Die zehn größten Design-Fehler der Medien-Apps

1. Nicht linear Seien es hängende Seiten mit „Wäscheleinen-Struktur“ oder gar in alle Richtungen ausufernder Content, Web-artige Teaser, Waben oder übereinanderliegende Ebenen – wer aus der seit Gutenberg gelernten Seitenmetapher ausbricht, bekommt Designpreise, verliert aber User.

2. Blättert nicht Hat man sich erst für schlichte Linearität entschieden, sollte man nun auch größten Wert auf die Blätterqualität legen: Lieber kein kunstvoll animierter Umblätter-Vorgang, dafür bitte unmerklicher Seiten-Aufbau ohne rotierende Warte-Symbole.

3. Navigiert nicht Einen einheitlichen Standard für das Einblenden der Navigation gibt es nicht – mal muss man am Rand tippen, mal in der Mitte, mal doppelt, mal mit zwei Fingern ziehen, mal den „Inhalt“-Knopf am oberen Bildschirmrand berühren oder das Haus-Symbol links unten. Im besten Fall bildet der Content selbst die Navigation (siehe „Our Choice“), schlimmstenfalls ist das mühsam herbeigefrickelte Verzeichnis unbenutzbar.

4. Lädt nicht Bei Websites kostet jede Zehntelsekunde Ladezeit messbar User, App-Reichweiten erodieren im Zehn-Sekunden-Takt. Wenn der opulente Content mehr als ein, zwei Minuten lädt, ist es zwingend, dass die User die ersten Seiten bereits lesen können. Jenseits von drei Minuten beginnt die Todeszone für jeden noch so großartigen Inhalt.

5. Verändert sich Wer den Content mit der Lage des iPad im Raum verändert, muss genau wissen, was er tut. Manche Medien zeigen je nach Orientierung völlig Unterschiedliches – verwirrend. Layoutet sich der gleiche Inhalt hingegen dynamisch neu, kann das toll aussehen und auch noch sinnvoll sein.

6. Versteckt sich Nur Kinder und Programmierer finden es spannend, im digitalen Content nach Ostereiern zu suchen – alle anderen möchten gerne wissen, was sie für ihr Geld bekommen, ohne durch wildes Tippen danach suchen zu müssen.

7. Erklärt sich nicht Je länger die Bedienungsanleitung auf der ersten Seite, desto wahrscheinlicher, dass bei der Gestaltung etwas grundsätzlich schiefgegangen ist.

8. Stört mich Selbststartender Sound ist fast immer unangenehm – es sei denn, man sitzt in einem startenden Flugzeug und kann ihn ohnehin nicht hören. In fast allen anderen Situationen fühlt sich der Leser gestört. Und mit ihm die Sitznachbarn.

9. Nicht robust Es gibt – außer der Wisch-Bewegung zum Blättern und dem Tippen auf hervorgehobene Elemente – wenige Interaktions-Standards, die sich einheitlich durchgesetzt haben. Jene Medien, die es bei diesen beiden Gesten belassen, sind nicht die schlechtesten. Sehr beliebt aber nervig ist etwa das Einblenden der Navigation bei einem „Tap“ an nicht eigens gekennzeichneten Stellen im Content, etwa in der Mitte oder an den Rändern. Viele User haben aber die Tendenz, ihre Finger gelegentlich auf dem Tablet ruhen zu lassen und aktivieren so ständig ungewollt Funktionen.

10. Bezahlt nicht Obwohl Apple fremde Bezahlsysteme aus Eigeninteresse zurückdrängt, schaffen es gerade Verlage immer wieder, den Kaufprozess so kompliziert zu gestalten, dass man ihn entnervt abbricht. Halten Sie einen zahlungswilligen User keinesfalls auf und fragen Sie ihn lieber später irgendwann nach Geschlecht, Kinderzahl oder Tierkreiszeichen.

Erschienen in Ausgabe 03/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 57 bis 58. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.