Medienköpfe & Karrieren

Aufsteiger

„I´ll be back“ – „ich komme wieder“, so lautet einer von Arnold Schwarzeneggers Standardsprüchen aus den Terminator-Filmen. Er präsentierte ihn auch als sein Leitmotiv als Politiker. Spätestens im Herbst 2010 kehrt auch der Schwarzenegger-Biograph und Journalist Marc Hujer (41) an seine alte Wirkstätte zurück: Hujer übernimmt das Büro des „Spiegel“ in der US-Hauptstadt Washington, wo er bereits von 2000 bis 2005 als Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ tätig war. Seit 2005 arbeitete Hujer als „Spiegel“-Reporter und verfasste eine viel beachtete Biographie über Arnold Schwarzenegger, für die er sich konsequent in das Umfeld des Österreichers vorarbeitete: „Wenn einen der offizielle Weg nicht weiterbringt, muss man sich an Leute aus dem Umkreis halten – und so langsam den Weg in den inner circle finden“, sagt Hujer. Diese Ausdauer wird Hujer künftig an den Washingtoner Politgrößen ausprobieren können. Den Präsidenten kennt er bereits: „Ich habe Obama etwa zwei Jahre begleitet und viel über Amerika geschrieben.“ Mit dieser Vorgeschichte im Rücken sei er „daher nicht aus allen Wolken gefallen“, sagt Hujer, als ihm kurzfristig die Büroleiter-Position in Washington angeboten wurde. Denn eigentlich war dafür Markus Feldenkirchen (34) vorgesehen, der den Posten dann doch nicht annahm – „aus persönlichen Gründen. Ich war selbst überrascht“, wie er „medium magazin“ sagte.Ein Nachfolger für ihn als stellvertretender Leiter des „Spiegel“-Haupstadtbüros war jedoch mit Christoph Schwennicke (44) bereits gefunden, dabei bleibt es auch. Feldenkirchen wird deshalb künftig als Reporter für den „Spiegel“ in Berlin arbeiten.

Katrin Eigendorf (48) kennt sich mit Konflikten aus. Die ZDF-Reporterin hat aus dem Nahen Osten und aus Afghanistan berichtet und in den 90ern, als RTL-Korrespondentin in Moskau, über den Tschetschenienkrieg. Jetzt arbeitet sie mit der freien Videojournalistin und Dozentin Sabine Streich (39) für Axel Springer: Beim Verlags-Wettbewerb „Scoop“ siegten sie mit ihrem Videoblog „Talk to the Enemy“, das im August online gehen soll. Die Idee: Konflikt, Streit, Argumente. Eigendorf und Streich bilden Protagonisten verfeindeter Lagern zu Videobloggern aus – etwa Israelis und Palästinenser. Das Ergebnis soll die Lebenswelt der Gegner ab-bilden und Debatten anstoßen. Noch mehr Filmschnipsel fürs Netz? „Wir werden Qualitäts-User-Generated-Content anbieten“, sagt Eigendorf selbstbewußt, „die Rolle des Journalisten neu definieren, einen neuen Blick in festgefahrene Konflikte wagen“.

„Es gibt die Sehnsucht nach dem Authentischen, mit unserem Format kommen wir näher ran an die Leute“, so Streich, die unter dem Namen „VJQueen“ auch Seminare anbietet. Beide empfinden eine ziemliche Abneigung gegenüber alten Formaten. Eigendorf will keine Talkshows mit Politikern, Lobbyisten und Experten mehr sehen. Streich wiederum findet: „Pressekonferenzen sollte man überhaupt nicht mehr filmen; es ist nicht besonders spannend, Kollegen bei der Arbeit zu beobachten.“ Kennengelernt haben sich die beiden bei einem ähnlichen Projekt des ZDF. „Real Time Players“ dokumentierte, wie junge Deutsche und Israelis sich gegenseitig ihr Land zeigen. „Ohne Konflikt wurde es schnell langweilig“, sagt Eigendorf. Deshalb haben sie weiter an ihrem Konzept geschraubt und es dann bei Springer vorgestellt. Aufgeben muss Eigendorf ihren Job in der ZDF-Redaktion Außenpolitik allerdings nicht: „Der Sender war so nett, mich teilweise freizustellen.“ Außerdem wird es eine TV-Umsetzung des Blogs geben, die Eigendorf für den ZDF Infokanal moderiert.

Florian Kolf (42) ist seit 1. Juli Vize-Chefredakteur bei „Handelsblatt online“, eine neu geschaffene Position mit Zuständigkeit für das Tagesgeschäft. Kolf, seit 16 Jahren in der „Handelsblatt-Gruppe“ tätig, leitete zuletzt als stellvertretender Managing Editor den HB-Newsroom. „Mit diesem Wechsel wollen wir die Verzahnung von Print- und Online-Ausgabe weiter vorantreiben. Für die noch junge und sehr engagierte Online-Mannschaft bedeutet das eine deutliche Verstärkung“, ließ HB-Chefredakteur Gabor Steingart zum Wechsel verkünden.

Kolfs alten Posten übernimmt der bisherige Desk-Chef des Ressorts Finanzen & Börsen, Grischa Brower-Rabinowitsch (40), ihm folgt Nicole Bastian (37), zuvor Redakteurin im Meinungsressort.

Umsteiger

Eine Art Persönlichkeitsspaltung lässt einige Rundfunkräte mosern: Da gelingt es der ARD, mit Günther Jauch (bis zum 13.7. noch 53) den beliebtesten Moderator Deutschlands zu verpflichten, und einige „Gremlins“ (Jauch, allerdings 2007) nörgeln, dass nur der „halbe Jauch“ ins Öffentlich-Rechtliche wechselt, nämlich der i-Jauch, der Informations-Jauch, während der Unterhaltungs-Jauch weiter bei RTL Millionenfragen stellt. Ja, sollte er das denn auch noch im Ersten tun? Mit dem u-Jauch hat die ARD bereits eher durchwachsene Erfahrungen gemacht: Für seine erste Fernsehsendung „Rätselflug“ sprang er Anfang der 80er in den Rhein, jagte irgendwelchen Schätzen hinterher und hing an den Kufen eines Hubschraubers. „Wenn ich nur einen Krampf in den Händen bekommen hätte, wäre das mein Ende gewesen“, erinnert er sich. Das Konzept: Kandidaten im Studio starrten auf einen Monitor, u-Jauch, ihr Vasall und Außenreporter, folgte Anweisungen und hetzte durch weit entfernte Klöster und Höhlen, durch Sri Lanka und Indien etwa. „Teutonische Schnoddrigkeit“ attestierte ihm die „Neue Zürcher Zeitung“, weil er einen buddhistischen Mönch zur Eile antrieb. Der „Tagesanzeiger“ schrieb: „Frech, rücksichtslos, anmaßend und dumm.“ Und der „Spiegel“ nannte u-Jauchs TV-Frühwerk einen „peinlichen Auftritt“ des „rotierenden Reporters“. Die Sendung wurde schnell abgesetzt – Jauchs größte Karrierebruchlandung.

Alles lange her, zugegeben, aber vielleicht konzentriert sich die ARD erst mal auf das Konzept der neuen Polit-Show und darauf, einen neuen Sendeplatz für die brüskierte Anne Will zu finden, bevor sie den ganzen Jauch holt. Weitere Aufträge für dessen Produktionsfirma (im Jahr 2000 gegründet, 60 feste Mitarbeiter) sind ja nicht ausgeschlossen. Die zweiteilige Show zum 60. ARD-Jubiläum setzte die Firma im April bereits in Szene. Der Name des Unternehmens: „i&u Information und Unterhaltung“.

Der Liebe wegen wechselt er die Seiten: Ralph Kotsch (49) kehrt am 6. September zur „Berliner Zeitung“ zurück. „Ich hatte die Wahl zwischen einem sehr guten Job bei der ‚Berliner Zeitung‘ und einem sehr guten Job beim rbb“, sagt der Noch- Unternehmenssprecher des Rundfunk Berlin Brandenburg: „Grund dafür war meine Liebe zum Print.“ Bei der „Berliner Zeitung“ arbeitete Kotsch bereits bis 2007, als Leiter des Medienressorts. Mitten in der „Heuschrecken-Zeit“, als der Berliner Verlag zum britischen Finanzinvestor Montgomery gehörte und Rendite abgewogen wurde gegen Recherche, verließ Kotsch die Zeitung für ein Angebot des rbb. „Die Situation damals war unruhig und unschön, aber ich bin nicht geflüchtet“, sagt er. Mit seinen ehemaligen Kollegen hatte Kotsch als Pressesprecher weiterhin zu tun – nur: „Als Medienjournalist kannte ich die Kollegen alle, doch plötzlich standen wir auf unterschiedlichen Seiten der Barrikaden“, sagt Kotsch.

Als stellvertretender Chefredakteur steigt er nun bei der „Berliner Zeitung“ wieder ein und übernimmt zudem das Ressort Berlin/Brandenburg.

Das ist vakant, seit Hartmut Augustin im Juni als Chefredakteur zur „Mitteldeutschen Zeitung“ gewechselt ist.

Viel mitnehmen wird Kotsch nicht von seinem Ausflug in die PR-Welt. Zwar „hilft es imme
r, wenn man die andere Seite kennt“, sagt er, aber „ein Pressesprecher, der die Tricks von Journalisten kennt, profitiert mehr als umgekehrt“. Schade.

Er hat sich überflüssig gemacht und alle freuen sich darüber: „Was für mich zu tun war, ist getan“, sagt Klaus Ebert (56), und das in weniger als einem Jahr. Die extra für ihn geschaffene Position des Programmdirektors bei „Bild“ sollte die Bewegtbild-Offensive der „Bild“ einläuten. Jetzt heißt es: „Wenn Projekte auf den Weg gebracht werden und schließlich laufen, kann es durchaus vorkommen, dass sich ein Posten erübrigt“, sagt Springer-Sprecher Tobias Fröhlich. Ebert, zuvor bei RTL, hatte für den Springer Verlag seit 2006 den Video-Dienstleister „Axel Springer Digital TV“ aufgebaut und in die Bild-Gruppe integriert. Zuletzt kümmerte er sich um das Web-TV-Angebot der „Bild“, das künftig von Daniel Durst (34) geleitet wird.

Beide Seiten werden nicht müde, den Abgang Eberts als Erfolg zu verkaufen: „Der Verlag und ich sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagt Ebert. Er will sich nun selbständig machen – womöglich zusammen mit Andreas Fritzenkötter, dem ehemaligen Pressechef des Bauer-Verlags, mit dem er sich „bisher schon in professionellen Belangen gut ergänzt“habe, wie Ebert bestätigt.Doch noch sei er unter Vertrag und habe „gern und gut damit zu tun, mich um aktuelle und zukünftige Projekte für Axel Springer zu kümmern. Da sehe ich dann aber auch eine Menge Arbeit, die getan werden muss“.

Lob & Preis

Ina Ruck, Leiterin des ARD-Büros Moskau, und ihr Kollege Stephan Stuchlik wurden für ihren Beitrag „Mord in Moskau – Wer erschoss Stanislaw Markelow?“ mit dem Liberty Award 2010 geehrt.

„Der Beitrag wirft nicht nur ein bezeichnendes Licht auf die russische Justiz … Er lässt den Zuschauer mit einem tiefen Respekt für die Arbeit jener Männer und Frauen zurück, die sich in Russland unter täglicher Gefahr für Leib und Leben für die Menschenrechte einsetzen und sich nicht einschüchtern lassen“, hieß es in der Begründung.

Nominiert waren außerdem:Susanne Babila, Hörfunk- und Fernsehjournalistin/ARD („Im Schatten des Bösen: Der Krieg gegen die Frauen im Kongo“)

Wolfgang Bauer, freier Journalist („Focus“/“Geo“/“National Geographics“ und „Greenpeace Magazin“) und Susanne Koelbl, Auslandsreporterin des „Spiegel“.

Info: www.liberty-award.de

Gratulation

Walter J. Schütz, der „Vater der modernen deutschen Pressestatistik“ und Urheber des Begriffs „Publizistische Einheit“ – also der Zeitungstitel, die einen eigenen Mantel haben und von einer Vollredaktion produziert werden – wird am 27. Juli 80 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

Erschienen in Ausgabe 07+08/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 58 bis 58. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.