Wenn Journalisten Behördenkrams sichten

Kopenhagen. Den Politikern in Dänemark wurde während der vergangenen Monate besonders genau auf die Finger geschaut – vielleicht lag es daran, dass Journalisten während des Sommerlochs so viel Zeit haben. Dazu muss gesagt werden, dass Journalisten in Dänemark Einblick in viele öffentliche Dokumente gewährt bekommen müssen.

Der Skandal des Sommers war jener um Einkommen, Steuerpflicht und Wohnsitz des Paares Helle Thorning-Schmidt und Stephen Kinnock. Nein, das gehört sich nicht, was das schillernde Spitzenpaar der dänischen Sozialdemokratie sich leistete. Erst recht nicht für Vertreter der Linken. Kinnock, Sohn des ehemaligen britischen Labour-Chefs, und seine Ehefrau, die Spitzenkandidatin der dänischen Sozialdemokraten, haben das dänische Justizministerium angeschummelt. Strafanzeige ist bereits erstattet worden. Thorning-Schmidt schrieb im Herbst 2009 in einem Brief an das Ministerium, dass ihr Mann zwar in der Schweiz arbeite, aber jedes Wochenende in Dänemark sei. Der Brief, den eine Boulevardzeitung ausgrub, war nötig, um die Behörde davon zu überzeugen, dass Kinnock, obwohl Brite, in Dänemark als Miteigentümer des gemeinsamen Hauses registriert werden darf. Das Pikante an der Sache: Gegenüber dem dänischen Finanzamt hatten die beiden aber argumentiert, Kinnock sei nur rund 30 Wochenenden im Jahr in Dänemark und könne deshalb im Niedrigsteuerland Schweiz Steuern zahlen statt in Dänemark, wo er sicher mehr als die Hälfte seines Einkommens abgeben müsse.

Ohne das dänische Öffentlichkeitsprinzip, das übrigens nicht einmal so weit geht wie das schwedische, wäre die Geschichte vielleicht nie ans Licht gekommen.

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Erschienen in Ausgabe 09/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 14 bis 14. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.