Zeitungen auf Goldsuche

Die Aufgabe, die der Innovation International Media Consulting Group mit Juan Antonio Giner in Lissabon gestellt wurde, war einfach und gerade deshalb auch kompliziert: etwas Ungewöhnliches zu kreieren. „Unica“, ein Magazin, das der Wochenzeitung „Expresso“ beilag, hatte an Vitalität verloren, die richtige Identität fehlte. Und es war wichtig, aus dem übersättigten portugiesischen Printmarkt herauszustechen. Man hielt an der Philosophie und Tradition des Mutterhauses fest und setzte weiterhin auf größte Qualität, eine Bewegung in Richtung Massenmarkt war ausgeschlossen. Die gesamte Firma trat an, um die Bemühungen zu unterstützen, angefangen mit Group-Präsidenten und Verleger Francisco Pinto Balsemao, dem Redaktionsleiter von „Expresso“, Henrique Monteiro, sowie natürlich Mafalda Anjos, die speziell für den Relaunch im Mai 2008 als Chefredakteurin ins Boot geholt wurde (s. a. Kasten).

Die Berater übersetzten ihre Suche nach der „goldenen Idee“ in eine Suche nach „dem Besten vom Besten“. Im Journalismus kann das ein hervorragendes Interview, ein brillantes Feature, ein starkes Meinungsstück, eine Fotografie oder ein ganzes Foto-Essay sein. Das Ziel war es, in diesen ganzen Kategorien das Beste vom Besten einfließen zu lassen, um eine facettenreiche Berichterstattung anbieten zu können. Titelgeschichten wurden zu „Titel-Sparten“, betrachtet durch die Prismen verschiedener Journalisten, weiterentwickelt auf der Erfolgsformel von „ES“, der Wochenendbeilage von „La Vanguardia“ aus Barcelona. Ziel war es, in die Berichterstattung Tiefe und Perspektive zu bringen, ähnlich wie im Kino das Cinemascope-Format die Leinwand erweitert hat.

Die Berater von Innovation nannten dies „Fusion Journalism“, da hier wesentliche Botschaften transportiert wurden: Neuartigkeit und damit Modernität und Innovation; Harmonisierung verschiedenster Zutaten, sowie Luxus als Ausdruck von Vortrefflichkeit und dem Besten vom Besten.

Marta Botero, Mitglied im internationalen Beraterteam von Innovation, erinnert sich, dass „die Diskussionen um die Vorbereitung des ersten Dummies eine fantastische Trainings-Erfahrung für die Redakteure, Designer und Reporter“ war. Das bedeutendste Training fand aber während der Planungssitzungen für die zukünftigen Hefte statt, wo ein neuer Zugang an die Heftproduktion den Newsroom, die Fotoredaktion und die Designer zusammenbrachte, um sicherzugehen, dass alle Disziplinen und Bereiche auch genau auf die Geschichten abgestimmt waren.

Ein Beispiel, an dem man diesen Zugang ein wenig verdeutlichen kann: Als es immer wahrscheinlicher wurde, dass Barack Obama Präsident der USA werden würde, war das Heftthema „Blackness“. Behandelt wurden verschiedendste Aspekte, die mit „Schwarz“ zu tun hatten. Von Schwarz in der Mode, Wissenschaft (schwarze Löcher), schwarze Literatur, Gesellschaft (Gleichberechtigung, Ungleichheit, das Konzept des „schwarzen Schafes“), Sport (Rekorde schwarzer Athleten) bis Humor ermöglichten Dutzende Aspekte diese umfassende Abdeckung eines einzigen Begriffs. Und jeder dieser Aspekte wird wiede- rum in den verschiedenen Formen aufgegriffen – in Interviews, Bildern, Meinungstexten, Kolumnen usw.

„Sechs Monte nach dem Relaunch“, stellt Juan Antonio Giner, „ist ‚Revista Unica‘ eine treibende Kraft für den Verkauf von ‚Expresso‘. Mit rund 130 Seiten pro Ausgabe und steigenden Anzeigenseiten werden die Interessen der Leser und Anzeigenkunden in einer Publikation widergespiegelt, die nun gelesen, aufbewahrt und gesammelt wird.“

Juan Caño (Spanien) ist Seniorberater bei Innovation (www.innovation-mediaconsulting.com) sowie u.a. Mitglied des Redaktionskomitees Hachette Filipacchi in Paris.

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 44 bis 44 Autor/en: Juan Caño. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.