Das ABC des Autorenbriefings

In Zeiten, in denen immer mehr Medienhäuser ihre Stammredaktionen zusammenstreichen, wird die gegenseitige Abhängigkeit von Redaktionen und freien Journalisten immer deutlicher. Doch die wenigsten Redaktionen realisieren, dass sie diese Arbeitsbeziehung umso klarer strukturieren müssen.

Freie Autoren wollen als Auftragnehmer respektiert werden. Redaktionen wollen, dass die Arbeit mit den Freien möglichst reibungslos und somit planbar verläuft. Und beide Seiten möchten in erster Linie, dass am Ende eine gute Geschichte erscheint. Je klarer diese Zusammenarbeit vorbereitet und geregelt ist, desto eher lässt sich vermeiden, was keiner will: Die gelieferte Geschichte entspricht nicht dem Vereinbarten, sie ist zu lang, zu kurz, zu spät, der Autor oder die Redakteurin ist nicht erreichbar, das Honorar wird nicht gezahlt, Gegendarstellungen flattern ins Haus, zig E-Mails fressen Zeit – und alle ärgern sich.

Ein standardisiertes Autorenbriefing, in dem Autorendaten abgefragt und das redaktionelle Prozedere sowie journalistische Leitlinien geklärt werden, könnte derlei vermeiden. Hauptsache, die Redaktionen regeln das gleich, wenn der Auftrag vergeben wird. „Je früher beide Parteien wissen, was sie voneinander erwarten, desto besser“, sagt Felix Zimmermann, stellvertretender Vorsitzender des Freienverbandes „Freischreiber“, „Transparenz macht die Zusammenarbeit verlässlicher.“ Praktiziert wird das derzeit noch selten. Interessant ist jedoch: Dort, wo solche Regeln angewendet werden, läuft die Zusammenarbeit bemerkenswert gut. „Unsere Freien sollen das Gefühl haben: Sie sind Partner“, sagt „brand eins“-Chefredakteurin Gabriele Fischer – in ihrem Magazin war ein solches Briefing von Anfang an Usus. Der angenehme Nebeneffekt ist nicht zu unterschätzen: Fühlen sich die Freien wertgeschätzt, sind sie umso motivierter, verlässlicher, qualitätsbewusster. Das ABC des Autorenbriefings zeigt Redaktionen, welche Bausteine dafür wichtig sind.

Auftrag

Auch wenn gerade am Telefon alles besprochen wurde: Der betreuende Redakteur sollte dem freien Autor grundsätzlich schriftlich bestätigen, dass er den Auftrag hat und was vereinbart wurde. Nützlich und zeitsparend dafür ist ein Standardbriefing mit Punkten wie: das genaue Thema, die erwünschten Ergänzungsfakten, die erforderliche Zeichenzahl, das Honorar, der Abgabetermin und die E-Mailadresse für die Manuskriptabgabe. Das Ganze gleich in einen Produktionskalender abgelegt, hilft es nicht nur der eigenen Erinnerung, sondern auch den Kollegen, die bei unvorgesehenen Ausfällen einspringen müssen. Ändern sich Textlängen oder Inhalt aus aktuellem Anlass, sollte der Autor umgehend informiert werden. Das gilt natürlich auch umgekehrt.

Autorendaten

Fragen Sie mit der Auftragsbestätigung gleich alle Angaben ab, die Redaktion und Buchhaltung für die Datenpflege benötigen: vollständige Adresse des Autors (inklusive Mobilnummer!), Steuernummer, Mehrwertsteuersatz, Bankverbindung, bei Bedarf auch Autorenfoto (Achtung: mit erforderlicher Pixelangabe für den Druck) und Fotocredit. Das spart beiden Seiten Zeit und unnötige Nachfragerei.

Autorisierung

Informieren Sie den Autor über Ihre Regeln zur Autorisierung: Wollen Sie in der Redaktion Wortlaut-Interviews vor der Autorisierung abnehmen? Veröffentlichen Sie Interviews und Zitate nur, wenn sie von den Befragten schriftlich freigegeben sind? Wenn Sie nicht wollen, dass der Autor seinen Gesprächspartnern den kompletten Text zur Autorisierung einzelner Zitate vorlegt, lassen Sie ihn das bereits beim Briefing wissen.

Bilddateien

Die eigene Fotorecherche ist nicht zu ersetzen. Es spart aber Zeit und doppelte Anfragen, wenn Sie die Autoren bitten, Bilder von ihren Gesprächspartnern oder ggf. Featurefotos über den direkten Kontakt mitanzufragen. Je klarer die Angaben dafür, desto einfacher für alle Beteiligten: die benötigte Auflösung, Bildgröße, Fotocredits und gegebenfalls Form (reines Kopfportrait oder nicht angeschnittene Fotos zur Freistellung). Der Autor sollte bei mehreren Bildern die Dateinamen in einer Liste aufführen, aus der hervorgeht, was und wer, wo zu sehen ist und – bei kostenpflichtigen Fotos – mit entsprechendem Kontakt zur Abrechnung. Fotografiert der Autor selber, informieren Sie ihn vorab über Ihre Honorarsätze. Aber: Vergewissern Sie sich lieber vorher, ob das fotografische Können Ihren Ansprüchen genügt.

Ethikkodex

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: PR und Journalismus sind sauber zu trennen, Geschichten weder in Naturalien noch gegen Bares zu erkaufen, Interviews und Interviewpartner dürfen nicht erfunden werden. Doch die Praxis lehrt: Gegen Betrug sind selbst seriöse Redaktionen nicht gefeit. Es dient der Absicherung und Abschreckung, wenn Sie bei einem Erstauftrag den Autor über Ihre journalistischen Leitlinien schriftlich informieren. Und hier auch Ihre Konsequenzen auflisten für den Fall eines Verstoßes. Etwa: „Wird ein Interview erfunden, veröffentlicht die Redaktion den Fall und den Autorennamen“. Lassen Sie sich diese Leitlinien vom Autor schriftlich bestätigen (siehe „Unterschrift“).

Honorar

Informieren Sie den Autor von sich aus über den Honorarrahmen. Vermeiden Sie so eine Situation, in der sich ein Freier als Bittsteller fühlen muss. Gute Arbeit verdient zu Recht ein entsprechendes Entgelt. Das Briefing sollte Informationen über Zeilenhonorare, Tagessätze oder Seitenpauschalen und Zeitpunkt der üblichen Abrechnung enthalten. Ebenfalls vorab zu klären: Werden Reisekosten und Spesen erstattet und wie abgerechnet? Gibt es ein zusätzliches Recherchehonorar etc.?

Quellenangaben

Bei rechercheintensiven Geschichten empfiehlt sich, eine „Dok-Fassung“ anzufordern: eine Textversion mit Quellenangaben und Zitat-Gebern inklusive Kontaktdaten.

Rechnung

Falls die Redaktion eine Rechnung verlangt, sollte sie den Autoren mit Auftragsbestätigung schreiben, was sie beinhalten muss: die korrekte Rechnungsadresse, Mehrwertsteuersatz, Umsatzsteuernummer, Bankverbindung, Rechnungsnummer … (siehe auch „Autorendaten“).

Styleguide

Der Teufel liegt bekanntlich im Detail: Mit klaren Stilregeln vermeiden Sie unnötige, zeitaufwändige Mehrarbeit. Ergänzen Sie das Autorenbriefing mit klaren Hinweisen auf Ihre Stilregeln und Schreibweisen, die in den Manuskripten einzuhalten sind. Zum Beispiel: Werden Buchtitel, Unternehmensnamen, Zeitschriften in Anführungszeichen oder kursiv gesetzt? Wenn es der Redaktion auf eine besondere Schreibe ankommt – zum Beispiel bei Kindermagazinen – listen Sie am besten auch ein paar Positiv- und Negativbeispiele auf.

Textdatei

Texte, die in einem besonderen Dateiformat oder Textlayout abgeliefert werden, machen in Redaktionen oft nur zusätzliche Arbeit. Führen Sie auf, ob Sie den Text lieber als DOC- oder RTF-Datei wollen, prinzipiell unformatiert oder egal. Dateibenennung, Schriftgröße, Zeilenabstand und Blocksatz vorzugeben, ist Geschmackssache und mag für Tageszeitungen weniger wichtig sein als für Magazinproduktionen. Eine Möglichkeit: gleich Manuskriptvorlagen schicken.

Unterschrift

Die Unterschrift ist relevant, wenn in dem Briefing Urheberrechte geregelt werden oder wenn es Vereinbarungen enthält wie zum Bespiel, dass Freie ihre erste Geschichte auf eigenes Risiko machen, ohne Anspruch auf Ausfallhonorar. Mit einer Unterschrift dokumentieren die freien Autoren, dass die Bedingungen zur Kenntnis genommen sind. Und: Zwei Parteien gehen hier eine Beziehung ein; eine Unterschrift etabliert Loyalität.

Urheberrechte

Autoren sollten vor Beginn ihrer Arbeit wissen, wie mit ihren Rechten umgegangen wird: In welchem Umfang treten sie sie ab, für welche Veröffentlichungsformate und welche Dauer? Wer darf wie und wann die Texte an Dritte weiterverkaufen, gibt es eine Erlösbeteiligung und ein Einspruchsrecht? AGBs erst mit der Abrechnung zu verschicken ist &#
x84;Vogel-friss-oder-stirb-Politik“ und schafft unnötigen Ärger.

Zeitpunkt

Je früher Autoren wissen, was die Redaktion wann, wie und in welcher Form erwartet, desto besser, also: sobald der Auftrag erteilt wird! Setzen Sie klare Fristen für die Abgabe, am besten mit Uhrzeit. Das schafft Verbindlichkeit. Umgekehrt hat der Autor ein Recht darauf zu wissen, wann sein Beitrag abgerechnet wird. Informieren Sie ihn über die Regel in Ihrem Haus: Wird mit der Abgabe oder erst nach Erscheinen honoriert, gibt es, bei langen Vorläufen, einen Vorschuss?

Bei einem Erstauftrag sollte der Freie idealerweise dreierlei erhalten: ein Formular für die „Autorendaten“, den „Ethikkodex“ und alle Infos, die das Redaktionsprozedere erleichtern.

Solche Transparenz ist ein Gebot der Fairness. Nehmen Sie den Autor als Partner „auf Augenhöhe“ ernst. Das wird sich in der Qualität der Beiträge garantiert bemerkbar machen.

medium:online

Ein Musterformular für ein Autorenbriefing finden Sie unter www.mediummagazin.de, für Abonnenten exklusiv bis 30.7. PASSWORT VER7

Erschienen in Ausgabe 07+08/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 44 bis 45 Autor/en: Anne Haeming. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.