Helden der Pressefreiheit (1): Juri Purgin

Die Sowjetunion war noch nicht zerfallen, als Juri Purgin zusammen mit zwei Kollegen seine eigene Zeitung gründete. In „Swobodny Kurs“ (dt.: Freier Kurs) wollten die ehemaligen Journalisten der Parteizeitung endlich schreiben, was sie wirklich dachten. Heute ist Purgin Geschäftsführer von Altapress, einem der größten unabhängigen Verlage des Landes. Er gibt ein Dutzend Zeitungen und Zeitschriften heraus, betreibt einen Radiosender und vier Internetportale.

„Wir fangen bei Null an“, hatten die Journalisten 1990 die erste Ausgabe ihrer Zeitung überschrieben – und das war wörtlich zu verstehen. „Wir versuchten alles, um an Geld zu kommen“, erinnert sich Purgin. „Wir hätten Mützen verkauft, um eine Qualitätszeitung zu finanzieren.“ Zum Einstieg in den Einzelhandel kam es nicht, stattdessen lieh Purgin sich Geld von lokalen Unternehmern und einem internationalen Fond für Medienentwicklung. Damit baute er einen diversifizierten Verlag auf, in dem ein Anzeigenblatt, Reklamebroschüren und Hochglanz-Zeitschriften Geld für die politische Wochenzeitung „Freier Kurs“ einbringen.

Ein wichtiger Schritt zur inhaltlichen Unabhängigkeit war der Erwerb einer eigenen Infrastruktur. Mitte der 90er-Jahre übernahm Altapress Kioske aus ehemals sowjetischem Staatsbesitz und unterhält heute mehr als 100 eigene Verkaufsstellen. 1998 kaufte der Verlag eine erste eigene Druckmaschine. Inzwischen verfügt er über eine moderne Druckerei, die kommerzielle Aufträge annimmt. Altapress ist einer der größten Steuerzahler in der Region Altai. Seine wirtschaftliche Stärke erlaubt es dem Verlag, sich politischem Druck zu widersetzen. 2004 etwa wollte der Kreml den Barnauler Parlamentsabgeordneten und Putin-Gegner Wladimir Ryschkow mit einer Schmutzkampagne in den Medien zu Fall zu bringen. Die Journalisten von Altapress weigerten sich, das Material zu publizieren. Im selben Jahr initiierte Juri Purgin die Gründung einer Verlegerallianz, die Rechtsbeistand in Streitfällen bietet. Heute setzt sich der Verlagschef im Expertenrat des russischen Kulturministeriums für die Entstaatlichung der Medien und einen professionellen Dialog zwischen Verlegern und Regierung ein. „Die Mächtigen lieben uns nicht“, sagt er, „aber sie respektieren uns“.

Info: Das Journalisten-Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung „n-ost“ porträtiert künftig regelmäßig in „medium magazin“ Journalisten und Journalistinnen, die gegen Pressezensur und Repressalien kämpfen.

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 10 bis 10 Autor/en: Ulrike Gruska, „N-Ost“. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.