Wichtiger als eine sexy Schlagzeile

Ines Pohl, am 12. April 1967 in Mutlangen geboren, studierte in Göttingen Skandinavistik und Germanistik. Nach dem Magisterabschluss 1996 (Thema: „Das Mutterbild im Werk von Max Frisch und August Strindberg“) war sie an der Uni zwei Jahre als Frauenbeauftragte tätig und arbeitete frei, u. a. für Radio ffn, „Mündener Allgemeine“ und „Göttinger Tageblatt“, . Von 1999 bis 2000 volontierte sie bei der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen“ („HNA“), war zunächst als Lokalredakteurin in Rotenburg und ging 2001 als Politikredakteurin in die Zentrale nach Kassel. 2004 wurde sie Nachrichtenchefin (inkl. Vermischtes und Leserbriefe). Kurz darauf, 2004/2005, verbrachte sie, vom Verlag freigestellt, ein Jahr als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism in Harvard. Ende 2008 wechselte sie ins Berlin-Büro der Ippen-Gruppe (u. a. „Münchner Merkur“, „HNA“, „tz“„Westfälischer Anzeiger“). Privat ist Ines Pohl „sehr glücklich gebunden“.

Warum sind Sie Journalistin geworden?

Ich liebe Menschen, und ja, ich möchte daran beteiligt sein, die Welt ein wenig besser zu machen.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Mein erster richtiger Beitrag war ein Porträt über eine Pommes-Buden-Besitzerin in einer Kleinstadt, die mehrere Kinder von mehreren Vätern großgezogen hat. Ich kam auf diese Idee, weil mich interessiert hat, wie sie es schafft, von morgens bis nachts so freundlich und gleichzeitig so bestimmt zu bleiben.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Meine Freundin und Kollegin Rosa aus dem Iran, die nicht aufhört, für die Wahrheit zu kämpfen – und dafür jeden Tag ihre Angst besiegen muss.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn er nie vergisst, welche Verantwortung er trägt.

Wie wird sich der Journalistenberuf verändern?

Eine große Herausforderung wird sein, trotz der Anforderungen an vermeintliche Exklusivität, Sorgfalt und Unabhängigkeit wichtiger zu nehmen als eine sexy Schlagzeile.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten ?

Viel schlimmer sind die Gründe dafür.

Können Sie ein Buch oder einen Beitrag über „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Ich empfehle die tägliche kritische Lektüre oder Beobachtung des eigenen Mediums. Hier gibt es mehr zu lernen als in vielen Besinnungsaufsätzen.

Wie wichtig ist Klatsch?

Sollte ein selbstverständlicher Impulsgeber für jeden Journalisten sein – und dann beginnt die Arbeit.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

In einer Lokalredaktion, in der man jeden Morgen beim Brötchenkauf nicht nur mit seinen Beiträgen, sondern auch mit dem, was man nicht geschrieben hat, konfrontiert wird.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Ich denke, die Anzahl der Chefredakteurinnen von überregionalen Blättern spricht für sich.

Was sind Ihre persönlichen (handwerklichen) Stärken und Schwächen?

Ich kann sehr gut zuhören und mich vom besseren Argument auch überzeugen lassen, eine erklärte Schwäche ist meine Ungeduld.

Welches Buch lesen Sie gerade?

„Wir Gutkrieger“ meines Kollegen Eric Chauvistré, mit dem ich auf der Buchmesse darüber diskutieren werde.

Ihr liebstes Hobby?

Bergwandern, am liebsten mit meinen Freundinnen in den Schweizer Alpen.

Ihr bisher größter Erfolg?

Zu spüren, dass mit meiner Unterstützung KollegInnen noch besser arbeiten können.

Ihr größter Flop?

Einer meiner Lieblingsfehler ist der von mir fabrizierte Titel: „Schweinwerfer waren schuld“.

Welches Medienprojekt aus jüngerer Zeit ist für Sie besonders zukunftsträchtig?

Produkte mit einer klaren, unabhängigen Haltung werden auch in Zukunft eine Chance haben, auch deshalb hat die junge „tageszeitung“ noch viel Zukunft vor sich.

Ihre Lieblingszeitung ?

Die „taz“.

Ihre Lieblingssendung?

Ganz ehrlich? Gibt es nicht.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Ohne Neugierde und Rückgrat.

Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

Ich habe sie geschätzt.

Erschienen in Ausgabe 09/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 66 bis 66. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.