Hans Benirschke starb am 4. November im Alter von 86 Jahren. Er war von 1968 an 23 Jahre lang Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur. Wir alle verdanken ihm unendlich viel. Er war ein Mann, der dafür gelebt hat, die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen, als er sie vorgefunden hat. Das ist ihm ohne Zweifel gelungen. Einer der wichtigsten Sätze des Chefredakteurs, die das Selbstbewusstsein dieser Agentur prägten, lautet: „Nehmen wir unsere Aufgabe ernst, aber nicht uns selber.“
Kollegen, die das Privileg hatten, mit ihm zusammenzuarbeiten, beschreiben ihn als Gentleman, als einen Mann, der die Redaktion mit großer Professionalität geleitet hat, als einen hervorragenden Redaktionsmanager, wie man heute sagen würde, aber auch als einen Journalisten, der mit Begeisterung jede Gelegenheit genutzt hat, als Reporter zu arbeiten. So war er beispielsweise Augen- und Ohrenzeuge, als Herbert Wehner in Moskau über Bundeskanzler Willy Brandt lästerte. In seiner makellosen Steno-Schrift notierte er unter anderem das berühmte Zitat über Brandt: „Der Herr badet gerne lau.“
Besonders wichtig war dem Chefredakteur Hans Benirschke die redaktionelle Unabhängigkeit. Er war durchtränkt von den idealen des amerikanischen Nachrichtenjournalismus. Große Distanz zur Politik und zu den Politikern war ihm wichtig. Hans Benirschke hat die Werte dieser Agentur personifiziert: Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit, Glaubwürdigkeit und Genauigkeit. Mit seiner Ernsthaftigkeit, Professionalität, seiner unerschöpflichen Neugier, seiner Bescheidenheit und seinem wahrhaftigen Interesse an Menschen ist er für mich und alle Kolleginnen und Kollegen bei dpa bis heute ein großes Vorbild.
Und dieses Vorbild strahlt bis heute in unsere Agentur. Wie Hans Benirschke wollen wir Abstand halten, wollen uns weder einladen, noch einbinden, noch einlullen lassen von den Mächtigen. Wie er wollen wir uns zurücknehmen. Denn nicht wir sind wichtig, sondern unsere Arbeit. Zuverlässige Nachrichten aus Deutschland und aller Welt, Nachrichten, die erst den aufgeklärten Diskurs in einer demokratischen Gesellschaft ermöglichen. Wir werden uns auch in Zukunft leiten lassen von den Werten und Idealen, für die der Name Hans Benirschke steht.
Wir trauern um einen einzigartigen Journalisten, wir trauern um einen großen Demokraten. Wir trauern um einen liebenswürdigen Menschen mit großer persönlicher Integrität.
Wolfgang Büchner, dpa-Chefredakteur
Erschienen in Ausgabe 12/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 79 bis 79. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.