Sprechernotizen

Hans Obermeier schlank und flexibel

Hans Obermeier hatte in der letzten Zeit etwas Pech. Das begann schon bei der Nachrichtenagentur Reuters, deren Chefredakteur in Deutschland Obermeier viele Jahre war. Reuters fing irgendwann an zu sparen, und einen Chef für den deutschen Dienst glaubte man nicht mehr zu brauchen, auch wenn er einen noch so guten Ruf genoss wie Obermeier. Also machte er sich auf die Suche – und fand einen neuen, lukrativen und eigentlich vielversprechenden Job als Kommunikationschef der damals noch hinlänglich respektierten WestLB. Dieses Engagement endete nach zweieinhalb Jahren abrupt, weil sein damaliger CEO in Ungnade gefallen war und das heute als desaströs bekannte Haus verlassen musste.

Obermeier suchte erneut und übernahm für ein halbes Jahr die Kommunikation von Greenpeace in Amsterdam – interimsmäßig. Voller Elan ging er danach seine nächste Aufgabe an, und ahnte nicht, was schon bald auf ihn zukommen sollte: Wenige Wochen vor dem Lehman-Zusammenbruch wurde er Kommunikationschef der HypoReal Estate. Weitere Erklärungen erübrigen sich, auch wenn Obermeier daran sicher nicht die geringste Schuld trug und sein Bestes tat. Es kam, wie es kommen musste: Nach nur acht Monaten im Dienst quittierte er denselben und machte erst einmal Urlaub. Jetzt meldet er sich zurück mit „Obermeier Communications“. Schlank und flexibel will er mit seiner Firma bleiben – und damit offen sein für „andere Opportunitäten“, will wohl heißen einen echten Job. Diesmal, so hofft Dr. Who für den anerkannten alten Reuters-Frontmann, mit mehr Fortune.

Gegenwind für Jörg Howe

Jörg Howe, seit etwas mehr als einem halben Jahr der neue Kommunikationschef von Daimler in Stuttgart, ist nicht zu beneiden. Nicht nur die neuen Kollegen in seinem Bereich haben ihm den neuen Job von Anfang an nicht leicht gemacht – galt doch Howe in der trotz der Krise selbstbewussten Autoindustrie als unerfahrenes Kerlchen. Porsche fahren als Kernkompetenz – das reichte den Heckenschützen in der Daimler-Kommunikation bei Weitem nicht aus. Mehr aber hatte Howe bis dato im Autobereich nicht vorzuweisen. Nun kommt es für Howe noch dicker: Bekanntlich war Howe vor seinem Daimler-Job der Haus- und Hof-Lautsprecher von Thomas „The Great“ Middelhoff, ehedem CEO von Arcandor. Nicht nur durch seinen Job als Kommunikationschef der Karstadt-Mutter galt Howe als persönlicher Vertrauter von Middelhoff. Freundschaftlich und voller Verständnis, so hieß es damals, lasse Middelhoff Howe zu Daimler gehen.

Jetzt holt Middelhoff die Vergangenheit ein. Arcandor ist pleite, gegen Middelhoff – der noch in seinem Abschiedsschreiben behauptet hatte, Arcandor habe eine solide Zukunft – ermittelt der Staatsanwalt. Fast alles, was Middelhoff in seiner Zeit als CEO von Arcandor der staunenden Öffentlichkeit – zumeist via Howe oder über dessen Schreibtisch – an glorreicher Zukunft versprochen hatte, ist geplatzt. Middelhoff gilt konkurrenzlos als größte Windmaschine der jüngeren Wirtschaftsgeschichte – und das fällt deutlich, sehr deutlich auch auf Howe zurück. Die Häme in seinem Umfeld ist nicht zu überhören. Jetzt muß Howe zu allem Unbill auch noch gegen die Schatten der Vergangenheit ankämpfen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man ihn derzeit so gut wie gar nicht sieht.

Neuer Coup des Animateurs

Der Mann hat etwas Geniales. Aus den Defiziten der PR-Branche – institutionalisierter Minderwertigkeitskomplex, manische Auszeichnungs-Sucht, Kollektiv-Versagen der Berufsvertretungen – hat er in Windeseile einen Verband nebst funktionierender Postille gezimmert: Rudolf Hetzel, Chef von Helios Media, im Vorberuf Animateur und damit bestens qualifiziert, hat in kürzester Zeit den Pressesprecher-Verband gebaut, und damit eine community der zweiten Ebene in den Unternehmen gebastelt, die vor allem ihm bzw. dem Verlag dient – bezieht sie doch die zugehörige Zeitschrift, besucht fleißig Hetzels Events etc.

Nun ist Hetzel wieder dabei, zuzuschlagen. Er gründet eine Hochschule. Jawoll, eine Hochschule. Den Namen gibt es schon: Quadriga soll sie heißen. Sie soll zwar nur eine Handvoll Studenten in Sachen PR ausbilden, aber darum geht es eigentlich gar nicht. Der Prinz des networkings (König wäre noch zu hoch gegriffen) wendet den altbekannten Trick an: Er baut zunächst ein Kuratorium, das zwar – kleiner Schönheitsfehler – die Zahl der Studenten weit übertreffen wird, aber dank Befriedigung von Eitelkeit und sehnsüchtig gewünschter Nähe zu Journalisten jederzeit bereit ist, vieles für die neue Idee Hetzels zu tun. Aus drei Bereichen holt der junge Fuchs seine „Kuratoren“: Zunächst aus den Medien, denn es soll ja unabhängig wirken. Und da finden sich dann so hehre Menschen wie Noch-dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn, Mr. Wichtig Wolfgang Kenntemich, Chefredakteur des MDR, oder Peter Limbourg, Chefredakteur des Minimal-Senders n24, aber auch Schwergewichtigere wie Steffen Klusmann von „FTD“ und „Capital“. Dann würzt Hetzel das Ganze mit Politikern wie Polit-Starlet Silvana Koch-Mehrin (FDP-Europaabgeordnete), Günter Krings (Jung-MdB) Staatssekretär Matthias Machnig (Ex-Wahlkampf-Chef der SPD) und nicht zuletzt Renate Künast (kämpferische Ex-Ministerin von den Grünen).

Bei diesem erlauchten Kreis schmilzt selbst der uneitelste Kollege Kommunikationschef dahin und will auch dabei sein, als da wären: Christian Achilles vom Sparkassen- und GiroVerband, Christof Ehrhart, der neue Kommunikationschef der Post, Volker Heck, Kommunikationschef von RWE, natürlich Jörg Howe von Daimler (siehe oben), Stephan Heimbach von Siemens, Bela Anda, Ex-Regierungssprecher von Gerhard Schröder und jetzt bei AWD für die Kommunikation verantwortlich, usw. usw. usw. Und jetzt raten wir alle, aus wessen Budgets die „Quadriga“ dann gespeist wird …

Spekulationen um Peter Blau

Dass das Ruhrgebiet ein Dorf ist, weiß jeder, der dort schon einmal in der Kommunikation gearbeitet hat. Und im Dorf wird, das weiß doch jeder, getratscht. Derzeit tratscht man besonders intensiv über Peter Blau, seit nunmehr unglaublichen fast neun Jahren Kommunikationschef des Energiekonzerns e-on. Seit CEO Wulf Bernotat seinen Rückzug angekündigt hat, verbunden mit der Aussicht auf einen neuen Job bei Shell, wird auch über Blaus Zukunft gerätselt. Blaus eigentlicher Mentor Ulrich Hartmann – Ex-eon-CEO, e-on-Aufsichtsratschef und Multi-Aufsichtsrat in der Deutschland AG – ebenfalls in Aussicht gestellt (man glaubt es kaum) endlich auch die Finger von den Strippen der Macht zu lassen und den Weg für Jüngere frei zu machen. Blau und Bernotat waren nie eng miteinander, aber Blau schützte sein Verhältnis zu seinem früheren und eigentlich-immer-noch-Chef Hartmann. Also tuschelt man im Ruhrgebiets-Dorf über Veränderung. Mal sehen, was kommt.

Dr. Who‘s PR-Manager des Monats

Den PR-Manager des Monats zu küren ist derzeit kein leichtes Unterfangen. Allenthalben knirscht es im Gebälk der deutschen Wirtschaft, und wirklich überzeugende Jobs sind selten. Nun hat wieder ein Kollege Dr. Who überzeugt, und wir küren ihn hiermit zum PR-Manager des Monats: Christian Lawrence, Kommunikationschef der Münchner Rück Gruppe. Niemand versteht es derzeit so gut wie er, die Strategie der Ruhe und Stille zu einem Erfolgsmodell zu machen. Deutsche Bank, Commerzbank, die Landesbanken, die Allianz, der HDI – alle bekommen sie Prügel. Nur einer nicht: die Münchener Rück. Well done, Mr Lawrence! Dr. Who gratuliert.

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. E-Mail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 64 bis 65. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.