Sprechernotizen

Das war’s dann, „Toni“

Wie schon von Dr. Who vorausgeahnt („medium magazin“ 6/09) ist eine der längsten, erfolgreichsten und wahrscheinlich auch ereignisreichsten Dienstfahrten eines deutschen Kommunikationschefs in einem Finale zu Ende gegangen, das an die krachenden Schlüsselszenen mindestens eines „Freischütz“ erinnert: Anton „Toni“ Hunger ist kurz nach dem Abschuss seines Mentors, Chefs, Freundes und Nerventramplers Wendelin Wiedeking unter nur leichtem Wedeln von Palmen und kaum vernehmbaren Gesängen huldigender Zurückbleibender aus seinem Amt als Kommunikationschef von Porsche ausgeschieden. Viele Jahre hat er auf dem Buckel, vor allem gute. Zum Schluss war es dann nicht mehr so gut, als es nämlich Wiedeking zu gut ging und er sich aufs Eis begab, unter dessen dünner Decke bereits ein gewisser Ferdinand Piech lauerte und in einem bühnenreifen Finale aus einer geplanten Übernahme seines VW-Konzerns durch Porsche genau das Gegenteil machte.

Wiedeking ging nicht als armer Mann, Hunger wohl auch nicht. Dass Hunger sein Geld wert ist, zeigte zuletzt, wie gering die Aufregung unter den ansonsten doch so kritischen und moralgestählten medialen Beobachtern war: Trotz Rekordabfindung für Wiedeking – der zwar irgendwann mal erfolgreich war, aber am Ende mit seiner Zockerei die Existenz von Porsche gefährdet hatte und deshalb sicher eine derart bombige Abfindung nicht verdient hätte –, blieb es in der Presse seltsam ruhig. Zu verdanken war dies sicher auch der letzten Idee, die Hunger seinem Meister zuteil werden ließ: 1,5 Millionen Euro von der üppigen Abfindung, so verkündete Wiedeking, würden an Hilfswerke für Journalisten in Baden-Württemberg und in Niedersachsen fließen. Kein schlechter Trick, den man sich merken sollte. Plumpes Schmieren ist doof, so herum ist es zwar das Gleiche, aber viel sozialer, vor allem für die betroffene Berufsgruppe. Man nennt das dann „Erhöhung der Beißhemmung“. Wo bleibt der Protest des DJV, wo die Ablehnung der Hilfswerke? Pecunia non olet …

Zurück zu Anton: Er wird ein Büro bei Porsche behalten – wohl eher pro forma und nur auf kurze Zeit. Anton zieht es an den Starnberger See, zum Privatisieren, und sicher auch zum Beraten einzelner Kunden. Und die Porsche-Kommunikation? Wird wohl nach einer Schamfrist von Stephan Grühsem, dem Piech-nahen Kommunikationschef von VW, in sein Reich vereinnahmt werden, und ein wenig eigenwilliger Vasall wird Anton Hunger Stuhl wärmen. Das war`s dann wohl …

Henkel sucht – und viele fühlen sich berufen

Knall auf Fall war er weg: Ernst Primosch, seit 2001 Kommunikationschef von Henkel in Düsseldorf, bekennender Österreicher, pardon Kärntner, und ein Gewächs des Hauses, hat nun also Anfang Juli den Familien-Konzern verlassen – ein gutes Jahr, nachdem der Däne Kasper Rorstedt als neuer CEO bei Henkel angetreten ist.

Womit man in der Personalabteilung bei Henkel wohl nicht gerechnet hatte: Kaum war die Nachricht von Primoschs Abgang unters Volk gebracht, überschütteten hoffnungsvolle Bewerber Juliane Wiemerslage, gestrenge und machtbewusste Personalchefin sowie rechte Hand von Rorstedt und EX-IBM-Frau (Rorstedt kommt ebenfalls aus der IT) mit Bewerbungen und Empfehlungen. Sicher ist der Job bei Henkel attraktiv, aber sicher scheint auch, dass derzeit unter den Kollegen PR-Chefs die Wirtschaftskrise oder auch andere Krisen zu einem Run auf diesen derzeit spannendsten offenen PR-Job führt. Offensichtlich fühlen sich viele Kollegen in ihren Jobs nicht mehr so ganz wohl – und sehnen sich nach der relativen Sicherheit der Traditionsmarke. Mal sehen, wer das Rennen macht.

Das kann heiter werden

Hier ist Lustigkeit vorprogrammiert: Peter Harry Carstensen, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, lässt vorzeitig wählen. Seine Koalition mit den Sozis ist mit lautem Knall geplatzt, und nun wird am 27. September nicht nur im Bund gewählt, sondern auch im Land zwischen den Meeren. Peter Harry ist bekannt für seine dröhnenden Besuche von Schützenfesten, Schiffstaufen und Erntedankfesten, weniger allerdings für tiefe Intellektualität. Sein Problem mit der HSH-Bank, wo Schleswig-Holstein maßgeblich beteiligt ist und offensichtlich auch maßgeblich geschlafen hat, bis die Bank fast in den Orkus der Geschichte gerührt worden wäre, macht ihm dabei die größten Sorgen. Macht nichts – Hilfe ist schon da: Jost Springensguth (63), zuletzt Chefredakteur der „Kölnischen/Bonner Rundschau“, soll`s richten – und wird Peter Harrys Berater.

Das findet ein anderer gar nicht lustig, Hans Hermann Tiedje (60). Unschwer am Namen als Schleswig-Holsteiner zu erkennen, war er zuletzt der Einflüsterer von Peter Harry Carstensen. Aber irgendwie hat Tiedje derzeit keinen so guten Lauf: Trotz seines „professionellen Rates“ – oder vielleicht deswegen? – ist sein Schützling Carstensen erst in das Debakel HSH und Kündigung der Koalition hineingestolpert, muss jetzt stramm sinkende Umfragewerte zur Kenntnis nehmen. Als Fiat Opel übernehmen wollte, war der flotte Hans Hermann auch mit an Bord – ohne jeden Erfolg, wie wir wissen. Und da trifft es sich gut, dass Tiedje seit einiger Zeit seine liebsten Wettbewerber, die Mannen um CNC-Gründer Christoph Walther, als Berater der HSH-Bank aus dem Feld geschlagen hat. Aber seither verzeichnet die HSH noch mehr Negativ-Schlagzeilen als zuvor. Und selbst auf seine Freunde bei Tiedjes früherem Arbeitgeber, der „Bild-Zeitung“, kann sich Hans Hermann nicht mehr verlassen. Jüngst machten sie Tiedjes Schützling Axel Wieandt, CEO der Hypo Real Estate, zum Verlierer des Tages. Au weia! Es kann also fröhlich werden mit Peter Harry Carstensen. Und aus Kiel schaut ein alter Kollege zu: Thorsten Albig, einst Sprecher der Dresdner Bank und von Finanzminister Steinbrück, SPD, ist nun OB in Kiel. Die ersten Spekulationen, wann Albig auf Landesebene antritt, gibt es schon …

Latest news von Schaeffler & Conti

Die letzten news zum heiteren PR-Fall rund um Schaeffler und Conti: Nachdem sich beide Seiten fröhlich und ohne Unterlass weiter beharken, ist bekanntlich ein Opfer auf Conti-Seite zu beklagen: CEO Neumann musste gehen, der zweite innerhalb kurzer Frist. Der Nachfolger ist ein Schaeffler-Mann. Zum Ausgleich muss der Aufsichtsrats-Chef von Conti gehen. Der war ebenfalls Schaeffler-Mann und wird nun durch einen Neutralen ersetzt, wenn es den gibt.

Die Farbenlehre hat Folgen für die PR: Hering Schuppener und die Berater von Conti fürchten um ihr Mandat, auf Schaeffler-Seite macht A&B aus Frankfurt gut Wetter, waren sie doch zuletzt des Öfteren im Unternehmen kritisiert worden. Das nutzte CNC und berät nun die gute Frau Schaeffler, aus Film, Funk und Fernsehen als gerne pelztragende Chefin des gleichnamigen Konzerns bekannt, die anfangs als lustige, dann als listige, schließlich als lästige Witwe mediale Karriere macht. Wie zu hören ist, sehen sich derzeit an dem ganzen Spiel beteiligte Auslandsbanken nach PR-Hilfe um. Es wird also wohl eher noch unübersichtlicher.

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. E-Mail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „PR“ auf Seite 52 bis 53. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.