Stimmt’s?

1.Stimmt‘s, dass „Brigitte“-Chef Andreas Lebert an der Ausschreibung für das BMW-Magazin „Mini“ teilgenommen hat?

So ist es. Und die Tatsache, dass das „medium magazin“ danach fragte, ließ einige bei Gruner + Jahr nervös werden. Andreas Lebert war im Urlaub und bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen. Andere wollten sich nicht offiziell äußern, geschweige denn, sich zitieren lassen. Insgeheim scheint man zu wissen, dass Leberts Teilnahme am Pitch nicht vereinbar ist mit dem Gruner + Jahr(G+J)-Credo eines unabhängigen Journalismus. Da ist es völlig gleich, ob Lebert bei BMW nun mit Teilen seiner „Brigitte“-Truppe auftauchte, was Quellen behaupten, oder ob er als „Privatmann“ mit einem Team aus Freien kam, wie es bei G + J heißt, um die Angelegenheit herunterzuspielen.

Fakt ist, dass der „Brigitte“-Chefredakteur mit dem Wissen und auf Wunsch von Julia Jäkels Corporate-Media-Abteilung den langjährigen „Mini“-Machern von Hoffmann & Campe den Auftrag für das Kundenmagazin wegschnappen sollte. Der dritte große Corporate Publisher, Burda Yukom, verzichtete von vornherein auf die Teilnahme. „Wir ziehen nicht in Materialschlachten, deren Ausgang nicht gewährleistet ist“, sagt Yukom-Chef Manfred Hasenbeck. Das „Mini“-Magazin von HoCa genießt schließlich hohes Renommee. Das Risiko, dagegenzuhalten und viel Geld in Konzeption und Vorarbeit für einen aussichtslosen Pitch zu investieren, war Yukom zu hoch – G + J offensichtlich nicht. Das führt zur Frage: Stimmt’s, …

2.Stimmt‘s, dass G + J das Renommee seiner Magazine und Journalisten missbraucht, um mit Corporate Publishing zu expandieren?

Das ist zu befürchten. Das Geschäft mit Corporate Publishing steht bei G+J im Zentrum künftigen organischen Wachstums. Der Markt wächst zuverlässig, sei es im Inland oder in anderen Ländern, in denen G + J aktiv ist. Corporate Publishing ist ein Geschäft mit geringem wirtschaftlichen Risiko. Es geht um Serviceleistungen, die längst nicht nur Kundenmagazine umfassen, sondern ein Gesamtpaket aus Webseite, E-Magazine, Newsletter, Mobile und anderem mehr. Kein Wunder, dass Vorstandschef Bernd Buchholz hofft, mit Corporate Publishing die Rentabilität des Hauses erhöhen und die Erlösrückgänge bei Publikumszeitschriften auffangen zu können.

Kundenmagazine gelten als Spielwiese für Kreative, siehe „Mini“. Wohl deshalb würde G + J gerne auf seine kreativen Köpfe in den Magazinredaktionen zurückgreifen. Doch Image-Transfer funktioniert immer in beide Richtungen. Hasenbeck mahnt, strikt auf die Trennung der beiden Verlagsbereiche zu achten, „um sich nicht erpressbar zu machen“. Also: Einerseits die klassischen Publikumstitel, deren Redaktionen und Chefredakteure ausschließlich dem Leser verpflichtet sind, und andererseits Kundenmagazine, deren Chefredakteure dem Auftraggeber (im Zweifel dem Anzeigenkunden eines Publikumstitels) verpflichtet sind. Hasenbeck: „Wo die Grenzen verwischen, ist die Glaubwürdigkeit der Publikumstitel gefährdet.“

3.Stimmt‘s,dass G + J Corporate Publishing einsetzt,um die Auflage von „Impulse“ zu stützen?

Ein Letztes zu diesem Thema: Seit einem Jahr hat G + J vom Verband selbstständiger Unternehmer den Auftrag für das Magazin „Der Familienunternehmer“. Eingefädelt hat das der langjährige „Impulse“-Journalist Gerd Kühlhorn, der den Umzug der G + J-Wirtschaftspresse von Köln nach Hamburg nicht mitgemacht hat. Er kümmert sich seit Mai dieses Jahres bei der Post als Sprecher um die Kontakte zu Verlagen. Organisatorisch-redaktionell wird das Magazin von Kühlhorns Frau, Nicole Schopp, betreut. Schopp, früher ebenfalls bei „Impulse“, betreibt das Journalistenbüro „einszweidrei Text“. Um die Vermarktung kümmert sich G + J. Dafür erhält der Verlag neben einer Provision die Möglichkeit, die mehr als 5.000 Verbandsmitglieder kostenlos mit „Impulse“ zu versorgen. Die Exemplare werden nach Verlagsangaben bei der IVW als „sonstige Verkäufe“ verbucht.

Der Verlag spricht von einem „Deal auf Gegenseitigkeit“. Nur G + J weiß, warum er das Wirtschaftsmagazin kostenlos verscherbelt anstatt die Verbandsmitglieder – Familienunternehmer, Mittelständler – zu zahlenden Abonnenten zu machen. Den Auftrag eines Dritten zu nutzen, um die Auflagen der Publikumszeitschriften zu stützen, dürfte jedenfalls nicht zielführend sein, um mit Corporate Publishing Geld zu verdienen.

Nur am Rande: „Impulse“ ver- kauft 108.000 Exemplare, davon 1.200 am Kiosk, 53.400 im Abo, und 30.800 Exemplare sind als „sonstige Auflage“ ausgewiesen.

4.Stimmt‘s, dass Springer-Chef Mathias Döpfner Rivalen vors Schienbein tritt?

Das behauptete „Meedia“-Chef Georg Altrogge und zitierte Döpfner aus der Telefonkonferenz zur Halbjahresbilanz: Springer sei nicht gut, sondern besser als die Rivalen; im Gegensatz zu denen habe Springer keine brachialen Personalmaßnahmen nötig; Springer sei kerngesund, weil man früher als andere die Digitalisierung vorangetrieben habe usw. Döpfner kultiviere den Komparativ und trete damit unverkennbar kräftig gegen die Schienbeine rivalisierender Medienmanager, schrieb Altrogge.

Springer sieht sich neuerdings auch als Anzeigenmarktführer, und zwar mit riesigem und obendrein wachsendem Abstand zu G + J (s. Grafik). Beziffert Springer den Abstand zum Rivalen im ersten Halbjahr 2008 mit 34 Prozent, seien es jetzt schon 46 Prozent. Wie die Rechnung zustande kommt? Ganz einfach: Man addiere zu den Bruttowerbeerlösen der Zeitschriften einfach die der Zeitungen (exklusive Rubrikengeschäft) und berufe sich auf die offiziellen Nielsen-Daten – fertig ist die Marktführerschaft.

Was sagt der wahre Anzeigenmarktführer G + J dazu? Hinter vorgehaltener Hand raunt es: „Die scheinen es nötig zu haben“. Auch die Werbeeinnahmen der Springer-Zeitschriften schrumpfen, und zwar um 22 Prozent auf 73 Millionen – kein Grund, sich nach Belieben eigene Marktregeln aufzustellen. G + J-Sprecher Kurt Otto ruft in Erinnerung: „Die Relationen der Großverlage untereinander werden üblicherweise auf Basis der Brutto-Werbeaufwendungen laut Nielsen Werbeforschung dargestellt, und zwar ausschließlich im Bereich der Publikumszeitschriften. Danach ist G + J inklusive Motorpresse Stuttgart in Deutschland mit einem Anteil von 17,5 Prozent im Anzeigenmarkt der Publikumszeitschriften-Marktführer.“

Der „Bild“-Konzern bleibt dabei: Springer sei Anzeigenmarktführer, das sei alles objektiv und nachvollziehbar, die Darstellung vergleiche die großen deutschen Vermarkter und beziehe sich auf die Axel Springer Media Impact, präzisiert ein Sprecher. Demnach rangiere der Springer-Vermarkter vor G + J, gefolgt von Burda, DuMont, Bauer und GWP. Mal abgesehen davon, dass Holtzbrincks GWP seit geraumer Zeit IQ Media Marketing heißt, steht in der Aufstellung nichts von der zentralen Vermarktungseinheit Axel Springer Media Impact. Ausdrücklich ist die Rede von „Axel Springer“, gekoppelt mit der Aussage: „lead over competitors expanded“.

In der vergangenen Ausgabe des „Medium Magazins“ haben wir vorgerechnet, wie es Springer anstellt, die „Welt“-Gruppe 2009 profitabel zu halten: Sie hat ihr das gewinnbringende „Hamburger Abendblatt“ einverleibt. Mit den Unterlagen zur Halbjahresbilanz 2009 liefert der Verlag erneut ein Beispiel, wie man sich die Welt schön rechnet.

5. Stimmt‘s, dass sich die Deutsche Welle den Abschiedsfilm für Evelyn Fischer 30.000 Euro Steuergeld kosten ließ?

Großer Abschied für eine Grande Dame. Gut 200 Gäste kamen, um Evelyn Fischer, die Leiterin der Deutsche-Welle-Intendanz, in den Ruhestand zu verabschieden. Gemeinsam sahen sie einen Film, den die Deutsche Welle über Fischer gedreht hat. Kostenpunkt, laut Gerücht: 30.000 Euro. Viel Geld,
erst recht, da sich die Deutsche Welle aus Steuergeldern finanziert. Doch die Summe ist falsch. Richtig ist, dass der Film 10.000 Euro gekostet hat, wovon die eine Hälfte für Honorare, die andere für Sachleistungen (Studiokosten, Grafik etc.) anfiel. Sind 10.000 Euro zu viel für ein Dankeschön an eine verdiente Mitarbeiterin von Intendant Erik Bettermann? Künftig wird sich Fischer übrigens als Geschäftsführerin der Freunde und Förderer der Staatsoper Unter den Linden verdient machen.

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 12 bis 13 Autor/en: Ulrike Simon. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.