Die Agenturen und das iPad

Franz Sommerfeld ist ein Freund direkter Worte. Als Vertreter von Nachrichtenagenturen und Zeitungshäusern im Mai über die Zukunft des News-Geschäfts diskutierten, sagte der für die Redaktionen zuständige Vorstand der DuMont-Gruppe, angesprochen auf das iPad: „Wir sind auf der Suche nach einem Weg, einerseits die Beständigkeit unserer Zeitungstexte zu bewahren, andererseits aber in unsere Produkte die Aktualität des Internets einzubauen. Da erwarten wir von den Agenturen eigene Lösungsvorschläge. Die sind bisher ausgeblieben.“ Tatsächlich arbeitete da allerdings Meinolf Ellers mit einem zwölfköpfigen Team bereits an entsprechenden Branchenlösungen – die indes zum Start des iPads in Deutschland Ende Mai nicht parat waren. Sommerfelds Schelte traf den Kern.

Ellers, Chef des dpa-Ablegers Infocom, will erst im Juni einige mögliche iPad-Apps zur Schau stellen. Teil des Angebots, das Verlage dann adaptieren können, wird ein Fanzine sein: Ein interaktives Magazin etwa für lokale Sportvereine, das sich auf das Experiment einlässt, Live-Ticker, Ergebnismeldungen und Communities mit Erklärstücken, opulenten Interviews und aufwändigen Recherchen zu versöhnen, mit denen bisher Printprodukte glänzten. Das iPad soll das möglich machen.

Während Magazine wie „Spiegel“, „Focus“ und „brand eins“, aber auch Tageszeitungen wie die „Welt“ dann schon länger mit eigenen iPad-Varianten im Geschäft sein werden, kommt die dpa für manche Verlage reichlich spät. Unter den Nachrichtenagenturen, die ihre Nebentätigkeiten als IT-Unternehmen seit Jahren ausbauen, dürfte die dpa jedoch trotzdem die erste sein: ddp/DAPD stellt „multimediale Branchenlösungen“ lediglich unkonkret für die „absehbare Zeit“ in Aussicht. Und auch beim deutschen Dienst der Agence France-Presse (AFP) heißt es nebulös, es werde „in Paris an entsprechenden Produkten gearbeitet“.

Die AFP war wiederum von allen Agenturen hierzulande die erste, die auf dem iPhone Präsenz zeigte: Verlage können eine Grundstruktur lizenzieren, ihr die eigene Marke überstülpen und die App nach Belieben mit einem Mix aus eigenen Inhalten und AFP-Material bespielen. Um Individualisierung und die Distribution über den Apple-Store kümmert sich die Agentur. Erster bestätigter Kunde ist die „Frankfurter Neue Presse“. Ein Feld, das dpa-Infocom laut Ellers gar nicht erst beackern will. dan

Erschienen in Ausgabe 06/2010 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 25 bis 25. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.