Sprechernotizen

Henkel auf der Zielgeraden

So schnell geht das: Im letzten „medium magazin“ (10/09) hatte Dr. Who darüber berichtet, dass bei Henkel derzeit die verwaiste Stelle des Chefkommunikators neu zu besetzen ist – und geradezu ein Run auf den gut vorgewärmten Sessel ausgelöst wurde. Die gestrenge Personalchefin, Frau Wiemerslage, achte aber mit Argusaugen darauf, dass ihr CEO Kasper Rorsted nur ja keinen neuen Kommunikationschef bekommen solle, der noch näher an den Chef herankomme als die ober-ehrgeizige HR (neudeutsch: äitschahr, Human Resources)-Grande selbst. Kaum erschien Dr. Who‘s Geschichte, musste Frau Wiemerslage unter den üblichen ungeklärten Umständen das Unternehmen verlassen – wieder einmal, nach zuletzt Deutscher Bank. Nun ist die Dame draußen – und ihre bisherige Stellvertreterin Kathrin Menges macht den Job. Und als Erstes hat sie das Problem mit dem neuen Chefkommunikator gelöst. Carsten Tilger heißt der Neue – und er kommt aus der Chemieindustrie. Derzeit noch Kommunikationschef bei Syngenta in der Schweiz war er zuvor bei Hoechst und deren Nachfolgegesellschaft Aventis. Nach einigen beschaulichen Jahren in der Schweiz heißt es nun wieder ordentlich Steuern zahlen in Düsseldorf. Dr. Who wünscht viel Freude …

Ein Fall für den PR-Rat?

Ein Fall für den PR-Rat oder nicht? Die eingeweihten Experten streiten darüber, ob der Vorstoß der bislang wenig bekannten Politik- und PR-Agentur PRGS in Sachen Kernenergie zu ahnden ist oder nicht. Und wieder einmal ist die Lage verzwickt. PRGS hat ein Papier verfasst, in dem auf 109 Seiten minutiös die Kommunikation rund um das Thema Kernenergie im zurückliegenden Wahlkampf vorgedacht wurde. Dem „Spiegel“ wurde das Papier zugespielt – und er griff es auf. Ungeheuerlichkeiten enthalte das Papier, meldete Spiegel online Ende September. Die Angst vor Russland solle geschürt werden, „diskrete PR“ eingeleitet werden, U-Boote seien in die SPD einzuschleusen usw. Für den Profi klingt das nach einer Fleißarbeit minderbemittelter Hobby-Rasputine. Gleichwohl soll der Energiekonzern e-on der Auftraggeber gewesen sein. Der Kommunikationschef von e-on, Peter Blau, weist das weit von sich. Das sei nur ein Papier gewesen, mit dem sich PRGS beworben habe. Einräumen musste er aber, dass PRGS sehr wohl für e-on tätig ist. PRGS sagt an einer Stelle in dem Papier, dass man Gespräche geführt habe – wohl mit Politikern oder Medien – „selbstverständlich (…) ohne Nennung e-ons oder des Auftrags.“ Kollege Blau: Schwarze PR im Auftrag e-ons oder nicht? Ein Fall für PR-Ratschef Richard Gaul: Entweder hat e-on geschmuddelt – oder PRGS hat etwas zu viel Wind gemacht, allerdings mit fragwürdigen Methoden. Wie schön, dass PRGS mit Ex-Lufthanseat Peter Höbel einen Träger des „Wächterpreises der Tagespresse“ beschäftigt. Der wird sicher in eigener Sache aufklären …

Gutes Geschäft mit Insolvenzen

So traurig es ist – wenigstens eine kleine Gruppe hat in der Wirtschaftskrise so richtig etwas zu lachen: Die Insolvenzverwalter. Immer mehr und immer mehr große Insolvenzen, von Arcandor/Karstadt über Woolworth und Märklin bis hin zu Werften, Maschinenbauern, Autozulieferern wie Karmann – keine Branche ohne spektakuläre Fälle. Die Insolvenzverwalter verdienen sich streckenweise mehr als goldene Nasen – sind sie doch die Ersten und Einzigen, die sich bis auf Weiteres an der Insolvenzmasse bedienen dürfen, und das auch noch nahezu ungehindert und ohne Kontrolle. Im Schlepptau haben sie immer häufiger eine ganz spezielle Spezies: Auf Insolvenzen spezialisierte PR-Agenturen. Sicher, hier und dort nimmt auch so ein natürlich äußerst bedeutsamer Laden wie CNC, die Agentur von Ex-Daimler-Kommunikationschef Christoph Walther eine Insolvenz gerne mit, wie etwa die der Seifen- und Sälbchenhändler „Ihr Platz“. Da redet man dann zwar bei CNC nicht so gern drüber, aber – hach –, was soll man machen – pecunia non olet, und man hat doch so hohe Kosten, und überhaupt: die Freunde von Goldman Sachs waren ja auch vor Ort. Lassen wir das.

Viel größer im Geschäft ist vor allem rw konzept aus Köln. Derzeit ist es der alte Freund von rw, Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, der die Kölner bei Arcandor an Bord geholt hat. Und natürlich haben sie vor allem eine Aufgabe: Den Insolvenzverwalter gut aussehen lassen. Da kommen gute Medienkontakte gerade recht. Die hat rw alias Rudolf Wallraf als geschäftsführender Gesellschafter – war er doch bis vor einigen Jahren Wirtschaftsredakteur beim „Spiegel“ und wirbt auf seiner Homepage: „Die Kunden von rw konzept profitieren neben seiner weitreichenden journalistischen Erfahrung auch von seinem exklusiven Kontaktnetzwerk zu Medien, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.“ Dumm nur, dass der „Spiegel“ ihn 1995 nicht länger beschäftigen wollte. Wallraf soll seine Position damals dazu benutzt haben, Kunden der Agentur seiner Frau im „Spiegel“ gut aussehen zu lassen. „Focus“ berichtete genüsslich über den Casus unter dem Titel „Tango korrupti“. Mein Gott, der „Spiegel“ versteht wirklich keinen Spaß. Wahrscheinlich wollte Wallraf nur mal üben – für seinen heutigen Job als Assistent der ehrenwerten Insolvenzverwalter.

Gruß an Anton Hunger

Anton Hunger, der leider gestürzte PR-Großmeister und Ex-Kommunikationschef von Porsche, hatte Dr. Who in „medium magazin“ 10/2009 einen in Wort und Inhalt wunderbaren, zugleich durchaus kritischen Leserbrief geschrieben. Er bezog sich dabei auf eine Passage von Dr. Who (in „mm“ 8/2009), in der er Webers „Freischütz“ bemüht hatte, um die Situation bei Porsche zu beschreiben. Weil Anton Hunger ein ganz Lieber ist, und weil er nicht verdient hat, was ihm VW zugefügt hat, und weil sein Brief so nett war, hier noch – an ihn und für ihn ganz persönlich – eine kleine Replik:

Lieber Anton Hunger,

wenn Sie den Freischütz weiter bis zum Ende lesen, kommt es zu einem wunderbaren Wortwechsel, an dessen Ende der hochangesehene Eremit verkündet: „Leicht kann des Frommen Herz auch wanken, und überschreiten Recht und Pflicht. Wenn Lieb und Furcht der Tugend Schranken, Verzweiflung alle Dämme bricht …“ und weiter: „Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben, darf kindlich der Milde des Vaters vertrauen.“

Besser hätte das letzte Kapitel bei Porsche wohl kaum beschrieben werden können, stimmt`s? Sie haben gekämpft mit vollem Einsatz – und ehrenvoll verloren. Das zählt!

Beste Grüße von Dr. Who!

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. E-Mail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „PR“ auf Seite 54 bis 57. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.