Appetithappen

Fünf große Parteien und ein gutes Dutzend Außenseiter, zwei Kreuzchen, nur Gewinner – und alle dreschen sie Phrasen: Es gibt Spannenderes, als über die Bundestagswahl 2009 zu berichten. „Besonders in Lokalredaktionen beobachten wir eine gewisse Lethargie, egal, ob bei Kommunalwahlen, Europawahlen, Landtagswahlen oder eben jetzt vor der anstehenden Bundestagswahl“, sagt Berthold L. Flöper, der bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) verantwortlich ist für das Journalistenprogramm. Zum Superwahljahr 2009 hat er in Zusammenarbeit mit sechs Chefredakteuren und einer freien Journalistin „Wahlen – Themen und Materialien für Journalisten“ herausgegeben. Auf 168 Seiten und einer beigelegten DVD (mit Video- und Online-Beispielen) liefern die Autoren Hintergründe, Planungshilfen, Ideen, Anregungen und Internetlinks.

Das Heft des Handelns. „Das A und O ist eine gute Vorbereitung“, sagt Flöper: „Die Redaktionen müssen rechtzeitig mit den Kandidaten über die geplante Berichterstattung reden, selbst Themen vorgeben und Zeitpläne erstellen. Und auch die Leser wollen wissen, wie will „meine“ Redaktion über den Wahlkampf berichten. Wir sagen den 1.500 Lokalredaktionen in Deutschland: Lasst euch nicht die Wurst vom Brot nehmen, behaltet das Heft des Handelns in der Hand!“

Inhaltlich stellt „Wahlen“ in Fallbeispielen aus den Lokalzeitungen der Republik vor, was sich Redakteure und Freie in der Vergangenheit haben einfallen lassen : zum Beispiel „Wähler fragen, Politker antworten“ aus der „Peiner Allgemeinen Zeitung“,Reportagen von den Wahlpartys aus der „Schweriner Volkszeitung“ oder „Das Kandidaten-ärgere-dich-nicht-Spiel“ aus der „Main-Post“, Kitzingen. Auch zum Umgang mit extremistischen Parteien und zum Presserecht gibt das Heft Anregungen und Auskunft.

Jede Menge Promis. Besonders im Netz sieht Berthold L. Flöper jedoch noch viel Arbeit für Redaktionen: „Es wird zwar viel über das Internet geschrieben, aber noch sehe ich bei den Lokalredaktionen der kleineren Zeitungen und Radiostationen nicht viel davon. Es gibt zwar einige Vorreiter, aber die meisten Angebote sind doch recht bieder.“ Wie man es besser machen könnte, zeigt die Broschüre „Won Air – Die Wahl im Radio“, ebenfalls von der BpB herausgegeben. In ihr werden nicht nur Themenanregungen für die Wahlberichterstattung im Radio, sondern auch ganz handwerkliche Tipps für Videojournalismus angeboten.

Das besondere Bonbon auf der DVD: 154 O-Ton-Wahlaufrufe von Prominenten, frei zum Senden – von Iris Berben über Philipp Lahm zu Patrick Lindner, von Erzbischof Robert Zollitsch über Oliver Pocher bis hin zu Caren Miosga und Tom Buhrow. „Der hat übrigens, wie alle anderen auch, kein Geld dafür bekommen“, sagt Jörg Wenzel, der zusammen mit seinem Kollegen Thomas Röhr für die Umsetzung verantwortlich war. Beide sind freiberuflich für Funk und Fernsehen des WDR in Berlin tätig und die Praxisnähe merkt man dem Heft an. „Allerdings haben wir auf gebaute Beiträge verzichtet“, sagt Jörg Wenzel: „Wir wollen den Radiomachern nicht die Arbeit abnehmen. Wir möchten Appetithäppchen servieren, die Hunger machen auf eigene Ideen und Beiträge.“ Einzige Ausnahme ist der O-Ton-Pool mit Wahl-Statements, aus denen klamme Privatsender durchaus Interviews mit Bundeswahlleiter Roderich Egeler oder dem Wahlforscher Heiko Gothe basteln können – der Moderator muss nur noch die passenden Fragen zu den Antworten sprechen.

Bundestags-Service. Auch die Kommunikatoren des Bundestags haben sich für die Wahlschlacht neu gerüstet: In der Wahlnacht am 27. September wird es auf der website www.bundestag.de einen besonderen Service geben: Sobald die Ergebnisse aus den Wahlkreisen in Berlin eintrudeln, werden die neuen Abgeordneten mit Biografie, Foto und Verweis auf die Homepage des Kandidaten vorgestellt. Der Internetauftritt wurde zudem vor Kurzem umfassend relaunched: „Wir wollen damit unsere Kernkompetenz unter Beweis stellen: Informationen aus dem Parlament schnell, präzise und verlässlich liefern“, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert bei der Vorstellung. Neben den regulären Dokumentationen und Infos aus den Sitzungen des Parlaments finden sich dort nun auch Sonderseiten zur Wahl: Die Redaktion um Maika Jachmann hat dafür Informationen zur Wahlgeschichte, den Kandidaten, den Wahlkreisen, außerdem Statistiken und Hintergrundinformationen aufbereitet. Ein guter Service – nicht nur, aber auch für Journalisten.

Die Sonderseiten des Bundestages zur Wahl mit aktuellen Meldungen, Statistiken und Wahlkreissuche unter www.bundestag.de/btg_wahl/index.html

Tipp:

Bezug: Das Servicepaket der bpb gibt es bei Vorlage des Presseausweises kostenlos über: berthold.floeper@ bpb.bund.de Fax: 0228 99515-498

„W(ahl)-Award 09“: Die bpb prämiert die besten (Vor-)Wahlbeiträge von lokalen Zeitungen und Radios. Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2009. Infos: www.drehscheibe.org/journalistenpreis;

www.hoerfunker.de/journalistenpreis

Matthias Thiele ist Absolvent der Henri-Nannen-Schule und freiberuflicher Journalist in Berlin.Kontakt: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Politik“ auf Seite 17 bis 17 Autor/en: Matthias Thiele. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.