Medienboom in Krisenzeiten

Reykjavik Dass die Finanzkrise Island mit voller Wucht getroffen hat, ist bekannt. Die Krise aber führt dazu, dass neue Bewegung entsteht: im Medienmarkt.

Plötzlich nämlich gibt es auf Island diverse Initiativen in der Branche. So arbeitet Frida Gardarsdottir derzeit an einer völlig neuen Zeitung. Eine erste Ausgabe wird derzeit als pdf vorbereitet – für die Investorensuche, später soll das Blatt dann gedruckt erscheinen. Lilja Skaftadóttir ist da schon weiter. Die Kunsthändlerin hat mit Journalisten und anderen Investoren die isländische Boulevardzeitung „DV“ übernommen, nur wenige Tage bevor der Untersuchungsbericht zu den Ursachen der Krise erschienen ist. „So haben wir glücklicherweise garantieren können, dass das einzig verbliebene unabhängige Blatt genug Geld hat, um ausführlich über den Bericht zu schreiben“, sagt sie. Die Traditionszeitung „Morgunbladid“ wird nämlich mittlerweile von Chefredakteur David Oddsson geführt – und der war vor und während der Krise Regierungschef, Außenminister und dann Chef der Zentralbank. Aufklärung unerwünscht.

Das zweite Blatt „Frettabladid“ ist unabhängiger, gehört aber Jón Asgeir Jóhannesson, der Teil der Bankerelite war. Auch Skaftadóttir lässt sich politisch einordnen: Sie war bei den Sozialdemokraten und der Bürgerbewegung engagiert. Ihre politischen Präferenzen sollen journalistisch keine Rolle spielen: „Ich habe keinen Einfluss auf die Redaktion“, sagt sie.

Bereits Anfang des Jahres machte die „Icelandic Modern Media Initiative“ von sich reden. Diese ist gegründet worden, um aus Island eine Insel der Pressefreiheit zu machen. Meinungs- und Informationsfreiheit sollen bestens geschützt werden. Journalisten wie sogenannte Whistleblower sollen nichts zu befürchten haben. Hier, mitten im Nordatlantik, könnten beispielsweise Computerserver von Seiten wie Wikileaks angesiedelt werden, die auf Island vor Beschlagnahmung geschützt wären.

www.dv.is

Erschienen in Ausgabe 06/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 13 bis 13 Autor/en: Clemens Bomsdorf. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.