Verurteilte Vertragsklauseln

Zuletzt setzte es vor Gericht ein paar saftige Niederlagen für Verlage: Die Vertragsbedingungen von Springer, Bauer und dem Zeit-Verlag hielten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu weit ging den Richtern der Ausverkauf an Rechten durch die so genannten Total-Buy-Out-Klauseln. Die Folge: Auch freie Journalisten müssen sich mit dem Rechtemanagement beschäftigen, wenn sie von den Urteilen profitieren wollen.

Die Fakten:

Auf die Klagen der Gewerkschaften DJV und DJU sowie des Fotografenverbands Freelens hin erklärten Gerichte in Hamburg und Berlin Klauseln in den AGB von Springer, Bauer und dem Zeit-Verlag für ungültig. Die Richter monierten immer wieder dasselbe: Die Kombination aus einmaliger, pauschaler Honorarzahlung und äußerst weit gehender Rechteabtretung (Total-Buy-Out) – zum Teil auch für die Vergangenheit, zum Weiterverkauf an Dritte und für unbekannte Nutzungsarten – sei unangemessen.

Ebenfalls kein Verständnis hatten die Richter für eine Klausel, nach der Schadenersatzansprüche wegen unterlassener Urhebernennung ausgeschlossen sein sollten, auch wenn sie auf fahrlässigem Verhalten des Verlags beruhten, sowie die Bestimmung, wonach Fotografen für Ansprüche aufgrund der Bildveröffentlichungen gegen den Verlag einstehen sollten. Auch eine besonders freche Klausel wurde kassiert: Bei dem eher nicht für Pulitzerpreis-verdächtige Magazine bekannten Bauer-Verlag sollte bei der Honorargestaltung auch das „Renommee des Objekts“ einfließen – natürlich zu Lasten des Urhebers.

Die Rechtslage:

Die Linie der Richter ist klar: Die Angemessenheit eines Honorars bestimmt sich nicht nur nach der Höhe, sondern auch nach der Reichweite der Rechte, die hierfür abgegeben werden – und ein Pauschalhonorar ist in der Regel nicht angemessen, wenn es um Total-Buy-Out-Klauseln geht bzw. die Urheber an der späteren Weiterverwertung eines Werks durch die Verlage nicht mehr beteiligt werden. Die Verlage stehen damit vor der Wahl, entweder höhere Honorare zu zahlen, oder sich bei den eingeräumten Rechten auf das zu beschränken, was sie zur wirtschaftlichen Auswertung wirklich brauchen. Für freie Journalisten haben die Urteile den Verhandlungsspielraum erhöht – wenn schon nicht bei der Höhe des Honorars, dann jedenfalls bei Umfang und Reichweite der abgetretenen Rechte.

Die Folgen:

Die Chancen stehen recht gut, dass freie Journalisten künftig nicht mehr jedem Verlag alle denk- und undenkbaren Rechte an ihren Texten oder Bildern abtreten müssen. Verlag A hat keine Web-Präsenz? Dann ist eine Abtretung der Online-Rechte vielleicht nicht nötig. Verlag B betreibt keine Syndizierung? Dann muss er seine Nutzungsrechte auch nicht an Dritte übertragen. Für den Journalisten bedeutet dies: Er kann mehr Rechte bei sich behalten. Damit er davon etwas hat, muss er sich dann aber auch um die wirtschaftliche Verwertung kümmern. Da die eingeräumten (und damit auch die einbehaltenen) Rechte von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich sein dürften, werden Freie auf Dauer um eine professionelle Verwaltung ihrer Rechte nicht herumkommen. Nur so lassen sich Ansprüche, die aus Vertragsverstößen resultieren, geltend machen. Und nur so kann mittels einer sinnvollen Zweitverwertung auch finanziell ein Vorteil aus der urheberfreundlichen Rechtsprechung gezogen werden. Eine digitale Datenbank, die die veröffentlichten Texte den jeweiligen Rechtsklauseln zuordnet, hilft hier schon weiter. Noch besser: Eine regelmäßige (automatische) Websuche: So lassen sich rechtswidrige Kopisten genauso entdecken wie Verlage, die ihre vertraglich eingeräumte Befugnis zur Weitergabe überschreiten. Solche Rechtsverstöße können bares Geld wert sein.

Link:tipp

Tools zur Textkontrolle im Internet

* Weblösungen:

http://searchenginereports.net/articlecheck.aspx

www.duplichecker.com/

www.ithenticate.com/services.html (kostenpflichtig)

* Software-Lösungen:

(professionelle, kostenpflichtige Angebote, die aber mehr als eine Eingabemaske bieten.)

www.plagiarism-detector.com/

www.canexus.com/eve/

Erschienen in Ausgabe 07+08/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 52 bis 52 Autor/en: Stephan Zimprich. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.