Regeln der Vergangenheit

Titelseite

(1) + Zeitungskopf: Er war früher zweizeilig und es war eine historisierende Zeichnung mitten im Kopf. Der neue Kopf ist deutlich aufgeräumter, damit auch moderner.

(2) – Anrisse oben: Alle Anrisse sind in Versalien gesetzt. Es wirkt monumental und bedeutend, ist aber schlecht lesbar. Die Zuordnung der Bilder und Texte ist nicht eindeutig. Die Anrisse haben wenig Inhalt: „History awaits at Wimbledon“. So so.

(3) + – Aufmacher: Die Überschrift ist über die volle Breite der Seite gezogen und damit ist der Aufmacher klar betont. Rechts sind zwei Einspalter, die den Text des Aufmachers bilden und unten mittig sind Anrisse, ebenfalls zum gleichen Thema.

(4) – – Aufmacherbild: Man sieht viel violetten Vorhang und wenig Ayatollah, was den Informationsgehalt des Bildes nicht erhöht.

(5) – – Fortsetzungsartikel: Die beiden Aufmacher-Artikel werden mitten im Text beendet und auf Seite 3 unten fortgesetzt. Völlig veraltete Methode, weil leserunfreundlich.

(6) – Grundschrift: Sie ist ziemlich klein. Ein täglicher Test für die Sehschärfe. Eine Kooperation mit den Augenoptikern?

(7) – Anrisse Unten: Auf Höhe der Anzeige unten rechts stehen einige Anrisse, wobei auf Seite 15, 14, 4, 6, 4, 8, 9 und eine externe Website verwiesen wird. Eine Reihenfolge der Themen von 1 bis 20 aufsteigend wäre empfehlenswert.

Innenseite

(1) + – Seitentitel: Die rechte Seite hat einen größeren Kopf, weil hier ein neues Ressort beginnt. Allerdings beginnt das Thema bereits auf der linken Seite. Eigenwillig layoutet.

(2) + Aufmacher: Die Seiten 2 und 3 sind größtenteils dem Thema Iran gewidmet. In Schwarzweiß-Bildern, die locker arrangiert sind, wird das Thema visualisiert.

(3) – Bildtexte: Zehn Bilder erhalten fünf Bildtexte. Es werden somit mehrere Bilder in den Bildtexten zusammengefasst. Da darf der Leser dann das Bild oben, links, rechts, unten suchen und betrachten. Insgesamt: viele Regeln der Vergangenheit werden hier angewandt.

(4) – Kommentar links: Da der größte Teil der Doppelseite dem Thema Iran gewidmet ist, befasst sich der Kommentar links – mit der Baseball-Misere in Washington. Der Hinweis auf das Thema steht links in einer Zwischenzeile.

(5) + – Textgliederung: Die Texte verlaufen eher glatt und ohne Unterbrechung durch Zwischenzeilen oder Ergänzungsboxen. Rechts unten ist eine Kolumne mit Zitaten eines Ayatollahs gefüllt. In der mittleren Spalte des Textes hätte ein markantes Zitat zur Auflockerung beigetragen.

(6) + Überschriften-Apparat: Er ist insgesamt sehr puris-tisch. Es gibt nur die Überschrift und eine zusammengefaltete Unterzeile als Vorspann. Erfordert exakte Formulierungen.

Eindruck

Bis Ende 2002 wurde die „International Herald Tribune“ von der „Washington Post“ und der „New York Times“ herausgegeben. Seit 2003 ist die „New York Times“ alleiniger Herausgeber. Eine Neugestaltung in der ersten Hälfte 2009 führte zu einer deutlichen Entschlackung des Kopfes. Die Unterzeile „The global edition of the New York Times“ ist nun deutlich sichtbar. Die Zeitung wird an 35 Orten rund um den Globus gedruckt und hat eine Auflage von 242.000 Exemplaren (Quelle: Wikipedia). Selbst auf der Südseeinsel Bora-Bora hängt sie am Kiosk (Eigenrecherche eines „medium magazin“-Lesers).

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 71 bis 71. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.