„Ein Mensch in meiner Position polarisiert immer“

Rainer Holzschuh, geboren am 17.Juni 1944 in Bad Kissingen, studierte nach dem Abitur in Regensburg (1965) und Bundeswehrdienst Jura in München und Regenburg. Daneben sammelte er als freier Mitarbeiter beim Regensburger „Tages-Anzeiger“ erste journalistische Erfahrungen. Als ihn 1970 die „Augsburger Allgemeine“ als Sportredakteur (unter Verzicht auf ein Volontariat) einstellen wollte, entschied er sich ganz für den Journalismus und gegen einen Abschluss des Studiums. Ein Jahr später bereits ging er zur West-Redaktion des „Kicker“. 1987 übernahm er die Leitung der Nord- redaktion des Fußballmagazins. 1983 wechselte er auf die andere Seite des Schreibtischs, wurde Pressechef des DFB, kehrte aber 1988 als Chefredakteur zum „Kicker“ zurück (Auflage heute: rund 200.000/ 2x die Woche). Zum Jahreswechsel übernimmt er von Karl-Heinz Heimann (84), der seit 1952 (!) für den „Kicker“ schreibt, den Herausgeberposten und dessen Kolumne „Scheinwerfer“. Holzschuhs Nachfolger wird Klaus Smentek (50), ebenfalls bereits seit 1988 auf dem „Kicker“-Platz.

Warum sind Sie Journalist geworden?

Vor allem aus Passion zum Fußball. Dann durch einen Zufall, der mich als „Tabellen-Ausrechner“ während der Bundeswehr-Zeit in eine kleine Zeitung führte, und durch den ich die Faszination des Zeitungsmachens peu à peu verinnerlichte.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Auftrag des Sportredakteurs, per Telefon bei einem A-Klassen-Verein im Bayerischen Wald einen Fünf-Zeilen-Spielbericht reinzuholen.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Mein Chefredakteur und Vorgänger beim „Kicker“, Karl-Heinz Heimann. Ein phantastischer Journalist und Mensch.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn Mitarbeiter und Klientel gleichzeitig behaupten, er sei ein guter Journalist.

Wie wird sich der Journalistenberuf verändern?

Es wird immer Journalisten geben, die wie vor zehn und zwanzig und vierzig Jahren arbeiten können. Aber durch Internet und Blogs geht die Recherche von Mensch zu Mensch mehr und mehr verloren.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten ?

Ja, gewaltig, weil durch die meist abschätzige Bemerkung „die Presse“ die Arbeit der Journalisten verallgemeinert wird. Leider bestimmen dabei Oberflächlichkeit, auch überzogene Boulevardisierung, vor allem aber Auftreten und Outfit mancher weniger Kollegen das Bild des Journalismus.

Können Sie ein Buch oder einen Beitrag über „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Ich habe immer gerne Reden und Beiträge von Professor Siegfried Weisenberg verfolgt.

Wie wichtig ist Klatsch?

Kommt darauf an, für wen – je nach Philosophie des Mediums.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

Durch gute, verantwortungsbewusste Kollegen, ebensolche Vorgesetzte und natürlich Learning by Doing.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Auch diese Antwort sollte man nicht verallgemeinern. Im Fußball sicherlich, in anderen Bereichen kaum, in manchen Genres sind sie bevorteilt.

Was sind Ihre persönlichen (handwerklichen) Stärken und Schwächen?

Stärken? Kein Kommentar, Schwächen? Es gibt sicherlich bessere Schreiber als mich.

Ihre Lieblings-Internetadresse?

www.kicker.de.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Die Dialoge zwischen di Lorenzo und Helmut Schmidt.

Ihr liebstes Hobby?

Hab‘ ich zum Beruf gemacht: Fußball; daneben klassische Musik hören.

Ihr bisher größter Erfolg?

als eingefleischter Junggeselle doch noch glücklicher Familienvater geworden zu sein.

Ihr größter Flop?

Ein Golfball zum Par aus 20 cm versemmelt zu haben.

Welches Medienprojekt aus jüngerer Zeit ist für Sie besonders zukunftsträchtig?

Kicker-TV.

Ihre Lieblingszeitung ?

Wo ich als „Freier“ begonnen habe: „Regensburger Tagesanzeiger“ (ist längst eingestellt).

Ihre Lieblingssendung?

Übertragung Champions League-Finale mit deutscher Beteiligung.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Ein guter: Neugier, Ehrlichkeit, Fachwissen.

Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

Das kann ich ohnehin nicht beeinflussen. Ein Mensch in meiner Position polarisiert immer.

Erschienen in Ausgabe 10+11/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 84 bis 84. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.