„Ich erwarte keine Wunder“

Die Sendung „Ihre Wahl! Die Sat.1- Arena“ war durchzogen von multimedialen Einspielern: Twitter, Fragen per E-Mail und Schalten. Kritiker nannten sie deshalb böse eine Unterbrechungssendung. Haben Sie zu viel gewollt?

Stefan Aust: Der Ausdruck ist im Prinzip sogar richtig. Wir wollten die Zuschauer durch verschiedene elektronische Medien live an der Sendung beteiligen. Wir wollten etwas Neues probieren. Wenn man das tut, unterbricht man den Ablauf. Jetzt überlegen wir, wo das zu viel war und wir das Gespräch hätten weiterführen sollen. Vielleicht sind in der zweiten Hälfte der Sendung drei Gäste am Tisch ebenfalls zu viel. Darüber werden wir nachdenken.

Die Quoten waren sehr ernüchternd, erschreckt Sie das?

Für mich waren sie nicht ernüchternd. Wir hatten weniger Zuschauer, als erhofft, aber mehr als ich gedacht habe. Sat.1 hat seit Jahren am Sonntagabend keine Politik gezeigt. Zum Vergleich: RTL hatte bei seinem „Townhall-Meeting“ mit der Kanzlerin nicht viel bessere Quoten – dabei ist der Sendeplatz seit über 20 Jahren von Spiegel TV eingeführt. Wenn RTL mit der Kanzlerin nicht mehr Quote einfährt, ist es zu viel verlangt, wenn wir das mit dem Wirtschaftsminister tun müssten.

Wo sehen Sie den Grund für das Desinteresse am Konzept der Sendung, oder langweilt die Menschen das Thema Wahl?

Ein großer Teil der Bevölkerung interessiert sich nicht so gewaltig für Politik. Außerdem gibt es viele Sendungen dieser Art – man kennt die Kandidaten, die Gespräche und die Antworten. Etwas Neues zu erfragen ist fast unmöglich. Dennoch sollte man es versuchen. Wir hatten etwa 800.000 Zuschauer – das sind mehr als die Auflage jeder Tageszeitung! Man muss die Zuschauer wieder langsam an so ein Format heranführen. Ich erwarte keine Wunder.

Außerdem arbeiten Sie an einem Zeitschriften-Projekt für die WAZ-Gruppe. Bisher heißt es geheimnisvoll, es soll sich zwischen „stern“ und „Spiegel“ platzieren. Können Sie etwas mehr verraten?

Nein, im Augenblick nicht. Wir stecken in der Entwicklung und wissen selbst nicht, was am Ende dabei herauskommt.

Wie wichtig wird crossmedia dabei sein?

Ich habe immer gesagt: Wir handeln nicht mit Holz, sondern mit Informationen. Wir stellen alles auf eine multimediale Basis. Ein rein publizistisches Projekt ist heute kaum lebensfähig.

Im Gegensatz zu anderen stellen Sie gerade ein, besonders den Nachwuchs. Was erwarten Sie von den Bewerbern?

Ich bin wirklich überrascht über die Fülle guter Bewerber: Sie zeigen Engagement, sind gut ausgebildet und für sie gehören Internet, Print und Fernsehen zusammen. Ob jemand Literaturwissenschaft, Religion oder Jura studiert hat, ist mir egal. In meinen Augen muss ein Journalist neugierig sein, die richtigen Fragen stellen und Arbeitseinsatz zeigen. Interview: Mareike Fuchs

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 62 bis 63. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.