Medienköpfe & Karrieren

Margaret Heckel (43), hat nach drei Jahren als Politikchefin die „Welt“- Gruppe/„Berliner Morgenpost“ verlassen, um sich, wie es heißt, „neuen publizistischen Projekten“ zu widmen. Ob es sich dabei um die diplomatische Formulierung eines Zerwürfnisses handelt, muss offen bleiben. Margaret Heckel aber sagt über den Abschied: „Ich fühle mich ehrlich gesagt auch ein bisschen befreit“. Sie war 2006 von der „FTD“ gekommen, wo sie zuletzt das Politik- & Wirtschaftsresort und das Berliner Büro geleitet hatte.

Zusammen mit Ursula Weidenfeld, einer Freundin aus Journalistenschultagen, die kurzzeitig Chefredakteurin von „Impulse“ war, hat Heckel in Potsdam ein Büro gemietet. „Ich wollte schon immer mal selbstständig sein.“ Gemeinsam mit ihrer neuen Büro-Kollegin wird Heckel sich „im Internet tummeln“, wie sie sagt. „Wir starten ein Onlineprojekt zu den Themen Wirtschaft und Politik.“ Geld verdienen wolle das Journalistinnen-Duo aber damit noch nicht. Dafür soll zunächst erst mal das gerade erschienene Buch „So regiert die Kanzlerin“ (zum Start Ende Juni auf Platz 345 bei Amazon) sorgen. Margret Heckels Nachfolger in Berlin wird Torsten Krauel (53) der zurzeit noch als Washington-Korrespondent für die Zeitungsgruppe arbeitet.

Er geht auf dem Höhepunkt der Empörung: Kuno Haberbusch, 54, gibt Mitte Juli die Leitung von „Zapp“ und „extra 3“ beim NDR an den „Markt“-Redaktionsleiter Steffen Essbach ab. Haberbusch wird künftig politische Dokumentationen und Reportagen für den Hauptabend im Ersten und beim NDR drehen. In den vergangenen Wochen hatte Zapp mit einem Beitrag über die Nebenverdienste von Fernsehmoderatoren für große Aufmerksamkeit gesorgt und dabei auch die eigenen NDR-Kollegen wie Tom Buhrow nicht geschont. Ist die Personalie Haberbusch eine Verschwörung? „Quatsch, der Wechsel ist von mir seit Langem geplant“, sagt Haberbusch. Selbst bei 95 Prozent der eigenen NDR-Kollegen sei der Beitrag gut angekommen. „Aber die fünf Jahre Zapp waren anstrengender, als die sieben Jahre Panorama vorher.“ Über Journalisten zu berichten sei sehr aufreibend, weil sie „so sensible Geschöpfe“ seien. „Ich habe das Gefühl, dass jetzt alles berichtet und erzählt ist, die Geschichten beginnen, sich zu wiederholen.“ Der Job sei zudem nicht gerade dazu geeignet, neue Freunde zu finden: „Einige Journalisten-Freunde haben ich vergrault, und meine Nicht-Journalisten-Freunde habe ich in den vergangenen Jahren zu selten gesehen.“ In seiner neuen Position will Haberbusch „rechercheintensive Dokumentationen“ zu aktuellen Themen drehen. „Das Doping bei den Reitern würde mich interessieren“, sagt er „und natürlich wird die Bundestagswahl im September eine Rolle spielen.“

Kann das Zufall gewesen sein? Kaum war Michael Jackson tot, wurde bekannt, dass Lothar Gorris (49), Mitbegründer des Musikmagazins „Spex“, neuer Kultur-Chef beim „Spiegel“ wird. Gorris schrieb sofort einen Jacko-Abschieds-Titel, einer der raren Kultur-Aufmachergeschichten beim „Spiegel“. Pop-Musik-Geschichten hatten es im Krisenjahr 2009 bislang eher schwer, ganz groß erzählt zu werden. „Kultur-Titel wird es auch weiterhin immer wieder geben“, sagt Gorris. Nach Stationen bei „Zeit“, „stern“, „Tempo“ und „Woche“ leitete er beim „Spiegel“ zusammen mit Cordt Schnibben das Gesellschaftsressort und war zuletzt Sportchef. Dort werden ihm Gerhard Pfeil und Michael Wulzinger folgen. „Ich war immer Generalist“, sagt Gorris. „Man braucht Gespür und den Wunsch, die Welt verstehen zu wollen, um ein guter Journalist zu sein, das gilt für alle Ressorts.“ Den jüngsten Internet-Appell seiner Chefredakteure, die die Zusammenarbeit von Print- und Online-Redaktion stärken wollen, will er nicht kommentieren – was das mitunter angespannte Verhältnis der beiden Medien beleuchtet. Wie wird sich das Kultur-Ressort unter seinem neuen Chef also entwickeln? „Die Idee, die ich habe, ergibt sich aus dem, was ich bisher gemacht habe. Der neue Job ist eine kleine Reise, die gerade erst beginnt.“

Dietmut Roether (45) wird beim Evangelischen Pressedienst (epd) verantwortliche Redakteurin für den Fachdienst epd medien und folgt damit auf Volker Lilienthal, der eine Professur für Qualitätsjournalismus an der Uni Hamburg antritt. Roether ist seit 2002 bei epd, zuvor arbeitete sie als Seminarleiterin in der Evangelischen Medienakademie Berlin und als Redakteurin bei ARD aktuell. Ist Lilienthals Erbe ein schwieriges? Dazu hält sich Roether ebenso bedeckt wie zu der Vermutung, es werde organisatorische Veränderungen bei epd Medien geben. Sie kritisiert, dass die Fernsehkritik auf den Medienseiten der deutschen Zeitungen nicht ernst genug genommen würden. „Das Medium Fernsehen wird nicht als Kulturgut behandelt“, sagt sie. Fernsehkritik reduziere sich zu häufig auf TV-Tipps. „Eine Debatte, wie Reich-Ranicki sie bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises vom Zaum gebrochen hat, findet nicht auf Augenhöhe statt, weil das Fernsehen kaum noch als Produzent von Kultur wahrgenommen wird.“

Bei der „Berliner Zeitung“ geht das Stühlerücken in der Chefredaktion weiter, findet mit der Inthronisierung von Jutta Kramm (49), als Stellvertreterin neben Brigitte Fehrle aber jetzt wohl ein Ende. Auf Vorschlag von Chefredakteur Uwe Vorkötter wurde sie vom publizistischen Beirat zu seiner Stellvertreterin ernannt. Fehrle und Kramm sind beide Stellvertreterinnen, doch im Detail liegt die Musik: Kramm ist „stellvertetende Chefredakteurin“ und Fehrle „Vertreterin des Chefredakteurs“. Das bedeutet: Fehrle ist die offizielle Nummer zwei in Vorkötters Abwesenheit, Kramm bleibt stärker im alltäglichen Redaktionsgeschäft, wo sie auch weiterhin Blattmachen und Themen sondieren wird. Für ihre Kollegen in der Redaktion ändert sich also nur ihr Titel, wobei sie nicht Nachrichtenchefin bleibt. Der Job ist neu ausgeschrieben. Jutta Kramm kam 1991 von der „taz“ zur „Berliner Zeitung“ und leitet seit 2003 das Ressort Politik/Tagesthema. Während der Zeit, in der die „Berliner Zeitung“ zur britischen Mecom-Gruppe gehörte und Josef Depenbrock Geschäftsführer und Chefredakteur in einer Person war, sei sie es gewesen, die immer wieder den Mund aufgemacht habe, um zu protestieren, heißt es aus dem Redaktionsumfeld. Kramm habe Depenbrock in den Konferenzen immer Paroli geboten und ihm in deutlichen Worten ihren Unmut über die Zustände kundgetan. Deswegen seine viele Kollegen der „Berliner Zeitung“ mit ihrer Beförderung auch sehr einverstanden. Die „Berliner Zeitung“ gehört seit Anfang des Jahres zum Kölner Zeitungsverlag DuMont Schauberg, der u.a. die „Frankfurter Rundschau“ herausbringt.

Jost Springenguth (63) räumt seinen Chefsessel bei der „Kölnischen Rundschau“ aus persönlichen Gründen bis spätestens 30. September. Er habe, heißt es, seinen Herausgeber Helmut Heinen gebeten, ihn vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen, der seit neun Jahren lief. Springenguth plant, „neue Aufgaben in der Kommunikationsberatung“ zu übernehmen. Vor seinem Job in Köln war Springenguth Chefredakteur der „Westfälischen Nachrichten“ und Pressesprecher der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Ein neuer Chef für die „Kölnische Rundschau“ wird noch gesucht.

>>>Ausserdem

Seit dem 1. Juli ist Stephan Schäfer (35) Chefredakteur des Gruner+Jahr-Titels „Schöner Wohnen“. Er löst Ulrich Weiß ab, mit dem der Verlag sich in Gesprächen über eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen befindet. Schäfer war zuletzt Herausgeber der Frauenzeitschrift „Maxi“, deren Chef er bis 2008 vier Jahre lang war. In diese Zeit fällt auch die journalistisch
e Neuausrichtung des Titels. Schäfers Vorgänger Weiß hatte die Chefredaktion von „Schöner Wohnen“ erst am 1. April 2008 von Angelika Jahr-Stilcken übernommen.

Carsten Gensing (39) und Ulrich Becker (46) sind zu „Bild“-Vize-Chefredakteuren ernannt worden. Gensing war beim Boulevardblatt bislang Ressortleiter Nachrichten. Diesen Job wird er trotz Beförderung auch weiter ausüben. Auch für seinen Kollegen Ulrich Becker, bislang Ressortleiter Leben & Wissen, ändert sich nur der Titel, auch er behält die Ressortverantwortung. Zuvor war er Mitglied der Chefredaktion und Leiter des Berliner Büros von „Bunte“.

Bei Burda nimmt das Chefredakteurskarussell im Herbst richtig Fahrt auf: Ursula Gräfin Lambsdorff verlässt die Chefredaktion des Wohntitels „Das Haus“ nach 24 Jahren und übergibt an Gaby Miketta (51), die bislang Chefredakteurin von „Focus Schule“ war. Ihren Posten wiederum übernimmt Mathias Brüggemeier, der zuvor ihr Stellvertreter war. Die Wechsel an der Spitze fallen zusammen mit zwei Jubiläen: Am 16. September 2009 feiert „Das Haus“ seinen 60. Geburtstag, einen Tag vorher wird das von Miketta gegründete Bildungsmagazin „Focus Schule“ fünf Jahre alt.

Jule Lutteroth (41) wird stellvertretende Chefredakteurin von Spiegel Online. Die Geografin ist seit Anfang des Jahres geschäftsführende Redakteurin. Zuvor war sie Chefin vom Dienst und betreute das Ressort Panorama. Nach einigen Stationen in der Spiegel-Gruppe startete sie 2001 bei „Spiegel Online“ im Kulturressort. Sie wird Rüdiger Ditz vertreten, der nach dem Weggang von Wolfgang Büchner zur dpa alleiniger Chefredakteur ist.

Simon Peter (33) ist neuer Chefredakteur beim Stuttgarter Kinder- und Jugendzeitschriftenverlag Blue Ocean Entertainment und offenbar ein Multitasker: Er verantwortet die Hefte „Frag doch mal die Maus“, „Shaun das Schaf“, „Playmobil Magazin“, „Käpt‘n Sharky“ und „Transformers Animated“ und leitet zudem die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Peter war seit August 2002 Chefredakteur von „Yam“ aus dem Springer-Verlag. Bei Blue Ocean löst er Olaf Reimann ab, der den Verlag schon im Frühjahr verließ.

Britta Behrens (43) übernimmt zum 1. Juni 2009 die Chefredaktion der „Woche der Frau“ aus der Mediengruppe Klambt und wird weiterhin die Titel „Die neue Frau“ und „Welt der Frau“ leiten. Bei der „Woche der Frau“ löst sie Peter-Viktor Kulig ab, der „7 Tage“- und „Adel aktuell“- Chef bleibt.

>>> Lob & PreiS

Lang dauerte sie diesmal, die Preisverleihung des Herbert-Quandt-Preises für Wirtschaftsjournalismus am 22. Juni in Frankfurt, gut 2 1/2 Stunden – gewürzt allerdings durch bemerkenswerte Auftritte einiger Redner und Filmporträts der Preisträger.

„FAZ“-Herausgeber Frank Schirrmacher sprach aus aktuellem Anlass zum Thema „Krise & Medien“ und sagte Google dabei den Kampf an, die Laudationes hielt Roland Tichy, Mitglied der Jury – zu der nach dem Abgang von Mathias Müller von Blumencron, Gabriele Fischer und Christoph Keese im vergangenen Jahr – hr-Intendant Helmut Reitze und neu an Bord, Stefan-Andreas Casdorff (Co-Chefredakteur des „Tagesspiegel“) gehören. Geehrt wurden: Jörg Eigendorf, Thomas Exner und Olaf Gersemann (Welt-Gruppe) für die gute Idee und Konzeption ihrer Wirtschafts-Serie „Kinderleicht“ in der „Welt am Sonntag“, Stephan Lamby für seinen herausragenden ARD-Film „Der große Rausch“, Michael Ohnewald, Chef des Reporter-Teams der „Stuttgarter Zeitung“, für seine Serie „Eine Familie in China“ – die den Umzug, Leben und Arbeiten eines Bosch-Mitarbeiter ins Arbeits-Exil beschrieb – und für ihre 34-Seiten-Strecke „Der Bankraub“ das „Spiegel“-Team Beat Balzi, Klaus Brinkbäumer, Ullrich Fichtner, Hauke Goos, Ralf Hoppe, Frank Horning und Ansbert Kneip, zu dem auch Jochen Brenner (freier Journalist in Hamburg und seit Januar Mitglied der „medium magazin“-Redaktion) gehört. Dass der „Spiegel“ das Preisgeld von 15.000 Euro nicht an die Autoren, sondern an die Stiftung der „Arbeitsgemeinschaft KZ Stöcken“ weitergibt („die Häftlinge dieses Lagers waren zur Arbeit in dem ehemaligen Quandt-Werk AFA,später Varta, in Hannover-Stöcken gezwungen worden“, wie der „Spiegel“ in seiner Hausmittung schrieb), erwähnt Ullrich Fichtner in seiner Dankesrede vor Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan und Susanne nicht. Die besten Reden hielten jedoch Michael Ohnewald, der uneitel, authentisch und überzeugend einen Einblick in seine Arbeit als Lokalreporter gab und dem Lokaljournalismus alle Ehre machte. Und Stephan Lamby, der sich mit einem Seitenhieb in Richtung TV-Sender und ihrer Bedingungen für Dokumentarfilmer bedankte und erklärte, er werde das Preisgeld von 10.000 Euro in seine Mitarbeiter für die nächsten Filme investieren. Dass das bestens angelegt ist, zeigte auch sein jüngster Film am 1. Juli in der ARD: „Retter in der Not“. Bitte mehr davon!

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 76 bis 76. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.