Facebook-Revolution

Kairo. Vor nicht mal einem Jahr war ich noch fest dazu entschlossen, Facebook komplett zu ignorieren. Jetzt, einen Volksaufstand später, kann ich als Journalist in Ägypten auf das soziale Netzwerk gar nicht mehr verzichten. Seine Rolle beim Sturz Mubaraks war so essenziell, dass inzwischen von der Facebook-Revolution die Rede ist. Dabei sei es, erklärte mir Ghada al-Ahdar neulich im Interview, längst nicht nur um den Austausch von Informationen gegangen. Die 31-Jährige erforscht seit 2001 an der Cairo University den Einfluss von Facebook auf die

Gesellschaft. Über etliche Facebook-Gruppen mit insgesamt mehreren hunderttausend „Freunden“ war die ägyptische Revolution organisiert worden. Hier kommunizierten Studenten und Hausfrauen, Muslimbrüder und Säkulare, Bürgerrechtler und Ingenieure miteinander. Hier hörten sie einander zu, respektierten sich und entwickelten eine virtuelle Zivilgesellschaft, die es im wirklichen Leben gar nicht gab. Als das

Regime am 28. Januar das Internet komplett abschaltete, übertrugen die Leute diese für Ägypten neue Kultur des Umganges einfach in die Realität. „Der Tahrir-Platz“, sagt Ghada al-Ahdar, „war während der Revolution eine Kopie der Facebook-Community, nur in echt.“ Und der Hohe Militärrat, der derzeit das Sagen hat, gab neulich den Rücktritt

des Ministerpräsidenten Ahmed Shafik ausschließlich über Facebook bekannt.

Facebook-Profil des Militärrats:

www.facebook.com/Egyptian.Armed.Forces

Erschienen in Ausgabe 03/2011 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 16 bis 16. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.