Wie stehen Sie zu der Forderung nach Präzisierung des Pressekodex, was z. B. den Umgang mit Sonderveröffentlichungen und Verlagssonderbeilagen betrifft? Was halten Sie von der WAZ-Konsequenz, künftig auf solche Bezeichnungen zu verzichten und so etwas stets als „Anzeige“ zu deklarieren?
Bernd Hilder: Eine Präzisierung ist nicht notwendig, da es sie bereits gibt: Die Richtlinie 7.3 lautet „Sonderveröffentlichung“ und sagt genau das, was beispielsweise Herr Wolff fordert: „Redaktionelle Sonderveröffentlichungen unterliegen der gleichen redaktionellen Verantwortung wie alle redaktionellen Veröffentlichungen. Werbliche Sonderveröffentlichungen müssen die Anforderungen der Richtlinie 7.1 beachten.“
Die WAZ hätte diese Art der Veröffentlichungen schon immer als Anzeige kennzeichnen müssen – sowohl aus presserechtlicher als auch aus presseethischer Sicht. Die Klarstellung, die sie nun vornimmt, ist zu begrüßen.
Stimmen Sie dem zu, was Prof. Wolff (s.Kasten links) fordert: „Verzicht auf Produktvergleiche die nicht von der Stiftung Warentest erstellt wurden, Verzicht auf lokale Experten oder Verzicht auf provisionsträchtige Links im Internet“?
Warum sollte nur die Stiftung Warentest in der Lage sein, unabhängige Tests durchzuführen? Ich halte diese Forderungen für überzogen und nicht zielführend, denn Produktvergleiche können sehr wohl auch von anderen durchgeführt werden, ohne automatisch in den Ruch zu kommen, kommerziell zu sein. Es kommt nicht unbedingt darauf an, wer den Test durchführt, sondern wie er ausgeführt wird. Der Stiftung Warentest eine Monopolisierung von produktvergleichenden Tests zuzubilligen, wäre kontraproduktiv. Auch die Forderung, auf lokale Experten zu verzichten, ist nicht logisch, denn auch lokale Experten können sehr wohl unabhängig Tests durchführen und darüber berichten. Genauso können national bekannte Experten von Interessen geleitete Urteile abgeben. Auch hier kommt es darauf an, in welchem Kontext und in welcher Form lokale oder überregionale Experten zu Wort kommen.
Zu der Frage nach „provisionsträchtigen Links“: Wenn dieser Begriff bedeutet, dass für einen Link Geld fließt oder geflossen ist, dann ist dies Werbung und muss ganz klar als solche gekennzeichnet sein. Ist er als Werbung gekennzeichnet, muss man auch nicht darauf verzichten.
Die Statistik zeigt eine Zunahme an Beschwerden.Reichen da die bisherigen Instrumente des Presserats?
Nach unserer Auffassung reichen die Instrumente des Presserats sehr wohl aus. Sie werden ja angewendet und führen im Falle einer berechtigten Beschwerde zu Maßnahmen bis hin zu Rügen. Die Statistik weist allerdings sehr schwankende und nicht nur steigende Fallzahlen aus: 2005 waren es nur 29 Beschwerden, die im Beschwerdeausschuss behandelt wurden, 2007 jedoch (als bisheriger Höhepunkt) 72 Beschwerden, 2010 wiederum nur 48. Die Anzahl der Rügen bezüglich Ziffer 7 ist in der Tat recht hoch – verglichen mit der Anzahl der behandelten Beschwerden –, da wir schwere Verstöße gegen die Ziffer 7 nicht nur mit einem Hinweis versehen, sondern eben rügen. Zudem hat Prof. Wolff mit seinem Seminar hier einen guten Riecher bewiesen und hat durch seine letzten elf eingereichten Beschwerden, die sich alle gegen Ziffer 7 wandten, auch elf Rügen erwirkt.
Erschienen in Ausgabe 04+05/2011 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 25 bis 25. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.