Stimmt’s, …?

01. … dass Rudolf Knepper Springers Oberaufseher wird?

Das Gerücht, dass Rudolf Knepper nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand Aufsichtsratschef von Springer werden soll, hält sich hartnäckig, und es wäre ja durchaus denkbar, dass Giuseppe Vita den Posten an den Nagel hängt. Immerhin fällt die nächste Hauptversammlung wieder in etwa mit Vitas Geburtstag zusammen – es wird sein 77. sein. Doch: „Da ist nichts dran“, dementiert man in der Axel Springer AG. Der gebürtige Sizilianer will sein Mandat, das übrigens bis 2014 läuft, wohl erfüllen. Da Aufsichtsratsmitglieder „in der Regel“ jedoch „nicht älter als 72 Jahre“ sein sollen („Ausnahmen hiervon kann der Aufsichtsrat beschließen“, heißt es im Geschäftsbericht, Seite 88), dürfte das aktuelle sein letztes sein. Bis es so weit ist, ist der Running Gag also wohl noch ein paar Mal zu sehen – wie das Rednerpult, wenn es nach Vitas Vortrag nicht schnell genug hochgefahren worden ist, Döpfner gerade mal bis zum Bauchnabel reicht; oder umgekehrt, Vita völlig hinter dem Pult verschwindet, wenn zuvor Döpfner geredet hat.

Es wäre aber ohnehin heikel, wenn Knepper, kaum dass er aus dem Vorstand ausgeschieden ist, in das Aufsichtsgremium wechseln und dann auch noch gleich den Vorsitz übernehmen würde. Schließlich verbietet der Kodex guter Unternehmensführung gemeinhin, dass Vorstände umgehend Aufsichtsräte werden und in dieser Position womöglich Fehlvergehen vertuschen, für die sie selbst zuvor verantwortlich waren, oder dass sie nachfolgende Vorstände daran hindern, neue Wege zu beschreiten. Mit dem Kodex sollte die alte Tradition beendet werden, verdiente Ruheständler mit einem Aufsichtsratsposten zu belohnen. Er gilt seit Jahren. Und er besagt, dass wenigstens eine zweijährige Anstandsfrist verstreichen sollte, bevor ein ausgeschiedener Vorstand in das oberste Kontrollgremium desselben Unternehmens geht. Verbindlich ist er jedoch nicht. Zum Beispiel dann nicht, wenn die Vertreter von 25 Prozent des Aktienkapitals die Wahl des Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat vorschlagen. Und da 25 Prozent des Aktienkapitals der Axel Springer AG schon dann versammelt sind, wenn Friede Springer in einem leeren Zimmer die Tür hinter sich schließt, kann der Konzern diese Regel genauso missachten wie jene, dass im Geschäftsbericht individuell ausgewiesen werden soll, wie viel jedes einzelne Vorstandsmitglied pro Jahr verdient. (Man kann es sich natürlich trotzdem ausrechnen, wenn es stimmt, dass allein Vorstandschef Mathias Döpfner elf der 17,9 Millionen Euro verdient haben soll und sich folglich die übrigen 6,9 Millionen Euro auf nur noch zwei weitere einfache Vorstandsmitglieder und Knepper als Döpfners bisherigen Stellvertreter verteilten.)

Nicht wenige bei Springer wünschten sich, Knepper im Aufsichtsrat zu sehen. Erstaunlich ist dieser Mann ohnehin, bedenkt man, dass er im Vorstand (und nicht nur dort) der einzige Überlebende aus der Ära vor Döpfner ist.

02. …dass Ines Pohl in der taz mehr verwaltet als gestaltet?

Ein kluger Chefredakteur sagte einmal über einen seiner ihn bisweilen enervierenden Leitartikler, manchmal wünsche er sich, dieser Journalist würde verbal auch mal mit dem Florett fechten, statt immerzu mit dem Holzhammer draufzuhauen. Andererseits seien seine intelligenten Kommentaren lehrreich wie wenige andere: Solche Journalisten müsse man sich eben leisten. Ein anderer kluger Chefredakteur sagte einmal: Nur starke Führungspersönlichkeiten ertrügen starke Menschen in ihrem Team. Was das mit der „taz“ zu tun hat? Manche sagen, sehr viel.

Ein nicht unwesentlicher Teil der taz-Redaktion behauptet, Ines Pohl entledige sich nach und nach jener Redakteure, die ihr Contra geben. Das sei nichts anderes als der Versuch des eigenen Machterhalts, um nicht zu enden wie ihre Vorgängerin, Bascha Mika. „Verwalten statt gestalten“ wird der seit mehr als zwei Jahren amtierenden Chefredakteurin nachgesagt. Ideen kämen wenige von ihr; auch ihre Stellvertreter, Reiner Metzger und Sabine am Orde, zählten nicht zu denen, die das Blatt inhaltlich und gestalterisch weiterentwickeln. Bestes Beispiel, sagen die Kritiker, sei „tazzwei“, einst ambitioniert als Experimentierfeld gegründet und nunmehr zur inspirationslosen Brache verkommen. Die Entwicklung sei umso fataler, weil diejenigen, die für das taz-typisch Schräge, Kreative stünden, immer weniger und weniger mächtig würden, während die Gruppe jener, die Pohl nach dem Mund reden, auf Entscheiderposten gehievt würde. Sind das nur Klagen von Leuten, die ihre Felle davonschwimmen sehen, wie Pohl-Unterstützer dagegenhalten?

Dass es zum Konflikt kommen würde, hat Ines Pohl wohl geahnt und für jenen Abend, an dem sie die Umstrukturierung im „taz café“ verkünden wollte, eigens Mediatoren engagiert. Die forderten die Anwesenden erst mal auf, auf Kärtchen zu notieren, was sie in der Redaktion gut und schlecht fänden. Dass das manchem zu blöd war, kann man nachvollziehen. Es wurde viel geschrien, berichten Teilnehmer übereinstimmend, Die Mediatoren jedenfalls wirkten mehr und mehr überfordert. Die Veranstaltung muss ziemlich skurril gewesen sein.

Konkret geht es bei der Umstrukturierung darum, das „Schwerpunkt“-Ressort und die Seite 1 zu fusionieren. Leiter des neuen Ressorts „Brücke“, wie dieser Newsdesk intern genannt wird, werden Klaus Hillenbrand und Gereon Asmuth, beide mit langjähriger taz-Erfahrung: Asmuth seit 1995 und zuletzt Leiter der 14-köpfigen Berlin-Redaktion, Hillenbrand bereits seit 1987, davon viele Jahre als Chef vom Dienst und Seite-1-Macher. Hillenbrand sieht den Umbau positiv: Indem „die wichtigsten Seiten der Zeitung“ zentral gesteuert würden, werde das Blatt mehr als bisher „aus einem Guss“ sein, Schwerpunktthemen könnten besser nach Aufmachertauglichkeit, also „Seite-1-affin“, geplant werden.

Kritiker werfen jedoch Ines Pohl vor, ihr gehe es in Wahrheit darum, sich nicht mehr mit jenen herumärgern zu müssen, die sich von ihr nichts sagen lassen, schon gar nicht, welches Thema von der Seite 1 jeweils auf den Schwerpunkt-Seiten gespiegelt werden müsse. Immer wieder hatte Pohl Dispute mit Thilo Knott, der zum 1.1.2012 bei „Spiegel Online“ anfangen wird. Aber auch Sabine Seiffert, Kai Schlieter, Deniz Yücel und Thomas Eyrich üben sich im Widerspruch.

Unsinn, sagt Ines Pohl und erläutert ihre Beweggründe für die Umstrukturierung. Ihr Ziel sei, taz-eigene Inhalte besser zur Geltung zu bringen. Es gehe darum, „die Zeitung von vorn nach hinten“ zu denken. Das heißt: Was auf Seite 1 steht, soll auf den Schwerpunkt-Seiten vertieft werden. Und das funktioniere besser, wenn Seite 1 und die Schwerpunkt-Seiten eine Einheit bildeten. Ein anderes Ziel sei, die taz-eigenen Recherchen zu forcieren. Diese Leistungen, die zuletzt punktuell mediale Aufmerksamkeit hergestellt haben, sollen verstetigt werden. Daher werde ein Recherchepool gegründet, dem neben den ohnehin vorhandenen Reportern zwei Rechercheure angehören sollen. Leiter des Pools soll Kai Schlieter werden, laut Pohl der Beleg, dass es nicht darum gehe, unbequeme Redakteure auszuschalten. Das gelte auch für Deniz Yücel, der künftig von der Produktionsarbeit befreit arbeiten könne.

Ines Pohl verhehlt allerdings nicht, dass sie sich an der Diskussionsfreudigkeit der Redaktion stört. Bisweilen würde ewig diskutiert, wo im Blatt ein Thema wie platziert würde, und wenn die Debatte endlich vorbei sei, fehle die Zeit, den Artikel zu schreiben, sagt sie. Diskussionen gehörten nun einmal zur taz, entgegnen ihre Kritiker. Was dagegen nicht zur taz passe, sei eine zentralisierte Struktur, unter der sich Frust und Mittelmaß ausbreiteten.

03. … dass die Zeitschriftenverleger auch nicht wissen, was sie wollen?

Er hätte doch sicherlich kein Problem damit, wenn der künftige Präside
nt des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Mathias Döpfner hieße, wurde G+J-Vorstandschef Bernd Buchholz vor geraumer Zeit bedeutet. Und nachdem der Abgesandte der VDZ-Findungskommission seine Botschaft überbracht hatte, bekam Buchholz zur Sicherheit kurz darauf noch einmal gesagt, er wisse ja sicherlich, dass Döpfner Hubert Burda beerbe, nicht wahr? Das Dumme an der Sache war dann allerdings, dass Döpfner seine Ambitionen auf dieses Ehrenamt gleich mehrfach klar dementiert hat. Jetzt muss derselbe VDZ-Abgesandte ein weiteres Mal bei G+J vorstellig werden. Diesmal geht es darum, Buchholz zu ermuntern, Präsident des Verbands zu werden. Peinlicher geht’s nicht.

Ulrike Simon ist freie Medienjournalistin in Berlin.

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Erschienen in Ausgabe 12/2011 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 12 bis 13. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.