Hallo, wie geht’s?

Mit der Arbeit der DuMont-Redaktionsgemeinschaft („Rege“) verhält es sich derzeit umgekehrt proportional zur Außendarstellung der DuMont-Verlagsspitze – diese versinkt im Streit, jene bekommt nach einer turbulenten Umbauphase Routine. Die Konzernführung geriet in helle Aufregung, weil Patriarch Alfred Neven DuMont (83) und Sohn Konstantin (41) ihren Streit ums Erbe teils öffentlich austrugen. Weil der Filius in einer bizarren Blog-Affäre im Verdacht stand, wüste Kommentarbeiträge zu verfassen und mit sich selbst zu diskutieren – was er bestreitet. Und weil erneut Berichte laut werden, bei der „Frankfurter Rundschau“ würden Stellen abgebaut. Da haben die DuMont-Verantwortlichen eine Menge zu tun.

Die Arbeitstage von Rege-Chefin Brigitte Fehrle hingegen werden langsam kürzer, meist kommt sie gegen 19 Uhr raus. „Inzwischen schaffe ich es auch wieder zu Hintergrundgesprächen und Außenterminen“, sagt sie. Den CDU-Parteitag etwa kommentierte sie aus Karlsruhe, nicht vom Schreibtisch aus. In den Konferenzen vertritt sie dann ihr Kollege Holger Schmahle, ihre Deskchefin Mira Gajevic kümmert sich ums Tagesgeschäft. „Die Strukturen haben sich eingespielt“, sagt Fehrle.

Vieles habe sich normalisiert nach dem manchmal improvisierten Start, als die Rege loslegen musste, noch bevor die Umzugskartons ausgepackt und kaum dass die Computer angeschlossen waren. Jetzt können ihre Leute die Texte direkt in Artikelkartons von „Berliner Zeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ schreiben, deren Politik- und Wirtschaftsteile die Rege bestückt – mühsames Umkopieren und Mailen ist nicht mehr nötig. Mittlerweile machen auch DuMont-Volontäre regulär Station bei Fehrles Team, Praktikanten jedoch nicht. Ob sie das ändern will, darüber ist sich die Chefin noch unschlüssig: Praktikanten seien unterschiedlich gut, sagt sie, und wenn einer mittelmäßige Texte liefere, könne sie die nicht unterbringen. „Ein Praktikum ohne Veröffentlichung bedeutet aber für einen jungen Kollegen nur Frust, und für uns wäre die Betreuung zusätzliche Arbeit.“

Auch die Absprachen mit den Haupthäusern funktionieren – meistens jedenfalls. Pannen verbucht die Chefin als „klassisches Missverständnis, menschliches Versagen, das überall vorkommt und sich nie ganz vermeiden lässt“. Etwa als ein Kollege vergessen hatte, einen Text an den „Kölner StadtAnzeiger“ zu mailen. Und die Kölner Kollegen dann kurz vor Druck aufgeregt bei Fehrle auf dem Handy anriefen, die wiederum von unterwegs dafür sorgte, dass der Text in Berlin doch noch auf den Weg gebracht wurde. „Keine Zeitung musste bisher mit weißen Seiten erscheinen“, sagt sie.

Die DuMont-Blätter „Kölner StadtAnzeiger“ und „Mitteldeutsche Zeitung“ (MZ) bekommen nämlich auch Rege-Texte – allerdings dürfen die dortigen Politikredaktionen nicht mitbestimmen.

Sie erhalten jeden Tag gegen halb eins lediglich den „Speisezettel“, wie er intern heißt, auf den sich die Rege mit FR und „Berliner“ in der gemeinsamen Schaltkonferenz geeinigt hat: Er hält fest, welcher Autor sich um welches Thema in welcher Länge und in welcher Form kümmert. Wenn ein Text ins eigene Konzept passt, können ihn die Kollegen aus Köln und Halle bei der Rege bestellen. „Ob und wann wir auch konzeptionell auf ‚StadtAnzeiger’ und MZ zugeschnittene Texte liefern, ist noch völlig offen“, sagt Fehrle, „ein Projekt fürs kommende Jahr.“

Zu Gerüchten, die gesamte überregionale FR-Berichterstattung solle in Berlin gebündelt werden angesichts anhaltender Verluste, sagt sie nichts. Aber sie stellt auch klar: „Die Redaktionsgemeinschaft will nicht wachsen.“ Die vorerst letzte Neueinstellung war Matthias Thieme, der seit dem

1. Oktober für „Investigative Recherche“ zuständig ist und erstmal nach Gorleben fuhr, um über die Atomproteste zu berichten. „Damit ist unser Team komplett.“

Serie: So wie wir ein Jahr lang die Startphase der Gemeinschaftsredaktion der G+J-Wirtschaftstitel begleitet haben, berichten wir an dieser Stelle seit Juni 2010 regelmäßig über die Arbeit der neuen DuMont-Redaktionsgemeinschaft (Start: 26. April) .

Erschienen in Ausgabe 12/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 10 bis 11. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.