Bücherkiste

Schnittige Mode

Ute Dahmen, Aenne Burda. Wunder sind machbar, Petrarca Verlag (Burda), 2009, 408 S., 19,80 Euro

Untrennbar mit den Jahren des Wirtschaftswunders verbunden ist der Aufstieg der Verlegerin Aenne Burda – die Schnittmuster von „Burda Moden“ genossen Kult-Status. Aus Anlass des 100. Geburtstages von Aenne Burda am 28. Juli – sie starb 2005 im Alter von 96 Jahren – hat die Journalistin Ute Dahmen eine Biografie vorgelegt. Grundlage sind zahlreiche Interviews und Besuche im Hause der Mode-Pionierin. Bevor das Buch mit dem Kapitel „Eine Kindheit in Offenburg“ chronologisch vorgeht, steigt es mit einem historischen Ereignis ein: im März 1987 wird Aenne Burda in Moskau von Raissa Gorbatschowa empfangen. Die Autorin spricht vom „Triumph ihres Lebens“. Die russischsprachige Ausgabe von „Burda Moden“ veranschaulicht das nahende Ende des Kalten Krieges. Und Außenminister Hans-Dietrich Genscher entscheidet sich für das Lob: „Aenne Burda wäre in Russland eine Zarin gewesen.“ Ihr Sohn Hubert Burda schreibt im Vorwort, Frauen könnten anhand der Biografie lernen, dass man sich nie unterkriegen lassen dürfe. Neben dem unternehmerischen Erfolg kommt natürlich auch das gesellschaftliche Parkett ausgiebig zur Sprache, auf dem Aenne Burda sich mit Wonne bewegte.

TV-Schnack

Harald Keller, Die Geschichte der Talkshow in Deutschland, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2009, 476 S., 14,95 Euro

Endlose Aneinanderreihung von Belanglosigkeiten für viele, erfreuen sich Talk-Shows beim Fernsehpublikum eines konstant hohen Interesses. Harald Keller weist auf die Vielfalt des Genres hin, die von der politischen Talkshow bis zur Jux-Talkshow reicht – wobei diese beiden mitunter ja nicht lupenscharf zu trennen sind. In den USA wurden die ersten Talkshows bereits Anfang der 50er-Jahre ausgestrahlt. Gesprächssendungen gab es übrigens zuvor auch im NS-Rundfunk. Dem bundesrepublikanischen Nachkriegsdeutschland widmet Harald Keller von den 60er- bis zu den 90er-Jahren jeweils ein Kapitel pro Jahrzehnt, zum Schluss befasst er sich kurz mit Gesprächsrunden im DDR-Fernsehen. Offene Debatten waren hier naturgemäß nicht zu erwarten. Mit Blick nach Westen formulierte Günter Schabowski, seinerzeit Chefredakteur des „Neuen Deutschland“, die Losung „Talkshow oder Sozialismus!“. Die Geschichte sollte sich später für die Talkshow entscheiden. Im wiedervereinigten Deutschland rührt deren Beliebtheit bei den Programmverantwortlichen der Sender auch von den günstigen Herstellungskosten her. Publikumsschwache Sendezeiten stellen das mediale Biotop der Talkshow dar.

Bernd Stössel

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 56 bis 56. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.