Top und Flop des Monats

IN: Augenmaß und Zurückhaltung

Wohin zuerst, wenn man sich als US–Präsident auf die Weltreise begibt? Was meide ich, was spreche ich an, um den Dialog mit dem Islam zu bestärken? Wem trete ich auf die Füße, ohne dass dieser das Gesicht verliert? Barack Obama schafft den Spagat auf dem Weg zur und während seiner Rede von Kairo, die als solche auch in die Weltgeschichte eingehen wird. Statt in seiner Ansprache oder der Auswahl der Reiseziele ein Land hervorzuheben und andere zu verdammen, stellt er Gemeinsamkeiten mit den islamischen Staaten in den Vordergrund, macht seine eigenen Erfahrungen zu einem der Pfeiler seiner Rede, ergreift Partei für die Palästinenser und würdigt gleichzeitig das Leid, das das jüdische Volk erlitten hat. Nicht nur mit Worten: Indem er in Deutschland Buchenwald besucht, bezieht er einen der Schauplätze des Holocaust mit ein. Am Ende sind auch die Journalisten zufrieden: Selbst, wenn er ihnen bei der offiziellen Pressekonferenz ein „Stop it!“ auf die Frage entgegnet, ob denn zwischen Deutschland und den USA die Chemie stimme. Schließlich habe man wirkliche Probleme zu lösen und müsse nicht noch welche erfinden …

OUT: Einschnitte für Meinungs– und Pressefreiheit

Staatsoberhaupt zu sein heißt nicht, des Staates würdiger oberster Vertreter zu sein. Kim Jong Il, Kopf von Nordkorea, beweist dies erneut. Der scheue „Volksvertreter“ greift in die Waffenkiste, um mit dem Test einer Atombombe als auch dem Start von Boden–Luft–Raketen für Aufsehen und steigende Angst sowohl beim südkoreanischen Nachbarn als auch in der Welt zu sorgen. Ähnliche Bärendienste erweist er seinem Land kurze Zeit später mit der Festnahme und Verurteilung zweier US–Journalistinnen, die nahe der Grenze von China eine TV–Reportage über Flüchtlinge planten. Das höchste Gericht von Nordkorea verurteilt die mit Korea verwurzelte Journalistin Euna Lee und ihre aus China stammende Kollegin Laura Ling zu zwölf Jahren „Umerziehung durch Arbeit“ im Lager. Das Verfahren fand hinter verschlossenen Türen statt. Berufung ist nicht möglich. Meinungs– und Pressefreiheit als auch Augenmaß sind Nordkorea fremd. Statt einen Dialog zu beginnen, um das eigene leidende Volk zu unterstützen, setzt man auf Konfrontation und die eiserne Faust. Ein Irrweg.

Text: Nico Lindner ist Mitglied im Netzwerk jungejournalisten.de, die in „medium magazin“ regelmäßig ihre aktuellen persönlichen „in & out“–Favoriten vorstellen.

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.