Mladic auch künftig verzweifelt gesucht

„Naslovi“ („Überschriften“) heißt das meistgelesene Nachrichtenportal im serbischen Netz. Ich, nach Themen und Anregungen eifrig Suchende, hoffe hier die Nachricht des Tages zu entdecken. Denn, „Naslovi“ ist schneller als der Blitz, im Sekundentakt wird die Seite erneuert. Hier erfahre ich von noch nicht entdeckten Korruptionsaffären, von geheimen Machenschaften der Regierung, aber auch was gerade die Witwe des Kriegsverbrechers Arkan („Madonna von Serbien“) heute kocht und in welcher Stadt die Jugendlichen gerade die Messer wetzen. Auf die Nachricht des Jahres, die die Verhaftung von General Mladic verkünden soll, warte ich bis heute vergebens. Der Herr der serbischen Heere, der Srebrenica zu verantworten hat, bleibt verschollen, obwohl die serbische Regierung seit Jahren die „baldige“ Verhaftung verkündet.

Nun blättere ich stündlich in „Naslovi“ und spitze alle meine Ohren, wenn da zu lesen ist: „Mladic schwer verletzt“ und „Mladic verwundet“ oder sogar „Mladic verhaftet“. Mein Herz beginnt zu pochen, die Hand greift sofort zum Telefonhörer und wählt schon die Nummer meiner deutschen Kunden, noch bevor ich den Text der Nachricht gelesen habe. Für eine Milli-Sekunde denke ich, jetzt habe ich meine Topnachricht gefunden. Erst auf den zweiten Blick bemerke ich – weit gefehlt. Aus dem Anruf wird nichts. Denn: Der Familienname Mladic bedeutet gleichzeitig „junger Mann“, und wenn die Nachricht so beginnt, dann geht es eben um diesen oder jenen jungen Mann, der als Mitglied einer Jugendgang den Kürzeren gezogen hat oder von der Polizei beim Diebstahl niedergestreckt wurde. Zu meinem Unglück schafft es der alte Mann Mladic noch immer, unentdeckt zu bleiben.

www.naslovi.net/search.php?q=mladic

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 39 bis 39 Autor/en: Danja Antonovic, Belgrad. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.