Zzwei Abschiede waren es, die der Ehrung der Journalisten des Jahres 2009 ihren Stempel aufdrückten ein ungewollter und einer, von dem bei der Feier noch niemand wusste, dass er bevorsteht. Und eine Absage, nämlich die von Kai Diekmann, der für sein Blog als Unterhaltungsjournalist des Jahres ausgezeichnet werden sollte, aber lieber für die Berichterstattung zur Kundus-Affäre gelobt worden wäre und deshalb gar nicht erst ins Deutsche Historische Museum kam, wo rund hundert Medienmacher bei Prädikatsweinen und geschmorten Kalbsbäckchen den Lob- und Dankesreden lauschten. Statt Diekmann sprach Preisträger Martin Sonneborn und sorgte für die meisten Lacher, weil er für sich reklamierte, als Herausgeber von Titanic das anzeigenfreie Magazin erfunden zu haben als Vorreiter der Branche …
Ungewollt war der Abschied Nikolaus Brenders beim ZDF, der als Journalist des Jahres ausgezeichnet wurde. Den Preis persönlich entgegennehmen konnte er wegen einer Herzklappen-OP nicht. Aber er ließ Claus Richter (Frontal 21) in seinem Namen ausrichten, er sehe die Auszeichnung als Ermutigung für alle Journalisten im öffentlich-rechtlichen System, die ihre unabhängige Arbeit leisten und sich nicht durch politischen Druck verunsichern lassen. Inzwischen genesen, legte Brender später im Spiegel noch mal drauf, als er gegen das senderinterne Spitzelsystem und inoffizielle Mitarbeiter wetterte.
An jenem Abend in Berlin freute sich manchen besonders über eine Passage in der Rede von Lebenspreisträger Helmut Markwort die, in der er seinem Nachfolger versprach: Ich werde ein guter, vornehmer Herausgeber sein. Ich werde mich in das Tagesgeschäft nicht einmischen. Mehr noch: Im Sommer wird er sich sogar tot stellen. Im Juli und August spielt er nämlich den Tod in der Jedermann-Aufführung des Frankfurter Volkstheaters.
Weniger von Freude als von tiefer Besorgnis sprach der Chefredakteur des Jahres, Bernd Ziesemer vom Handelsblatt, der an diesem Abend schon gewusst haben muss, dass es seine Abschiedsrede an die Branche sein würde: Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Angst um unseren Berufsstand, sagte er. Es gebe nur noch eine kleine Spitze von Qualitätsmedien, und auch die seien zum ersten Mal in einer sehr gefährlichen Situation. Das Sparen gehe an die Substanz. Was er nicht sagte: Dass er im Herbst zu Hoffmann und Campe wechseln wird, um Unternehmen bei der Entwicklung glaubwürdiger und effektiver Kommunikationslösungen zu helfen, wie es wenige Wochen später hieß.
Davon wusste an dem Abend noch niemand, aber effektiv kommuniziert, haben die meisten Gäste auch so.
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Erschienen in Ausgabe 03/2010 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 87 bis 87 Autor/en: Oliver Trenkamp. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.