zigarettenindustrie (bei Brinkmann, heute BAT). Thomas Ebeling, heute Vorstandschef von ProSieben Sat.1, den alle „Pille“, den ehemaligen Pharma-Manager, nennen, war früher ebenfalls in der Zigarettenindustrie („West“, Reemtsma). Klatten sagt, es stimme nicht, dass er damals, als Headhunter Egon Zehnder monatelang keinen Nachfolger für Vorstandschef Guillaume de Posch fand, Ebeling als den richtigen Mann vorgeschlagen haben soll. Andererseits: Wenige Tage bevor Sat.1 Kerners Verpflichtung meldete, sagte mir sein Anwalt Klatten, der ZDF-Talker hege keinerlei Abwanderungsgedanken in Richtung Sat.1 (Zitat: „Klares Dementi“). Klatten sagt, er lüge grundsätzlich nicht.

Ach ja. Kerner hat am 1. April, als er Sat.1-Neuling Pocher zu Gast hatte, und als er Christiansen und Aust in seine Sendung einladen wollte, auch nicht geahnt, dass sie alle einmal für denselben Sender arbeiten werden.

Klatten hat auch den Vertrag mit Oliver Pocher verhandelt. Dasselbe gilt für eine wahrscheinliche zusätzliche Tätigkeit von Kerner bei „Liga Total“. Produziert wird das IPTV-Angebot der Telekom von einer Constantin-Tochter. Damit wären wir wieder bei Klatten – siehe oben.

Der Vorstand der ProSieben Sat.1 Media AG hat übrigens zu Zeiten, als Matthias Alberti Sat.1-Chef war (2007 bis 2008), abgelehnt, Kerner für eine hohe einstellige Millionensumme einzukaufen. De Posch war das zu teuer. Heute kann sich die Senderfamilie den nochmals teurer gewordenen Preis komischerweise leisten. Und Klatten verdient mit.

2…. dass Ex-„Max“-Chef Christian Krug für „Bild“ auf Promijagd war?

Kerner wirbt in der seit März laufenden Werbekampagne für „Bild“: „Also mir wäre ein bisschen mehr BILDung und ein bisschen weniger Meinung lieber!“ Das soll womöglich subversiv wirken, ähnlich wie „Bild“ die Kampagne nutzt, um sich als total liberal und offen für andere Meinungen darzustellen. Die Idee stammt von Jung von Matt/Alster. Deren mittlerweile ausgeschiedener Kreativvorstand Oliver Voss dachte sich, um Prominente dazu zu bringen, für „Bild“ zu werben, wäre ein Mittelsmann nicht schlecht. Er engagierte den früheren „Max“-Chef Christian Krug. Als schwierig erwies sich, seriöse Fernsehjournalisten und amtierende Politiker zu überzeugen, sich vor den „Bild“-Karren spannen zu lassen. Krug, der im Spätherbst vor den Toren Marrakeschs mit Freunden ein eigenes Luxushotel „Great Get-away“ (inklusive „honeymoon“-Zelt mit Bodenheizung und Kamin) eröffnen wird, verschickte nach eigenen Angaben an die 2000 Mails und telefonierte hundertfach, bis er für die „Bild“-Kampagne rund zwei Dutzend Prominente verpflichtet hatte. Nicht belegt ist, dass einige unter ihnen aus jenen Gründen zusagten, die Berlins Regierender Klaus Wowereit beim 30-Jährigen der „taz“ so formulierte: „Da gibt es ja so wunderbare Medien, die arbeiten immer mit der Methode: Entweder du kooperierst, oder wir vernichten dich. Und dann denken immer einige, wenn sie kooperieren, dann werden sie nicht vernichtet.“

3…. dass sich „Bild“ ändern wird, da sich Genosse Diekmann an die Satzung der „taz“ halten muss?

Wer nicht zu besiegen ist, wird gekauft oder so lange umarmt, bis ihm die Luft wegbleibt: Die Methoden sind bekannt, aber sie funktionieren nicht immer. Die Tatsache, dass sich Kai Diekmann bei der „taz“-Genossenschaft eingekauft hat, dürfte ohnehin ein PR-Gag sein. Falsch ist jedenfalls, was einige Blätter verbreitet haben: dass der „Bild“-Chef Anteile in Höhe eines mittleren vierstelligen Betrags gezeichnet habe. Diekmann antwortet auf Nachfrage nicht, aber es soll sich nicht einmal um einen vierstelligen Betrag handeln. Zur Erinnerung: Ein Anteil kostet 500 Euro. Letztlich ist es völlig egal, wie viele Anteile Diekmann hat. Er verfügt trotzdem nur über eine von mehr als 8.500 Stimmen. So will es die „taz“-Satzung.

Spannender ist, dass sich Diekmann mit seiner Unterschrift unter die Beitrittserklärung verpflichtet hat, sich an die Satzung der „taz“-Genossenschaft zu halten. Dazu gehört, „sich der publizistischen Verfolgung von Zielen zur Durchsetzung eines demokratischen, an der Verteidigung der Menschenrechte und der Interessen der Schwachen sowie im Kampf gegen Rassismus, Frauenunterdrückung und -diskriminierung und Faschismus verpflichteten Journalismus zu widmen“. Na denn.

4…. dass Bascha Mika die längste Zeit „taz“-Chefredakteurin war?

Länger als Bascha Mika hat es niemand auf dem Posten gehalten, insofern ist die Frage zu bejahen. Vielen erscheint die „taz“ ohne sie undenkbar, das mag an der langen Zeit liegen, in der sie das Blatt repräsentiert: seit 1999, zehn Jahre also. Das entspricht einem Drittel der Zeit seit Bestehen der „taz“. Eine Ära, erst recht in Berlin, wo keiner der aktuellen Chefredakteure großer Zeitungen annähernd so lange amtiert. Aber wie lange bleibt Mika die einzige Frau an der Spitze einer überregionalen Zeitung? Die 55-Jährige macht keinen Hehl daraus, nicht bis zur Rente „taz“-Chefin bleiben zu wollen. Wie viel eher könnte es zum Wechsel kommen? In den vergangenen Monaten rumpelte es intern mehrfach gewaltig. Sowohl Bascha Mika als auch Peter Unfried, neben Reiner Metzger stellvertretender Chefredakteur des Blattes, ernteten Kritik. Es ging um Führungsstil und mangelnde Kommunikation, die Redaktion fühlte sich ausgeschlossen; zudem, heißt es, würde ein Wechsel dem Blatt guttun. Doch wer sollte nachrücken? Der Vorstand mag nicht bestätigen, sich nach potenziellen NachfolgerInnen umzusehen. Doch gleich mehrere Redakteure sagen, nun sei die beste Zeit, sich für einen Wechsel vorzubereiten, schließlich gehe es der „taz“ im Moment recht gut – was die Redaktion sich selbst und nicht der traditionell mit wenig Hausmacht ausgestatteten Chefredaktion zuschreibt. Doch Bascha Mikas Verdienste sind sich auch ihre Kritiker durchaus bewusst. Schon ist die Rede davon, den Posten „Herausgeber
/in“ einzuführen. Die „taz“ wird nicht nur optisch konventioneller.

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 12 bis 15 Autor/en: Ulrike Simon. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.