Test: faz.net

Vor einigen Wochen hat faz.net auf ein neues, zeitungsähnliches Layout umgestellt. Wie bei der gedruckten Zeitung steht nun oben auf der Startseite mittig der Zeitungskopf mit der Unterzeile „Zeitung für Deutschland“. Die Überschriften sind mit Serifen und im Innern ist auch der Fließtext in einer Schrift mit Serifen.

Durch die Zeitungs-anmutung bindet man die Website stärker an das Hauptprodukt an. Eine ganz ähnlich zeitungsaffine Gestaltung ist bei

– nytimes.com

– washingtonpost.com

– thetimes.co.uk

zu beobachten. Das Ganze geht in Richtung Retro-Design. Früher war eben alles besser.

Titelseite

Zeitungskopf: Der Zeitungskopf mit dem Untertitel steht mittig wie bei der gedruckten Version. Rechts ist ein redaktioneller Hinweis, links Weißraum. Anders als bei nytimes.com und thetimes.co.uk wollte man aber auch die Namen der Herausgeber platzieren. Die stehen jetzt über dem Kopf. Ganz oben steht das Datum, das in Grau erst spät gesehen wird. Insgesamt: im Kopf etwas überladen.

Aufmacher: Er wird durch ein Bild und eine große Überschrift hervorgehoben. Außerdem steht er mittig oben auf der Seite. Traditionelle News-Websites wie spiegel.de haben eine plakativere Gestaltung, weil oben meist nur ein sehr großes Bild steht.

Autorenname: Tests zeigen, dass Autorennamen für die Leser keine große Rolle spielen. Bei dieser Website wird aber sogar jede Meldung mit einem oder mehreren Autorennamen versehen. Man will damit Qualität signalisieren: Alles selbst gemacht, kein Industrieprodukt.

Normale Artikel: Die Artikel unter dem Auf-macher haben jeweils rechts ein quadratisches Bild. Das Quadrat ist nicht zu empfehlen, weil es immer Ruhe ausstrahlt. Besser: querformatige Bilder für mehr Dynamik.

Spalte links: Der Eckenbrüller über das November-Wetter funktioniert gut.

Spalte rechts: Die Kommentare haben neben dem Autorennamen auch alle ein Bild des Autors. Das sollte man direkt auf die gedruckte Ausgabe übertragen.

Innenseite

Seitentitel: Diese normale Innenseite hat einen verhältnismäßig großen Seitentitel. Auch hier stehen die Herausgeber weit oben. Die Ressort-Angaben unter dem Kopf sind einfach, klar und übersichtlich. Das gerade gewählte Ressort ist schwarz gekennzeichnet. Insgesamt: gute Funktionalität.

Vorspann: Er ist grau und damit heller als der Grundtext. Grau auf Weiß ist immer schlechter lesbar als Schwarz auf Weiß.

Foto: Es ist in diesem Fall nur illustratives Beiwerk, aber die Seite sähe sehr langweilig aus, wenn überhaupt keine Abbildung da wäre. Der Bildtext ist kleiner als die Grundschrift. Besser: Bildtext so groß wie Grundschrift, weil der Bildtext genauso wichtig ist.

Initialbuchstabe: Dekorative Dreingabe, die die Gesamtästhetik unterstützen soll. Zusammen mit der Grundschrift, den Linien und dem Weißraum auf der Seite entsteht Eleganz und Erhabenheit.

Grundschrift: Sie ist mit Serifen, wie die Überschrift. Ähnlich wie im Printbereich liefern Serifen auch online mehr Informationen über den Buchstaben, also mehr Unterscheidungsmerkmale. Da die meisten Newssites serifenlose Grundschriften haben dürften, hebt man sich mit seinem Angebot angenehm ab. Je nach verwendetem Browser ist die Schrift übrigens fett. Gedacht war es aber sicher als normale Schrift.

Verweise: Die Verweise auf weitere Artikel sind in den Grundtext eingeblockt. Sie stehen am Ende eines Absatzes. Insgesamt funktional.

NORBERT KÜPPER ist Zeitungsdesigner ( www.zeitungs-design.de) und Veranstalter des European Newspaper Award.

nkuepper@layouttipp.de

Erschienen in Ausgabe 01+02/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 59 bis 59 Autor/en: Norbert Küpper. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.