Durch einen Urwald an Kritik

Einen Online-Sturm erlebte der World Wide Fund for Nature (WWF) Ende Juni nach der Ausstrahlung des WDR-Films „Der Pakt mit dem Panda”. Im Minu-tentakt kritisierten Facebooker und Twitterer die Umweltorganisation. Der Grimme-Preisträger Wilfried Huismann rügte in seiner Dokumentation die Wirtschaftsnähe des WWF und behauptete, dass dessen Aktivitäten kontraproduktiv seien für die Rettung der letzten intakten Ökosysteme der Welt.

Obwohl der WWF bereits mehrere Jahre in Social Media aktiv ist und die wichtigsten Kanäle (Twitter, Facebook, Youtube etc.) bespielt, schien er von der Welle von digitaler Empörung sichtlich überrascht. Erst nach ein bis zwei Tagen kam der WWF gut mit der Kritik in den sozialen Netzwerken zurecht, obwohl der Sturm eigentlich erwartbar war. Die NGO hat dann auf ihrer Website ein eigenes Forum für die Fragen und Antworten aufgebaut und ging dort sehr schnell und umfangreich auf tausende Forenbeiträge ein. Damit reagierte der WWF sehr geschickt auf die Angriffe und bot Kritikern eine Plattform, um die Vorwürfe zu kanalisieren.

Die Kritik an der Wirtschaftsnähe des WWF findet sich längst überall und entfaltete dabei ihre (zerstörerische) Wirkung für die Online-Reputation der NGO. Dieser Transparenz kann sich niemand mehr entziehen. Die WWF-Social-Media-Managerin Paula Hannemann meint dazu: „Wir sind proaktiv auf die Personen zugegangen und haben sogar direkt auf den Film in der ARD-Mediathek verlinkt. Wir wollten damit unmissverständlich klar machen: Der Dialog läuft und wir sind dazu bereit.”

Zum Glück nutzte der WWF alle relevanten digitalen Kanäle für seine Öffentlichkeitsarbeit. 140 Zeichen auf Twitter erlauben kurze, dafür aber prägnante Antworten und den direkten öffentlichen und persönlichen Dialog mit Kritikern und Fans. Hier war der WWF am aktivsten. Das ist durchaus sinnvoll, weil sich darüber viele Multiplikatoren erreichen lassen und die Inhalte schnell viral verbreitet werden.

Wesentlich differenzierter als auf Twitter lässt sich in einer Community, einem Corporate Blog oder in einem Social Network wie Facebook kommunizieren. Dort ist Platz für Feinheiten, Analysen und Erklärungen. In der Sprache sollte man hierbei nicht zu faktenorientiert (sprich: kalt) kommunizieren.

Erst sehr spät hat der WWF sein Team hinter der Krisen-PR vorgestellt. In der Krisensituation lässt sich dies nur sehr schwer kommunizieren. Der Nutzen einer Personalisierung war Paula Hannemann und dem WWF durchaus bewusst: „Zu diesem spontan entstandenen Zeitpunkt war es einfach mal angebracht, auf Facebook zu zeigen, dass das dort von einigen Nutzern eröffnete Dauerfeuer in Richtung echter Menschen geht.”

Eine gute Social-Media-Struktur im Vorfeld ist Voraussetzung für eine effiziente Krisen-PR. Das sieht die Social-Media-Verantwortliche genauso: „Im Sturm reicht es nicht aus, eine Person zu haben, die Rede und Antwort steht. Den Dialog muss man mit einem Team aus vier bis fünf Leuten untermauern. Sonst kommt am Ende die große Diskussionsbereitschaft nicht an oder wird überhaupt nicht in ihrer Komplexität und Vielseitigkeit wahrgenommen.”

Trotz der ungünstigen Randbedingungen und der enormen Aufmerksamkeit in der Online-Welt ist es dem WWF gelungen, in der symbolischen Kommunikation zu punkten. Dabei profitierte die Umweltorganisation davon, frühzeitig in Social Media die richtigen Kanäle aufgebaut zu haben. Bis auf einige aus meiner Sicht verzeihliche Anfangsfehler ist die Social-Media-Krisenkommunikation des WWF insgesamt professionell gewesen. Trotzdem muss die NGO weiterhin damit rechnen, dass sie unter öffentlicher Beobachtung bleibt.

Klaus Eck ist PR-Blogger und hat mit „Transparent und glaubwürdig“ ein neues Buch vorgelegt.

ke@eck-kommunikation.de

TIPP

So klappt die Online-Krisen-PR

01 Planen Sie genügend Zeit und Personen dafür ein.

02 Mögliche Krisenszenarien sollten vor einer Krise durchgespielt werden.

03 Aufbau von internen Markenbotschaftern & Networkern ist wichtig.

04 Personalisierte Kommunikation macht die Verteidigung leichter.

05 Reagieren Sie mit Gelassenheit auf Kundenkritik. Nicht alles ist gleich eine Krise!

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Erschienen in Ausgabe 09/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 61 bis 61 Autor/en: Klaus Eck. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.