Acht Kultur-Tipps von Carlo Imboden für Zeitungsmacher:

01 Das Buch:

„Bitte nicht Vermischtes und Kultur in einem Buch vereinen – bei frauenaffinen Themen wie, Kultur‘ und, Aus aller Welt‘ verlieren Sie dann sofort die männlichen Leser: die nehmen das Buch erst gar nicht zur Hand.“

02 Der Aufmacher:

„Am besten taugt Massentaugliches, Populärkulturelles als Aufmacher, damit zieht man die Leser in die Seite. Hochkultur schafft das nicht.“

03 Der Aufhänger:

„Ein aktueller Aufhänger ist nur dann relevant, wenn er ein Masseninteresse hat. Etwa die Olympischen Spiele in China, die zeitgleichen Aufstände in Tibet: das als Anlass für eine Geschichte über chinesische oder tibetische Kultur zu nehmen, funktioniert.“

04 Der Dreh:

„Wenn Sie gesellschaftliche Phänomene aufgreifen, haben Sie zehnmal mehr Leser: seien es alternde Rockstars wie die Rolling Stones, die Folgen des Glühbirnenverbots auf Kunst und Design oder das Fußballstadion als soziologische Intensivstation.“

05 Die Darstellungsform:

„Porträt, Essay, Interview, Reportage haben hohe Leserquoten, Rezensionen stehen fast immer am Schluss der Liste. Aus Kulturthemen kann man mehr rausholen, als nur eine Kritik zu schreiben.“

06 Die Textdramaturgie:

„Man sollte nicht beim Ereignis selbst ansetzen, sondern bei einem Aspekt, den der Leser kennt. In Berlin also lieber das Foto aus der Ausstellung als Bildaufmacher wählen, das die Luftbrücke zeigt, statt eines unbekannten Motivs.“

07 Die Zielgruppe:

„Die Zeitung stirbt nicht wegen des Onlinejournalismus aus, sondern weil die Journalisten für die falsche Zielgruppe schreiben. Die Kulturjournalisten stehen den Kulturveranstaltern näher als den Lesern. Sie haben vergessen, dass sie die Anwälte der Leser sind.“

08 Die Verlagsstrategie:

„Der größte Fehler ist, dass der Kulturteil in den Verlagen keine Priorität genießt. Dabei würde die nachwachsende Lesergeneration einen modernen Kulturjournalismus extrem honorieren.“

Der Schweizer Carlo Imboden ist Erfinder von Readerscan, einer Methode, um die Lesequoten bei Zeitungen zu messen. Erster Analysekandidat war 2004 die „Main-Post“, die aufgrund der Ergebnisse unter anderem ihren Kulturteil komplett umkrempelte.

Erschienen in Ausgabe 03/2011 in der Rubrik „Special“ auf Seite 49 bis 49. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.