Bratwurst vs. Sushi

Japaner sind bekannt dafür, dass sie feines Essen schätzen. Daher hatte ich so meine Zweifel, wie im Land von Sushi, Sashimi und Shabu-Shabu die im Vergleich doch eher deftige deutsche Küche ankommen würde. Aber Auftrag ist Auftrag, und das Magazin “Fluter” hatte Fresskörbe um die Welt geschickt, um ausländische Geschmacksnerven auf die Probe zu stellen. Leider kamen die Schweinskopfsülze, das Rotkraut und der Lebkuchen nie bei mir an. Streifzüge durch die teuersten Delikatessengeschäfte Tokios retteten das Projekt und an einem völlig verregneten Novemberabend konnte ich einer japanischen Familie endlich deutsches Essen auftischen. Zugegeben, ich war doch nervös bei dem Termin am heimischen Herd. Würden meine japanischen Gäste, die sich durch Sturm und Regen zu mir gekämpft hatten, nur aus Höflichkeit Bratwurst und Pumpernickel kosten? Zur Vorsicht standen im Kühlschrank einige Bento-Boxen bereit. Darauf blieb ich indes sitzen. Das herzhafte deutsche Essen war offenbar genau das Richtige für einen kalten Wintertag, da urteilen japanische Mägen nicht anders als deutsche. “Oishii” (Lecker), lobten meine Gäste ein ums andere Mal und spachtelten alles auf. Wie und wann der Termin endete, sei hier verschwiegen. Nur eine Frage bleibt: Hat dem japanischen Postler das Essen aus dem nie gelieferten Fresskorb ebenso gemundet?

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Erschienen in Ausgabe 01+02/2010 in der Rubrik „Rubriken & Kolumnen“ auf Seite 43 bis 43 Autor/en: Hilja Müller, Tokio. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.