Blasen und Phrasen

„Boni“

Unsere Empehlung an Empfangsberechtigte: Einfach ins Lexikon der verbotenen Wörter packen. Wer nach seinen Boni gefragt wird, sollte sie nach Rücksprache mit seinem Unternehmen offenlegen oder nicht. Aber keinesfalls darf man sich für diese rechtfertigen. „Das steht mir zu“ ist eben keine gute Idee. Politiker können sich so im Wahlkampf des B-Wortes bemächtigen und auf ihm eine allgemeine Managerschelte aufbauen. Die Frage dabei ist nur – Manager und Politiker werden von Teilen der Bevölkerung als eine fast parasitisch miteinander verbundene Kaste wahrgenommen. Selbst wenn die Bezüge der Volksvertreter bei Weitem nicht an die der Manager heranreichen – wenn sich ein Teil über den anderen beschwert, dann wird das zu Recht häufig als taktisches Manöver durchschaut. Darum Vorsicht mit dem Herumkloppen auf Boni. Für alle Beteiligten gilt ansonsten: „Never complain, never explain“. Rechtfertigungen bringen nichts, Rumgejammere auch nicht.

„Das steht mir zu“

Ok, das ist freilich ein no-brainer. Verboten ist dieser Satz für: Politiker, Unternehmer und sonstige Funktionäre. Erlaubt für: Wähler. Dumm nur – diejenigen, die den Satz tunlichst vermeiden müssen, nehmen sich oft, was ihnen zusteht. Diejenigen, die ihn so oft laut aussprechen dürfen, wie sie wollen, bleiben auf ihren Forderungen meistens sitzen.

„Systemrelevant“

Das Wort war schon Phrase und Material für Kabarettisten, bevor man drei Mal hintereinander „Opel“ sagen konnte. Für Politiker schien es der richtige Begriff, um dem Wähler das Gefühl zu geben, sie hätten die Finanzkrise und ihre Folgen im Griff und wüssten noch zu unterscheiden, was gut und was schlecht fürs System sei. Zudem sollte es den Volksvertretern eine entsprechende Legitimation und damit verbundenen Respekt verschaffen. Denn wer sich so fürs System einsetzt, der muss schließlich ein toller Hecht sein. Für Unternehmer schien es der richtige Begriff, um zu verdeutlichen, dass damit ja auch ihr Betrieb gemeint sein müsse, denn schließlich hängen Arbeitsplätze dran. Und ein System, das Arbeitnehmer für nicht relevant erklärt, was wäre das für ein System? Nur für den Wähler ist „systemrelevant“ kein besonders guter Begriff, und darum sollte man einfach die Finger von ihm lassen. In einem System, das – ob gerechtfertigt oder nicht – von vielen Menschen als ungerecht wahrgenommen wird, sind diejenigen, die mit hochtrabenden Wörtern schwadronieren, um Drohung („wenn das Ding nicht gerettet wird, fliegt uns alles um die Ohren“) und Versprechen („zum Glück sind wir ja da“) zugleich zu verbreiten, auf der Verliererseite. Sie werden dann schnell als wenig systemrelevant erkannt.

„Krise? Welche Krise?“

Klar, „Crisis? What Crisis?“ hieß mal 1975 ein Album von Supertramp. Der Ausspruch „Krise? Welche Krise?“ hat sich auch im Deutschen zu einer beliebten rhetorischen Figur entwickelt. Allerdings gilt es dabei Vorsicht walten zu lassen. Allzu selbstbewusste Manager sollten sich nicht dazu hinreißen lassen, die Krise ins Reich der Fantasie zu verweisen. Da sollte man sich seiner Sache schon sehr sicher sein. Außerdem könnte so ein Spruch (siehe „Peanuts“) als Arroganz und Abgehobenheit ausgelegt werden. Das muss man sich leisten können und wollen. Auffällig ist indes, das vor allem Medien selbst den Spruch in den Stand einer Phrase erhoben haben. Bei jeder schlechten Lage wird fieberhaft nach Gegenbeispielen gesucht, um dann triumphal die Überschrift „Krise? Welche Krise?“ zu verwenden. Das ist journalistisch in Ordnung, geht aber nach einer Weile schwer auf die Nerven. Denn in einer Zeit mit genug Beispielen für die Echtheit einer Krise motiviert triumphales Geblöke nur bis zu einem gewissen Grad. „Krise? Welche Krise?“ ist fast so durchgenudelt wie „It´s the economy, stupid!“

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 54 bis 54. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.