„Mein Gott, konnte der tanzen!“

Wolfram (Wilhelm Robert) Weimer, geboren am 11. November 1964, wuchs in Porto (Portugal) und Gelnhausen auf. Nach dem Abitur 1983 (mit 1,0) studierte er in Marburg, Frankfurt und Washington Geschichte, Germanistik, Volkswirtschaft und Politik-Wissenschaften (Magister 1989, Promotion 1991), u.a. als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Seine beruflichen Stationen: 1990 Redakteur der „FAZ“ (Frankfurt), 1994 Korrespondent (Madrid), 1998 Stellvertreter des „Welt“-Chefredakteurs Mathias M. Döpfner (Berlin), 2000 Chefredakteur der „Welt“, 2002 auch der „Berliner Morgenpost“. Kurz darauf verließ er nach einem Zerwürfnis mit M.Döpfner Springer und gründete 2003 mit dem Ringier-Verlag „Cicero“. Der mehrfache Buchautor (zuletzt: „Freiheit, Gleichheit, Bürgerlichkeit – Warum die Krise uns konservativ macht“) wird 2010 Chefredakteur von „Focus“ mit Uli Bauer. Weimer ist verheiratet mit der Publizistin und Verlegerin Christiane Götz-Weimer (u.a. „Campo-Data“).

Warum sind Sie Journalist geworden?

Weil ich mich schon früh gefragt habe, wo wir hinkämen, wenn alle nur sagen, wo kämen wir denn da hin, aber keiner geht, um mal zu schauen, wo wir hinkämen, wenn wir gingen.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Ich gründete eine Schülerzeitung und übte in der Erstausgabe Kritik an kostenpflichtigen Schließfächern. Der damalige Direktor wollte zensieren, ja verbieten, aber wir wehrten uns. Als ich am Bundesverfassungsgericht in der „Cicero-Affäre“ den Zensur-Streit mit Otto Schily austrug, musste ich daran zurückdenken, dass man Pressefreiheit nicht geschenkt bekommt.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Meine Eltern für Ethos, Bildung und Sprache. Meine Frau für die Leidenschaft, Klugheit und den Mut. Meine Kinder für Neugier und Unbefangenheit.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn er nicht mehr danach fragt, wann er ein guter Journalist ist.

Wie wird sich der Journalistenberuf verändern?

Wir werden mehr einordnen als berichten. Die Orientierungsleistung des Journalismus wird in der Neuen Unübersichtlichkeit der globalisierten Online-Zukunft wichtiger als zuvor.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten?

Wenn wir rundum beliebt wären, würden wir etwas falsch machen. Wir sind schließlich eine Instanz der Kritik.

Können Sie ein Buch über die „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Jose Saramagos neuer Roman „Eine Zeit ohne Tod“ ist lehrreicher als viele Ethik-Fachbücher.

Wie wichtig ist Klatsch?

So wichtig wie die Sahne auf dem Pflaumenkuchen.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

In einer lebhaften Lokalredaktion.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Bei mir jedenfalls überhaupt nicht.

Ihre persönlichen Stärken und Schwächen?

Eine sehr persönliche Stärke sind tagesaktuelle Gute-Nacht-Geschichten für meine Jungs. Eine furchtbare Schwäche ist die permanent scheiternde Maulwurfjagd im Garten.

Ihre Lieblings-Internetadressen?

Am längsten treu bin ich der Seite www.eintracht.de – denn mein Fußballfan-Herz schlägt für Eintracht Frankfurt. Am aktivsten verfolge ich die prächtige Arbeit der Kollegen von www.focus.de.

Ihr liebstes Hobby?

Fußballspielen beim FC Pomona Pfingstberg. Da spielen nur Väter gegen Söhne, was dem Vergnügen eine ödipale Note verleiht.

Was war ihr bisher größter Erfolg?

Die Eroberung meiner Frau und die Vaterschaft für unsere drei Söhne.

Ihr größter Flop?

Dass es mir in meinen zehn Berliner Jahren nicht gelungen ist, die Maulwürfe aus unserem Garten zu verjagen.

Welche Medienprojekte aus jüngerer Zeit sind für Sie besonders zukunftsträchtig?

Bei den meinungsbildenden Magazinen gab es zwei faszinierende Neugründungen im wiedervereinigten Deutschland: „Focus“ und „Cicero“. Beide halte ich tatsächlich für besonders zukunftsträchtig.

Ihre Lieblingszeitung?

Die Schülerzeitung „Mittendrin“ des Helmholtz-Gymnasiums in Potsdam.

Ihre Lieblingssendung?

„Und täglich grüßt das Murmeltier“ mit Bill Muray und Andie MacDowell.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Ohne Neugier.

Was sollte Ihnen einmal nachgesagt werden?

Mein Gott, konnte der tanzen!

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 66 bis 66. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.