Nachgefragt bei … Annette Dittert

Der Moment kommt, früher oder später. „Zeig doch mal deinen Führerschein“, sagt der Kollege aus der Grafik zum Redaktionsleiter. Woraufhin Männer mit Seitenscheitel sich charmante Beleidigungen anhören müssen: „So ein Wilder warst du also“ und „interessante Frisur“, hören die Damen, die ihre Zeit als Dauerwellenstar gerne aus ihrer Frisurbiografie ausradieren würden.

Unser prominentes Foto-Opfer Nr. 7 (nach P. Kloeppel, P.-M. Gaede, M. Sonneborn, N. Förster, D. Pieper und M. Döbler) ist Annette Dittert (47), die Frau, die für die ARD Großbritannien im Blick hält: Ihr Job hat die Korrespondentin viel rumkommen lassen, bis 2008 leitete sie das ARD-Studio in New York und zuvor in Warschau. Sie begann Ihre journalistische Karriere beim Radio für den Sender SFB in Berlin, entwickelte für den WDR die Fernsehsendung Parlazzo und leitete das Morgenmagazin.

Für Ihre Dokumentationsreihe „Abenteuer Glück“ erhielt sie 2006 den Adolf Grimme Preis.

Ditters Fotokommentar: „Das Foto stammt aus dem Jahr 1986. Damals lebte ich in Westberlin – Kreuzberg natürlich – direkt an der Mauer. In der Stadt hing dieses seltsame Party-Wohnzimmerfeeling, das Sven Regener sehr passend in „Herr Lehmann“ beschrieben hat. Offiziell studierte ich Philosophie, aber zu der Zeit war alles so aufregend, dass mein Studium eher nebenher lief. Um Geld zu verdienen, arbeitete ich für die Radiosendung „SFBeat“ des Senders Freies Berlin. Da es politisch die Jahre der Hausbesetzerszene waren, berichteten wir ziemlich häufig über das Thema und waren gleichzeitig auch irgendwie Teil der Szene. Das sorgte nicht immer unbedingt für die gebotene journalistische Distanz – heute würde ich so eine Sendung nicht durchgehen lassen. Über den Sender kündigten wir Demos an, waren Sprachrohr der Szene und wollten selbst gegen „die da oben“ Politik machen. Beim Rundfunkrat hagelte es Beschwerden über uns – meistens von der CDU, oft sogar zu Recht. Besonders erinnere ich mich an die absurden Redaktionssendungen: Alle hockten auf dem Boden, rauchten selbstgedrehte Zigaretten und diskutierten endlos über Politik. Damals waren wir sicher manchmal zu sehr politisch involviert, auf der anderen Seite sind mir heute viele Jugendsender viel zu unpolitisch geworden.“

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 11 bis 11. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.