Verleger Hubert Burda bekam zum 70. einen eigenen Youtube-Kanal, eine Facebook-Seite hat er auch. „Focus“-Chef Weimer postet in seinem Facebook-Profil, „Welt“-Chef Jan-Eric Peters twittert noch dazu, ebenso wie „@RZChefredakteur“ Christian Lindner: Fast alle deutschen Medien sind in diesen Netzwerken präsent – und nutzen die Kanäle mindestens als Newsletter für ihre neuen Geschichten.
Doch viele offensichtlich ohne große Lust. Für knapp 40 Prozent der Journalisten rangieren die Kanäle zwischen „notwendigem Übel“ und „Nervkram“. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie von „Faktenkontor“ und dpa-Tochter „news aktuell“, die gerade Journalisten befragten, wie sie diese digitalen Netzwerke nutzen. Der Vollständigkeit halber: Bei einer vergleichbaren Umfrage im Herbst aus dem gleichen Haus sagten über die Hälfte, Social Media habe eine „hohe“ bis „sehr hohe Relevanz“ für ihre Arbeit. Allerdings wurde nur generell nach beruflicher Nutzung gefragt, nicht aber, ob die Journalisten Social Media zur Recherche und aktiv als Veröffentlichungs-Kanal einsetzen, damit den Kontakt zur Zielgruppe intensivieren. Dennoch zeigen die Zahlen ein paar überraschende Tendenzen: Fast 17 Prozent sagen, sie nutzen weder Facebook noch Youtube, Twitter oder Xing für ihre Arbeit. Von den Online-Kollegen stufen sich 30 Prozent als „Profi“ ein, aber gerade einmal 9,7 Prozent der Tageszeitungskollegen, für die diese Netzwerke deutlich mehr Spaß denn professionelles Werkzeug darstellen.
Twitter scheint zumindest für Recherche und Eigenwerbung elementar: für fast alle, die Medienwissenschaftler Christoph Neuberger für seine Studie über ihre Twitter-Erfahrung interviewte. Je zwei Drittel der Redaktionen, so die Analyse, interagieren über Twitter mit ihren Nutzern oder setzen es ein, um live zu berichten.
Die umfassendsten Social-Media-Konzepte haben derzeit wohl die angelsächsischen Kollegen: CNN, „Guardian“ und „New York Times“ etwa haben eigene Digitalformate, die nur auf Social Media beruhen (s. Tipps).
Beim britischen Sender BBC ist eine zögerliche Haltung seit Anfang 2010 sowieso Tabu: Der neue Chef von BBC Global News verkündete, der Punkt sei nicht verhandelbar: Wer mit Twitter & Co. nicht umgehen könne, erfülle seinen Job nicht.
Link:Tipps
Große Medien und ihre Social-Media-Ideen:
CNN oder „New York Times“ kreierten Seiten, auf denen die Social-Media-Einträge ihrer User einfließen: mehr als „Gefällt mir“-Buttons unter Artikeln. Bei news.me, der NYT-Version der iPad-Zeitung „The Daily“, ist das Konzept.
http://ireport.cnn.com http://timespeople.nytimes.com
www.news.me
Hier werden Freunde zu Redakteuren:
Paper.li und Tweetedtimes zeigen die News Ihres Social-Media-Netzwerks in Zeitungsoptik.
http://paper.li
http://tweetedtimes.com/
Richtlinien für die „Guardian“-Redakteure:
Damit das Bloggen, Tweeten und Flickrn den redaktionellen Standards genügt.
http://bit.ly/aCks8m
Die Studien:
Auszüge aus der Neuberger-Studie als pdf:
http://bit.ly/hWj3LS
Die Social-Media-Studie finden Sie zum Download auf www.mediummagazin.de
Erschienen in Ausgabe 04+05/2011 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 42 bis 43 Autor/en: Anne Haeming. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.