Washington. Fällt der Begriff „troll“, dann verzieht die junge Online-Redakteurin das Gesicht. „Wo soll ich beginnen?“, fragt sie rhetorisch und erzählt dann aus dem Redaktionsalltag einer Regionalzeitung in Florida. Ein „troll“ ist keine skandinavische Mythenfigur; der Begriff wird in der Branche für diejenigen Internet-Surfer benutzt, die mit provokativen Kommentaren nerven. Am schlimmsten seien nicht die Rassisten und Sexisten, sagt die Online-Redakteurin – deren Kommentare werden durch eine ausgeklügelte Software und aufmerksame Moderatoren („mods“) gefiltert. Mühsam seien diejenigen Leser, die sich nicht an das vorgegebene Thema hielten. „In einem Artikel über die Primaries wettert ein Leser dann plötzlich gegen die Stadtregierung“, erzählt die Online-Redakteurin. Und die höfliche Aufforderung, sich doch an die „Netiquette“ zu halten, verpufft meist ungehört im weltweiten Netz.
Doch nun haben die Betreiber von Nachrichten-Seiten die Nase voll – zunehmend wollen Publikationen von ihren Lesern mehr als eine E-Mail-Adresse sehen, bevor diese Kommentare schreiben dürfen. Zum Beispiel das Lokalblatt „The Buffalo News“(New York). „Wir haben eine Gruppe von anonymen Flammenwerfern geschaffen“, stellt Redakteur Grove Potter fest. Deshalb änderte die Zeitung, die zum Imperium von Warren Buffett gehört, diesen Sommer ihre Politik: Kommentieren darf seit dem 2. August nur noch, wer mit seinem vollen Namen und seinem Wohnort zu seiner Meinung steht. Die Leser müssen ein Formular ausfüllen, in dem Wohnadresse und Telefonnummer verlangt werden. Diese werden überprüft, bevor der Account freigeschalten wird. „Wir hoffen, dass wir so die Qualität des Diskurses verbessern“, sagt der Online-Redakteur Brian Connolly.
http://verify.buffalonews.com/
Erschienen in Ausgabe 09/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 14 bis 14. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.