Tipps zum besseren Verhandeln

Frau Hacke, was wird bei der Honorarkalkulation am häufigsten falsch gemacht?

Constanze Hacke: Selbst gestandene freie Journalisten orientieren sich oft zu sehr am Markt und zu wenig daran, was sie verdienen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das heißt nicht, dass man die Konkurrenz total aus dem Blick verlieren soll. Wichtiger aber ist es, zunächst einmal zu schauen, welche Ausgaben man hat, und zwar nicht nur für den Betrieb, sondern auch fürs Private.

Wie kann man diese Kosten am besten ermitteln?

Wenn man mit der Selbstständigkeit anfängt, muss man zumindest die betrieblichen Ausgaben erst einmal schätzen. Dazu gehören Telefonkosten, Bürobedarf und Porto, oder auch die anteiligen Kosten für das häusliche Arbeitszimmer. In den Folgejahren kann man diese Kosten dann aus der Buchhaltung ableiten. Als Nächstes folgt dann der wichtige Bereich Altersvorsorge. Journalisten sind zwar über die KSK in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, aber für private Altersvorsorge sollte immer Geld einkalkuliert werden. Als dritter Bereich kommen noch die Ausgaben für private Zwecke dazu, also für Kleidung und Lebensmittel, für Miete oder Kreditbelastung, Kosten für Freizeitaktivitäten, Arztbesuche, Urlaub, Kinderbetreuung oder Geschenke. Wer ein Haushaltsbuch führt, kann das benutzen. Wer nicht, sollte sich hinsetzen und seine Unterlagen durchgehen, um diese Kosten zu ermitteln. Wichtig ist, bei allen Kosten immer „Worst-Case-Szenarien“ durchzuspielen, also die Ausgaben so hoch wie möglich anzusetzen. Bei den Einnahmen sollte man später eher zurückhaltend kalkulieren.

Wie kann man das richtige Honorar für sich errechnen?

Wenn man seine Kosten kennt, ist der nächste Schritt realistisch zu schauen, wie viel Arbeitszeit überhaupt zur Verfügung steht. Hier rechnen sich viele den Tag schön. Sie kalkulieren zu wenig Krankheitszeit ein, planen keinen Urlaub oder setzen ihre produktive, das heißt, bezahlte Zeit zu hoch an. Wenn alles gut läuft, ist man nämlich im Schnitt gerade einmal 70 Prozent der Zeit am Schreibtisch wirklich in Euro und Cent produktiv. Der Rest ist Buchhaltung, Kampf mit der Technik oder Akquise. Wenn man nun die tatsächliche Arbeitszeit ins Verhältnis zu seinen Kosten setzt, ergibt sich automatisch die Schmerzgrenze, die man nie unterschreiten sollte – also was die jeweilige Stunde mindestens kosten muss, damit man auf kurze Sicht nicht in die Privatinsolvenz geht. Grundsätzlich sollten die Honorare aber um einiges höher liegen als das, was man als Schmerzgrenze errechnet hat.

Gelten für unterschiedliche Auftraggeber unterschiedliche Honorare?

Zunächst einmal ist es wichtig, sich einen Stunden- und einen Tagessatz zu überlegen. Von da ausgehend kann man natürlich eine Preisliste aufstellen, mit verschiedenen Pauschalpreisen z. B. für Seiten oder bestimmte Projektarten. Basis sollten aber immer die ermittelten Stundensätze sein. Es gibt Kollegen, die ihre Honorare der Größe des Kunden anpassen. Das kann man machen. Ich würde mir aber gut überlegen, wie ich das tue. Im Zweifelsfall würde ich dem kleinen Betrieb eher den regulären Stundensatz berechnen und für den großen noch mal 15 Prozent draufschlagen, als dass ich von vornherein 15 Prozent abziehe. Wenn ich das mache, bin ich nämlich ganz schnell wieder an meiner Schmerzgrenze. Und das sollte man vermeiden. Sicher ist es nicht leicht und man wird in Auftragsgesprächen auch immer wieder auf Rabatte angesprochen. Ich warne aber davor, zu viel herzuschenken, ohne etwas dafür zu bekommen. Sprich: Es muss in Verhandlungsgesprächen darum gehen, dass auch der Auftraggeber Zugeständnisse macht, etwa beim Abgabetermin oder indem er Infrastruktur zur Verfügung stellt. So etwas lässt sich im Gespräch verhandeln. Man könnte einen Rabatt beispielsweise auch mit dem nächsten Auftrag verrechnen, so dass beide Seiten ein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit haben. Da ist vieles möglich.

Sollte man getroffene Vereinbarungen immer schriftlich fixieren?

Auf jeden Fall. Man sollte einem Handschlag, in unserem Bereich ist es ja meistens sogar nur ein telefonischer, nicht einfach vertrauen. Ohne die Kunden in ein schlechtes Licht rücken zu wollen, ist es auf jeden Fall wichtig, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen. Das ist auch für die Kunden von Nutzen. Nicht immer muss der Freie das selbst erledigen: Bei Agenturen bekommt man für eine bestimmte Leistung zum Beispiel einen Rahmenvertrag. Viele Kunden gehen auch hin und fassen alle Vereinbarungen in einem Briefing oder in einer E-Mail zusammen. Ist das aber nicht der Fall und hat man wirklich nur telefoniert, ist es unerlässlich, entweder ein Angebot zu schreiben und sich das abzeichnen zu lassen oder eine Auftragsbestätigung zu verfassen, in der alles Wichtige steht. Wird diesem Fax oder der Mail nicht binnen weniger Werktage widersprochen, gilt der Auftrag als erteilt. Freie sollten sich vor diesen Formalitäten nicht scheuen. Sie sind üblich und Auftraggeber reagieren im Allgemeinen auch nicht negativ.

Gibt es regionale Unterschiede bei den Honoraren?

Die ergeben sich automatisch aus der Kalkulation. Schließlich sind die Lebenshaltungskosten im Osten, Süden, Westen und den Ballungsräumen unterschiedlich. Das heißt aber auch, wenn ich umziehe, muss ich meine Ausgaben neu kalkulieren – was im Übrigen ohnehin einmal im Jahr der Fall sein sollte. Das macht es ja auch so schwierig, Honorare untereinander zu vergleichen. Die sind nämlich nicht nur regional bedingt, sondern hängen auch von Faktoren wie Ausbildung, Berufserfahrung, Portfolio und Qualität der Leistungen ab.

Einsteiger können nicht dieselben Preise verlangen wie Profis. Kommt man von solchen niedrigeren Honoraren überhaupt wieder weg?

Man sollte als Neuling immer ankündigen, dass die Honorare Einsteigerpreise sind und man beispielsweise nach ein oder zwei Berufsjahren höhere Preise nimmt. Wie bei jedem Entgegenkommen ist es wichtig, dies dem Kunden zu kommunizieren. Irgendwann im stillen Kämmerlein eine Honorarerhöhung zu beschließen, wird die Kunden abschrecken. Wenn man die Preise erhöhen muss, sollte man dies beim Auftraggeber stets gut und stichhaltig begründen können.

Haben Sie ein paar Tipps für Honorarverhandlungen?

Immer oberhalb dessen einsteigen, was man für sich als optimales Ziel definiert hat. Das ist beim Handeln ganz wichtig. Wenn man zu weit unten anfängt, ist man ganz schnell wieder bei der Schmerzgrenze. Leider haben viele an dieser Stelle schon die Schere im Kopf, überlegen sich, dass der Kunde vielleicht nicht bereit ist, dieses Honorar zu bezahlen, und schlagen vom ermittelten Honorar erst mal zehn Prozent ab. Ich würde hier genau die umgekehrte Vorgehensweise empfehlen, nämlich erst einmal zehn Prozent draufzuschlagen, weil man diesen Verhandlungsspielraum braucht. Das ist eben der Grat zwischen Zucken und Nicken. Wenn der Kunde zu schnell nickt, war man unter Garantie zu billig. Wenn er sich dagegen windet, hin und her überlegt, ist das ein Signal, dass man noch etwas tun muss. Aber bitte immer nach dem Prinzip, dass jeder etwas geben muss.

Wie sollte man sich auf Honorarverhandlungen vorbereiten?

Die Schmerzgrenze sollte man sich mit Post-its an den Bildschirm kleben oder in Rot auf einen Block schreiben und damit auch während des Gesprächs immer im Blick haben. Auch sollte man seine Preislisten nicht herausgeben, sondern nur fürs eigene Kalkulieren verwenden. Vor den Verhandlungen sollte man außerdem das Minimal- und das Maximalziel für sich klären. Im besten Fall hat man am Ende ein höheres Honorar erzielt. Das Minimalziel wäre die Schmerzgrenze für den jeweiligen Auftrag. Natürlich sollte man sich vorher auch überlegen, welche Einwände der Kunde haben könnte und wie man darauf reagiert. Aus meiner Erfahrung entscheiden Kunden nicht nur über den Preis. Expertise, Schnelligkeit und Verlässlichkeit sind vielen mindestens ebenso wichtig. Und wenn ein Kunde die Entscheidung nur