Stimmt’s, …?

01. … dass Günther Jauchs Sendungen im Ersten zu kurzlebig sind?

Wer irgendeine Talkshow von Plasberg, Maischberger, Will oder Beckmann verpasst hat, kann sie sich selbstverständlich auch Monate danach noch in der Mediathek der ARD anschauen. Dafür ist sie schließlich da.

Wer allerdings Günther Jauchs Sendung nachträglich sehen will, muss sich beeilen. Nach einer Woche verschwindet sie aus der Mediathek, da mag der Erkenntniswert einer Sendung noch so hoch sein. Stimmt, sagt Jauch, das habe er sich vertraglich zusichern lassen, schon damals, als er zum ersten Mal mit der ARD in Verhandlungen stand, dann aber doch abgesagt hat. Er habe schlicht keine Lust, dass Sendungen mit ihm womöglich noch über seinen Tod hinaus irgendwo im Internet herumschwirren oder irgendjemand auf die Idee kommt, ohne seine Zustimmung vermeintlich lustige Filmchen über längst vergangene Patzer und Peinlichkeiten zusammenzuschneiden. Das ist typisch für den 55-Jährigen, der bei allem, was mit seiner Person zu tun hat, die Kontrolle wahren will.

02. … dass Reporter jetzt ständig dem Verdacht des Pfisterns ausgesetzt sind?

Anfang Dezember tagte die Jury des Reporter-Forums. Dabei diskutierten die Juroren auch Ulrike Demmers „Spiegel“-Reportage über die geradezu kafkaesk anmutende Bürokratie im Verteidigungsministerium. Bevor die Jury ihr den Preis für die beste politische Reportage zuerkannte, fragte jemand, ob die Reporterin tatsächlich jene Szene selbst miterlebt habe, in der sie detailliert eine Telefonkonferenz zwischen Berlin und Bonn beschreibt. Jury-Mitglied Jörg Thadeusz sagt, er habe das belustigt zur Kenntnis genommen. Deshalb habe er grinsend den Satz „Aha, der René-Pfister-Moment“ in die Runde geworfen.

Bei der Henri-Nannen-Preisverleihung 2011 hatte „Spiegel“-Redakteur René Pfister abends auf der Bühne erzählt, dass er die berühmte Szene in Horst Seehofers Modelleisenbahn-Keller, wie er sie in seiner Reportage beschrieben hatte, nur vom Hörensagen kannte. Die Jury war entsetzt und erkannte ihm Tage später den Preis wieder ab.

Wie aber, wenn nicht mit eigenen Augen und Ohren erlebt, hätte Ulrike Demmer beschreiben können, dass während dieser Krisensitzung samt Telefonschalte im Bendlerblock, Haus 7, Raum 6108, in manchen Momenten der Stille „das Surren der Lüftung bedrohlich laut“ dröhnt – oder sich in Bonn „vom rechten Bildschirmrand ein Kopf in die Optik der Kamera“ schiebt –, ganz abgesehen von den vielen wörtlichen Zitaten, die sie in ihrem Text wiedergegeben hat? „Selbstverständlich war ich persönlich in der Sitzung. Hätte mich die Jury gefragt, hätte ich diesen Zweifel sofort ausräumen können“, erzählt sie im „Making of“-Interview dem Reporter-Forum: „Sechs Monate zähes Ringen mit dem Apparat, unendlich viele Telefonate, vertrauensbildende Gespräche und unablässiges Quengeln – dann war ich drin in diesem Sitzungsraum und konnte es selber kaum fassen.“

Tatsächlich hatte Jury-Mitglied Ulrich Fichtner angeboten, die Kollegin anzurufen, doch Christoph Kucklick, der die Sitzung leitete, lehnte ab. Er sagt: „Zu gewährleisten, dass ein Reporter eine beschriebene Szene mit seinen eigenen Augen erlebt hat und Rekonstruktionen deutlich macht, liegt in der Verantwortung der Redaktion. Das kann nicht Aufgabe einer Jury sein. Jurys sind keine Nachrecherchier-Organe.“

Kucklick warnt davor, „nun chronisch Misstrauen gegen jede Form von szenischer Beschreibung zu hegen“. Das Beispiel zeigt, wie schnell man unschuldig in Verdacht gerät. Nicht jeder Fall ist so eindeutig wie der von Ulrike Demmer. Umso mehr gilt es, Vorsicht walten zu lassen, niemanden ohne Anlass zu diskreditieren.

03. … dass Klaus Kocks 2012 wieder häufiger Talkshow-Gast ist?

Für 2011 hatte sich der umtriebige PR-Berater Klaus Kocks eine einjährige Talkshow-Abstinenz auferlegt. Freilich nicht, ohne dies öffentlich anzukündigen – via Facebook. Ende 2010 war er von „Bild“ zum fünftnervigsten Talkshow-Gast gekürt worden und die „Süddeutsche Zeitung“ begann, Leute wie Kocks „Talkshow-Bewohner“ zu nennen. Und dann kam auch noch Jauch zur ARD und stellte sie vor das Problem, ihren Überfluss an fünf Talkshow-Moderatoren auf sieben Tage in der Woche zu verteilen. Damals, erzählt Kocks, habe ihn seine Frau ermahnt: „Wenn du so weitermachst, landest du eines Tages noch im Dschungelcamp.“

Ja, er sei dabei gewesen, sich zu vertingeln, kommentierte Kocks sein Talk-Sabbatical im „Tagesspiegel“. Aber es sei kein Wunder, dass er so viel gefragt sei, denn er beherrsche nun einmal, was in diesen Sendungen gefordert sei: „eine nichtaufgeschriebene Dramaturgie intuitiv umzusetzen, und zwar in der Weise, wie es sich der jeweilige Moderator wünscht“. Er fand sogar: Gäbe es einen Oscar in der Kategorie „Bester männlicher Talkshow-Gast“ – ihm stünde er zu.

Das Jahr 2011 war noch nicht um, als Kocks bei Facebook die Nachricht eines gewissen Stephan Kittelmann fand. Kittelmann entpuppte sich als Redakteur der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“. Sie wären gern die Ersten, die Kocks nach erfolgreicher Abstinenz in die Talkshow einladen würden, schrieb er. Am besten gleich im Januar. Es dauerte nicht lange, da meldete sich die nächste Talkshow: Marion Reischmann, Redakteurin von „Menschen bei Maischberger“, bat Kocks, seinen ersten Auftritt nach der einjährigen Pause doch bitte bei Maischberger zu absolvieren. Zur Sicherheit schickte sie ihm gleich eine schriftliche Vereinbarung hinterher.

Kocks kriegt sich fast nicht mehr ein, als er das erzählt. Und tatsächlich ist es kein gutes Zeichen, wenn den Talkshows von ARD und ZDF als Grund für eine Einladung schon reicht, dass jemand ein Jahr lang nicht bei ihnen zu Gast war.

Und, wie war’s, Herr Kocks, ein ganzes Jahr ohne? Kocks lacht: Wenn er nachts im Traum aufgewacht sei, sei immer sein Lieblings-Experte für alles, Jo Groebel, vor seinem Bett gestanden und hätte Kommentare abgegeben. Und tagsüber? Da habe er tatsächlich eine Ersatzdroge gebraucht – und die hieß Facebook. Auf mehr als 3.000 „Freunde“ habe er es gebracht, und er habe gemerkt, wie er anfing, sich eine Parallelwelt aufzubauen: Wer ihn kritisierte, dem habe er den Freunde-Status entzogen, wer ihn lobte, dessen „Freundschaft“ habe er gepflegt. „Eine gefährliche Droge“, sagt Kocks. Mittlerweile sei er davon losgekommen und habe aufgehört. Fast. Kocks wurde dann übrigens doch wieder rückfällig. Am 14. Dezember schrieb er auf Facebook: „WIEDEREINTRITT in die shatting (sic!) classes – 24.01. Maischberger“.

Er kehrt also zur Ursprungsdroge zurück: als Talkgast bei Maischberger. Bei Lanz dagegen habe er abgesagt. Warum? Ganz einfach, sagt Kocks. In der Lanz-Sendung, zu der er eingeladen worden sei, wäre es um die Frage gegangen, wie weit Unterhaltung gehen dürfe. An und für sich ein Thema, zu dem Kocks einiges einfiele. Doch der Anlass für die Sendung habe ihn zurückschrecken lassen: Im Januar startet die neue Staffel von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, dem RTL-Dschungelcamp.

04. … dass Inge

Kloepfer erneut an der Friede-Springer-Biografie arbeitet?

Die Biografie, die Inge Kloepfer 2005 über die Verlegerwitwe und Mehrheitsaktionärin Friede Springer schrieb, wurde viel beachtet. Es kommt ja auch nicht oft vor, dass die fünfte und letzte Frau des Konzerngründers Axel Springer öffentlich und noch dazu so freimütig Rede und Antwort steht.

Seit das Buch erschienen ist, ist einiges passiert, sowohl im Konzern als auch in Friede Springers persönlichem Umfeld. Da fügt es sich, dass in diesem Jahr ihr 70. Geburtstag ansteht. Demnächst wird Kloepfer wieder viele Gespräche führen, auc
h mit Friede Springer selbst. Unter anderem dürfte es um den schmerzlichen Verlust ihres langjährigen Vertrauten Ernst Cramer gehen, der vor zwei Jahren gestorben ist und nach dem inzwischen der Ullsteinsaal im 19. Stock des Springer-Hochhauses benannt ist.

Die aktualisierte Neuauflage wird voraussichtlich im Sommer, also pünktlich zu Friede Springers Geburtstag am 15. August, erscheinen, bestätigt Hoffmann und Campe.

Ulrike Simon

ist freie Medienjournalistin in Berlin.

autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 01+02/202012 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 14 bis 17 Autor/en: Ulrike Simon. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.