Blasen und Phrasen, die letzte

In den paar Jährchen, in denen wir diese kleine Kolumne geschrieben haben, hat sich so einiges an gedrechseltem Unsinn angesammelt. Blasen und Phrasen eben. Unterschiedliche Phrasen dienen jedoch ganz unterschiedlichen Zwecken. Wir haben unser Œuvre durchforstet – und sind auf folgende typische Kategorien gestoßen:

Motivations-Phrasen

sind eine der lustigsten Kategorien, weil so viele stereotype Redewendungen darunter zu fassen sind. Da spricht der Automanager davon, seine Firma wolle „Gas geben“. Da will ein ehrgeiziger Chef „Duftmarken setzen“ oder gerne auch mal „ausgetretene Pfade verlassen“. Und natürlich mag niemand widersprechen, wenn es heißt: „Wir müssen uns neu erfinden.“

Demuts-Phrasen

betonen demgegenüber die Bescheidenheit des Managers vor großen Aufgaben. Da heißt es, man müsse sich nun „ganz dem Kerngeschäft widmen“, „seine Hausaufgaben machen“ und stelle sich ansonsten natürlich „gern der Herausforderung“. Aber bitte „mit Augenmaß“.

Vernebelungs-Phrasen

erfreuen sich außerordentlicher Beliebtheit. „Da wissen Sie mehr als ich“, lautet ein schönes Beispiel aus diesem prall gefüllten Reservoir der diffusen Verlautbarungen, die Politiker oder Wirtschaftslenker gerne in Interviews von sich geben. „Wir sehen Licht und Schatten“, heißt es dann manchmal auch so schön ausgewogen. Der absolute Publikumsliebing dieser Kategorie ist aber fraglos das Wörtchen „alternativlos“. Im wahrsten Sinne.

Weiter geht’s mit den beliebten:

Angeber-Phrasen

Da tönt es: „Wir sind nie zufrieden!“ oder „Wir sind breit aufgestellt!“. Mit breiter Brust palavert der Alphamanager über die vielen Pfeile im Köcher, die er jederzeit abzuschießen bereit ist, um die „Innovations-Offensive“ zu gewinnen. Herrje!

Technokraten- Phrasen

Damit kommen wir vom Regen in die Traufe. Sie sind weniger martialisch, lösen aber dafür jede Menge Gähnreflexe aus. Wer nix sagen will und trotzdem klug daherreden, spricht dann von „Portfoliooptimierung“, „Synergien“, „Stellschrauben“ und „Positionierung“.

Und damit schnell weiter zu den:

Sonntagsreden- Phrasen

Da können sich sendungsbewusste Rhetoriker so richtig im Pathos suhlen, wenn sie von einer „neuen Ära“ sprechen und „einen guten Tag für Deutschland“ heraufziehen sehen. Soll noch ein kleiner Gänsehaut-Effekt beigemischt werden? Dann nicht vergessen, dass das Publikum sich „trotz aller Bedenken der Globalisierung stellen“ muss. Denn das ist ja, Sie ahnen es schon, alternativlos.

Geht der Manager mal nicht so breitbeinig durch die Gegend, greift er zurück auf:

Gewinnwarnungs-Phrasen

Da wird dann kleinlaut vom „schwierigen wirtschaftlichen Umfeld“ gesprochen, „vom dünnen Eis“, auf dem sich die Firma gerade bewegen müsse, die nun „am Scheideweg“ stehe.

Das ist unangenehm, lässt sich aber beim nächsten Aufschwung wieder kompensieren mit:

Aggro-Phrasen

„Unsere Kriegskasse ist gut gefüllt“, bricht es dann viril aus dem Entscheider heraus, der „lieber agiert als reagiert“.

Gerne bedient sich dieser dann auch ausgewählter:

Anglo-Bullshit- Phrasen

wie „Win-Win“, „Challenge“ oder „Awareness“. Denn „so it goes“.

Hinhalte-Phrasen

brachten uns regelmäßig zum Lächeln. Da werden „in Krisenzeiten intensive Aufklärungsarbeiten“ versprochen oder „Entscheidungen“ angekündigt, die „noch nicht spruchreif“ seien. Hach.

Unsere heimlichen Favoriten waren schlussendlich aber:

Verwirrungs-Phrasen

Also rhetorische Spielchen, mit denen Politiker, Firmenchefs und sonstige Weltenlenker ihre Gesprächspartner durcheinanderzubringen trachteten. „Einspruch!“, hieß es dann schon mal, oder: „Der Vergleich hinkt.“ Oder: „Punkt!“

Den machen wir jetzt auch. Und sagen, im Brustton der Überzeugung: „Und das ist auch gut so.“

Lese:Tipp

„Blasen & Phrasen“ als Buch: Im Frühjahr erscheint im Oberauer-Verlag eine Sammlung der erschienenen Folgen unter dem Titel „Blasen & Phrasen: Was Medienmenschen sagen – und was sie wirklich meinen“. Kosten: 14,90 Euro.

Christian Meier und Stefan Winterbauer

sind Medienjournalisten.

sprachtipp@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 01+02/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 58 bis 58 Autor/en: Christian Meier und Stefan Winterbauer. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.