Bücher

Gut zu wissen Andreas Eickelkamp: „Der Nutzwertjournalismus“, Herbert von Halem: Köln 2011. 487 S., 32 Euro

Die zunehmende Bedeutung des Nutzwertjournalismus in den vergangenen Jahren stellt nicht zuletzt eine Reaktion auf den weit verbreiteten Leserschwund dar. Von daher ließe sich auch fragen: Was nutzt den Medien? Denn Andreas Eickelkamp konstatiert nüchtern: „Verbraucherthemen haben unter Journalisten ein geringes Renommee.“ Die Wissenschaft habe sich des Verbraucherjournalismus bislang kaum angenommen – und in der journalistischen Ausbildung fehle er fast vollständig. In seiner Untersuchung verortet der Autor die historischen Anfänge erstaunlich früh, nämlich bereits in der Aufklärung. Der Nutzwertjournalismus wird landläufig mit Print assoziiert, Eickelkamp beschäftigt sich aber auch mit Fernsehen, Radio und Online – in einem Exkurs mit Ratgebersendungen im DDR-Fernsehen. „80 bunte Minuten für die Frau“, 1956 erstmals ausgestrahlt, sollte hier stilbildend wirken. Ein eigenes Kapitel widmet sich den zahlreichen, bekanntlich nicht immer erfolglosen, Versuchen der Einflussnahme auf den Nutzwert-Journalismus von Seiten der Wirtschaft.

Lupenreine Medienfreiheit?

Christoph Schmidt/Rolf Schwartmann/Peter Niepalla (Hrsg.): „Russland: Medien zwischen Staatslenkung und Kommerzialisierung“, Vistas: Berlin 2011. 114 S., 11 Euro

Im April 2010 veranstaltete die Deutsche Welle in Bonn einen Mediendialog zur Situation der Medien in Russland. Der vorliegende Band dokumentiert neun Beiträge, drei davon – diejenigen russischer Teilnehmer – in englischer Sprache. Die Herausgeber weisen in ihrem Vorwort darauf hin, dass die Verflachung des Medienangebotes in Russland vor allem dem Rezeptionsverhalten der Bevölkerung geschuldet sei. Angebote mit politischem Inhalt liefen zweifellos Gefahr, die Staatsmacht auf den Plan zu rufen – davon abgesehen lasse sich mit ihnen aber einfach kein Geld verdienen. Mit Fritz Pleitgen und Boris Reitschuster, dem Moskauer Büroleiter von „Focus“, kommen zwei langjährige journalistische Russlandkenner zu Wort. Gemma Pörzgen, freie Journalistin und Vorstandsmitglied von „Reporter ohne Grenzen“, fasst ihre Erfahrungen so zusammen: „Die meisten Journalisten haben sich an die Regel gewöhnt: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird.“ Die Unabhängigkeit der Redaktion vom Besitzer des Mediums sei in Russland ein weitgehend unbekanntes Phänomen.

Umkämpftes Lokales

Meike Mittmeyer: „Lokaljournalismus im Spannungsfeld der Interessen“, Akademische Verlagsgemeinschaft München: München 2011. 128 S., 34,90 Euro.

Welche Einflüsse wirken auf den Lokaljournalisten ein? Und werden Lokalzeitungen ihrem Auftrag überhaupt noch gerecht, in Zeiten vielerorts aus dem Boden sprießender lokaler Blogs? Mit diesen Fragen befasst Meike Mittmeyer sich in ihrer als Buch veröffentlichten Diplomarbeit. Anhand der drei Fallbeispiele „Main-Post“, „Mannheimer Morgen“ und „Nordwest-Zeitung“ zeigt die Verfasserin Entwicklungen im Lokaljournalismus auf. Grundsätzlich gelte, dass dieser es mit deutlich schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun habe als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Versuche, die Berichterstattung zu beeinflussen, fielen somit tendenziell heute auf einen fruchtbareren Boden. Am Ende wirft die Autorin einen Blick in die Zukunft und prognostiziert die lokale Wochenzeitung, ergänzt durch tägliche Kurzmeldungen im Internet. Von dieser Zukunft wurde sie bereits eingeholt: Die Wochenzeitung „Kontext“ in Stuttgart funktioniert nach genau jenem Prinzip.

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Weitere Lesetipps

siehe www.mediummagazin.de, Rubrik magazin+

Bernd Stössel ist freier Journalist in Frankfurt.

bernd.stoessel@t-online.de

Erschienen in Ausgabe 09/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 54 bis 57. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.