Ich habe das Gefühl, dass unser Konzept des „Fusion Journalism“ das Magazin und das Team auf ein neues Level befördert hat. Viele hatten Angst vor dem großen Wechsel und was er für ihre Arbeitsroutine bedeuten würde. Das Magazin war bis dato eine Sammlung an Geschichten, die Journalisten in den jeweiligen Momenten schreiben wollten. Meiner Ansicht nach wurden die Interessen und Vorlieben der Leser wenig berücksichtigt. Auch wurde mit einem anderen Teil von „Expresso“ konkurriert, anstatt ihn zu ergänzen. Die Veränderung konnte nur funktionieren mit Unterstützung und Einbindung des ganzen Teams. Es war entscheidend, dass jeder mit an Bord sein und verstehen musste, dass wir dem Magazin nur so seinen besonderen Platz innerhalb von „Expresso“ und der Medienlandschaft geben konnten.
Bei unseren Themen- und Konzept-Konferenzen gab es eine simple Regel: Jede noch so verrückte Idee war es wert, berücksichtigt zu werden. Diese Meetings sind ein Riesenspaß und produktiv, wir arbeiten hart, doch mit unseren Herzen! Und dass wir mit Leidenschaft dabei sind, merken die Leser. Ich denke, dass diese Erfahrung unsere Leute an ihre Grenzen getrieben haben. Sie gab unseren Reportern Motivation und pflanzte Verantwortungsgefühl ins Team.
Wir planen zwei Monate im Voraus, das ist der einzige Weg, das Ganze zu stemmen (zumindest mit dieser Zahl an Leuten). Die Herausforderung ist das Planen, ohne dabei die Perspektive zu verlieren, was gerade in den News und den Köpfen der Leser vor sich geht. Wir müssen planen, haben aber die Fähigkeit und den Einfallsreichtum, jede Ausgabe flexibel zu berarbeiten. Planung darf einen nicht hemmen. Auf die Frage, ob es für eine Chefredakteurin schwer ist, mit einem derartigen Modell zu arbeiten, ist meine Antwort „Ja“. Ob ich dieses Modell gegen ein anderes eintauschen würde? Auf keinen Fall! Ich hoffe, die Leser empfinden genauso. Doch laut der Kommentare, die sie uns schicken, tun sie es.
Mafalda Anjos ist Chefredakteurin von „Revista Unica“, dem Magazin der portugiesischen Wochenzeitung „Expresso“
Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 44 bis 45. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.