Fallstrick: Partnerschaften

von Silke Burmester

Sie sind Verleger, Geschäftsführer eines Medienunternehmens, Chefredakteur oder sonst was Tolles? Sie würden Ihr Presseobjekt gern in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, es näher an den Leser oder User bringen? Dann scheint eine sogenannte „Medienpartnerschaft“ womöglich das geeignete Mittel. Irgendjemand veranstaltet etwas, ein Konzert, ein Bierfest, eine Märchenwoche, oder zeigt seine neuesten Automodelle und Sie, der pfiffige Medienmacher oder die pfiffige Medienmacherin, begleiten das in Ihrer Publikation. Dafür weist der Waren- oder Dienstleistungsanbieter bei vielen Gelegenheiten auf diese Kooperation hin. Zeigt Ihr Logo oder weist auf seiner Homepage aus, was für ein großartiger Vertreter Ihrer Zunft Sie doch sind.

So schreibt die Internetplattform „Medführer“, ein „Fachportal für Arzt- und Kliniksuche“, über seinen „Medienpartner“ „Spiegel Online“: „Wir freuen uns, mit ‚Spiegel Online‘ einen renommierten und reichweitenstarken Partner gefunden zu haben. Der, Spiegel‘ steht für Qualitätsjournalismus, wir für qualitativ hochwertige Klinikinformationen. Das passt wunderbar zusammen.“

Und auch Immonet, ein Angebots- und Suchportal für Immobilien, schätzt das Onlineportal des Spiegel-Verlags: „‚Spiegel Online‘-Leser sind eine attraktive Zielgruppe: 41 Prozent verfügen über ein monatliches Nettohaushaltseinkommen von 3.000 Euro und mehr.“ „Die Zeit“ findet Immonet offenbar nicht ganz so toll, über das Hamburger Wochenblatt heißt es da nur: „Die, Zeit‘ ist die führende meinungsbildende Wochenzeitung in Deutschland. www.zeit.de ist der Online-Auftritt der, Zeit‘“. Eventuell haben hier aber die Marketingstrategen der „Zeit“ schlichtweg gepennt und es versäumt, einen Text mit mehr Knalleffekt zu schicken.

Aber nicht nur die Privatwirtschaft liebt ihre Partner. Die von der Bundesregierung finanzierte „Forschungsexpedition Deutschland“, die auch mit dem Saarländischen Rundfunk und Phoenix, dem „Ereignis- und Dokumentationskanal“ von ARD und ZDF, „kooperiert“, jubelt etwa über „Geo“: „Es geht um Substanz, um jenes nachhaltige Wissen, das Teilhabe, Mitsprache und Entscheidung ermöglicht., Geo‘ ist das Basismedium einer Gesellschaft, die auf Köpfe und Kreativität vertraut. Deshalb war, Geo‘ Medienpartner der ‚Forschungsexpedition Deutschland‘.“

Allein die Bedeutung des Wortes „Partner“, die des gleichberechtigten Miteinanders nämlich und die Bindung an einen solchen, müsste jedem Verantwortlichen journalistischer, also unabhängiger Erzeugnisse die Luft nehmen. Mit einem Partner gehe ich fair, eben „partnerschaftlich“ um. Ich agiere nicht hinter seinem Rücken, versuche nicht die Leichen zu finden, die in seinem Keller liegen könnten. Im Gegenteil: Einem Partner gegenüber bin ich loyal. Ich fühle mich ihm verpflichtet. Springe ihm bei, wenn er in Bedrängnis gerät – ich will sein Bestes.

Egal ob Privatwirtschaft, Institutionen wie „Stiftung Lesen“, gemeinnützige Vereine wie Greenpeace, sie alle profitieren davon, dass neben den bereits genannten auch Blätter wie „Financial Times Deutschland“, „Manager Magazin“, „Handelsblatt“, aber auch „Bild“ und der Axel Springer Autoverlag keine Skrupel haben, sich auf „Partnerschaften“ einzulassen – in letzterem Fall auf das Deutsche Tourenwagen-Masters.

Im Netz fliegen einem nicht nur die Vermittler von „Partnerschaften“ entgegen. Viele Verlagshäuser bieten sie offensiv gleich selbst an. So wie etwa die Unternehmensgruppe Aschendorff, in der unter anderem die „Westfälischen Nachrichten“ erscheinen: „Sie haben eine spannende Idee und suchen einen starken Partner, der Sie bei der Vermarktung und Kommunikation Ihres Projektes unterstützt? Wir sind für Sie da!“

Auch Gruner+Jahr ist für diejenigen da, die Unterstützung brauchen, nennt das Geschäftsmodell aber „Kooperation“. In einer aus dem Internet herunterzuladenden Broschüre wird stolz dargelegt, wie und wo die Werbeinhalte redaktionell aufgegriffen oder behandelt werden.

Häufig heißt es über Lifestyle- und vor allem Frauenzeitschriften, wie die aus dem Hause Gruner+Jahr, die Leser und Leserinnen wüssten doch, dass oft die Industrie hinter den Inhalten stecke. Entsprechend streifen die Verantwortlichen den Vorwurf, es handele sich um verdeckte Werbung und bringe den Verlust der kritischen Berichterstattung mit sich, wie eine lästige Fliege ab. Aber selbst wenn dieser Umstand bekannt wäre – eine Annahme, die ich für unzutreffend halte –, so gelten doch die gleichen presserechtlichen und ethischen Maßstäbe wie für die sogenannten seriösen Presseerzeugnisse oder Sendungen. Doch woran sollen sich die, die in ihrer Gier den journalistischen Ethos der Industrie zum Fraß vorwerfen, orientieren, wenn selbst diejenigen, die sich so gern als Qualitätskämpfer sehen, die sich die Unabhängigkeit und Unbefangenheit auf die Fahne schreiben, „Medienpartnerschaften“ eingehen? Stichwort: „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, ARD und ZDF.

Wenn Sie, lieber Verleger, Geschäftsführer, Chefredakteur oder wer Sie sonst Tolles sind, also überlegen, eine solche „Partnerschaft“ einzugehen oder eine bestehende zu verlängern, sollten Sie nicht nur bedenken, dass Sie damit der Glaubwürdigkeit Ihres Mediums schaden. Sie wandeln auch in puncto journalistischer Ethik auf indiskutablem Boden. Sie sollten sich lieber eine andere Arbeit suchen.

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Silke Burmester

schreibt an dieser Stelle nun als Kolumnistin. Die freie Journalistin und Dozentin hat gerade ein Pamphlet gegen die Medienhysterie veröffentlicht: „Beruhigt Euch!“ (Kiwi 2012)

E-Mail: siburmester@aol.com

Erschienen in Ausgabe 03/202012 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 73 bis 73. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.