Wie geht’s, Herr Klusmann? (Teil 7*)

Vom Schönreden und Schonprogramm hält Steffen Klusmann wenig; schließlich wird er als Chefredakteur der Gruner+Jahr Wirtschaftsmedien („FTD“, „Capital“, „Impulse“, „Börse online“) auch nicht geschont – weder vom eigenen Chef noch von den Mitarbeitern. Ende 2009 erst sagte G+J-Vorstand Bernd Buchholz, dass es keine Bestandsgarantie für die „FTD“ gebe. Und Klusmanns Politik-Ressortleiter Andreas Theyssen klagte über die Arbeit in der fusionierten Redaktion: Seine Leute arbeiteten am Limit, .hätten nur noch eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Klusmann bestreitet das nicht, macht sich beides sogar zu eigen: „Eine Bestandsgarantie kann es in Krisenzeiten wie diesen nicht geben.“ Und: „Ja, wir arbeiten am Limit.“ Aber es hilft nichts, darüber zu klagen, findet er: „Da müssen wir nun mal für eine Weile durch, bis die Zeiten wieder besser werden. Die Krise beweinen ist keine Alternative.“ Das halte man schon mal zwei Jahre durch, sagt er und meint damit auch sich selbst.

Einige ehemalige Kollegen von „Capital“ und „Impulse“ haben sich mittlerweile entschieden, zu gehen, weil sie weder ganz nach Hamburg ziehen noch weiter pendeln wollten. Von viereinhalb Stellen ist die Rede. „Ich hatte befürchtet, es würden mehr gehen“, sagt Klusmann und betont, er sei „positiv überrascht“, dass es nur so wenige sind. Aber der Verlag könne nicht unbegrenzt Pendlerwohnungen und Bahnfahrten bezahlen.

Hoffen lässt Klusmann, dass die ersten Prognosen um die 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum für 2010 voraussagen. Auch wenn man damit noch weit von Vor-Krisen-Zeiten entfernt sei, die Dynamik sei entscheidend. Klusmann jedenfalls hofft auf größere Werbe-Etats und eine Erholung des Geschäfts, spricht sogar davon, die defizitäre „FTD“ könnte endlich an die Gewinnzone heranrücken. Denn durch die Fusion zur Zentralredaktion spart der Verlag laut Klusmann einen hohen einstelligen Millionenbetrag pro Jahr, bei einem ähnlichen Umsatzniveau wie 2008 wäre die lachsfarbene Zeitung endlich profitabel.

Über neue Geschäfts- und Bezahlmodelle, auch im Internet, denkt er zwar nach („Wir bauen da was“), will sich aber nicht festlegen, auch wenn G+J plant, einen kostenpflichtigen Online-Kiosk aufzubauen. Erst mal beobachten, was die Konkurrenz treibt, findet er, etwa das „Handelsblatt“, das im Herbst ein Online-Abo eingeführt hat. Grundsätzlich glaubt Klusmann, dass es Wirtschaftsmedien leichter fällt, Geld für ihre Netz-Inhalte zu verlangen. „Für reine Nachrichten und für Kommentare zahlt kein Mensch, für gute Analysen und exklusive Informationen schon eher.“ Er persönlich halte Abo- und Flatrate-Varianten bei Nachrichten-Sites für die beste Lösung. Micropayment-Modelle, bei denen Leser für einzelne Texte zahlen, taugen aus seiner Sicht eher für Magazinseiten: „Bei ‚Capital’ kann ich mir das gut vorstellen, da macht eine Online-Abo-Fee wenig Sinn.“

Bei Redaktionsschluss des „Medium Magazins“ sah es so aus, als könnte Klusmann zum Jahreswechsel noch eine gute Nachricht verkünden: Der Testballon „Business Punk“ wurde nicht abgeschossen, 2010 sollen zwei weitere Ausgaben des deftigen Wirtschaftsmagazins folgen. Ein Schonprogramm wird das für die Redaktion allerdings auch nicht: Gerade mal eine Stelle soll für das Heft geschaffen werden. otr

* In der Rubrik Projekt beobachtet und hinterfragt „medium magazin“ regelmäßig die Entwicklung in der neuen Groß-Wirtschaftredaktion von G+J seit ihrem Start im März.

Erschienen in Ausgabe 01+02/2010 in der Rubrik „Rubriken & Kolumnen“ auf Seite 10 bis 10. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.