Je erfolgreicher die Piraten in den Umfragen sind, desto mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten ihre Protagonisten. Die Piraten stehen für eine Politik der Transparenz, in der die Partizipation der Bevölkerung einen hohen Stellenwert hat. Einzelne Politiker wie Marina Weisband prägen das Gesicht der jungen Partei. Nur: Welche Bedeutung hat das Personal Branding für die politische Profilierung der Piraten?
Nach ihrem Wahlerfolg im Saarland sind die Piraten in einer bundesweiten Umfrage von „stern“ und RTL auf zwölf Prozent hochgeschossen. Das ist einer ihrer besten Werte seit der Parteigründung 2006. Obwohl die Piraten sich eigentlich einem Personenkult verweigern wollen, gibt es einige Personal Brands, die ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben.
Am beliebtesten ist die politische Geschäftsführerin der Piraten Marina Weisband, die auf allen medialen Kanälen aktiv ist und sich geschickt inszeniert. Die 24-jährige Psychologiestudentin ist in Social Media sehr aktiv. Sie führt ein persönliches Blog ( www.marinaslied.de) und betreibt bei der FAZ das Kulturblog „Salon Skurril“, hat auf Twitter mit ihrem Account @afelia rund 25.000 Follower und auf Facebook unter ihrem realen Namen mehr als 21.000 Abonnenten. Im Unterschied zu vielen anderen Politikern der etablierten Parteien scheut sie sich in Social Media vor keiner politischen Debatte, bloggt, twittert und facebooket sie in hoher Frequenz. Gleichzeitig glänzt sie aber auch auf dem herkömmlichen politischen Parkett: In klassischen Interviews, Talkshows, Medienberichten macht sie eine gute Figur.
Wer Marina Weisband googelt, findet über sie sehr viele persönliche Informationen im Netz: Jeder kann so erfahren, dass sie als Aussiedlerin 1994 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen, Hobby-Künstlerin und Jüdin ist und Rollenspiele mag. Allerdings scheint nicht jeder diese Offenheit nachvollziehen zu können. Deshalb antwortete sie auf eine Frage des „Spiegel“, ob sie sich damit nicht sehr angreifbar mache: „Mir egal, ich will den Menschen zeigen, wie ich bin und was bei mir privat so abgeht. Ich will offen und ehrlich sein.“ Dass diese neue Öffentlichkeit auch für Weisband nicht immer einfach ist, zeigte sich an den Hass-E-Mails, die sie aufgrund ihres offenen Umgangs mit ihrer jüdischen Identität erhielt. Damit ging sie ebenfalls sehr souverän in der medialen Öffentlichkeit um, indem sie diese Angriffe thematisierte.
Die bekannte Piratin verteidigt stets offensiv die Positionen ihrer Piratenpartei, ohne sich komplett von der Medienwelt vereinnahmen zu lassen. Das wurde deutlich, als sie bekannt gab, nicht erneut für das Amt der politischen Geschäftsführerin der Piraten kandidieren zu wollen.
Daraufhin ging ein kleiner Sturm durch die Medienlandschaft. Viele Journalisten reagierten mit Unverständnis darauf, dass die Psychologie-Studentin ihren politischen Posten aufgeben und lieber ihr Studium beenden will. Damit schienen viele Medien einen Star zu verlieren. Trotz des angekündigten Rückzugs ist die Medienpräsenz von Weisband kaum zurückgegangen. Allerdings sind andere Piraten wie beispielsweise der Berliner Pirat Christoph Lauer in den Talkshows präsenter geworden.
Viele Tweets, Blogstatements und Facebook-Updates von Weisband finden den Weg in die Medien. Eine solche Resonanz wünschen sich auch Nicht-Piraten und versuchen deshalb neuerdings deren politischen Erfolg in Social Media zu kopieren, indem sie selbst aktiver werden.
Klaus Eck ist PR-Blogger und hat mit „Transparent und glaubwürdig“ ein neues Buch vorgelegt.
ke@eck-kommunikation.de
TIPPS
Personal Branding – so geht’s:
01 Planen Sie Ihre Agenda, bevor Sie Social-Media-Kanäle bespielen.
02 Überlegen Sie sich, wen Sie auf Twitter, Blogs und Facebook erreichen wollen.
03 Der Aufbau einer Personenmarke und eines Netzwerks erfordert viel Geduld und Konstanz.
04 Haben Sie keine Scheu davor, für etwas einzustehen und Ihre Meinung deutlich zu sagen.
Erschienen in Ausgabe 04+05/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 69 bis 69 Autor/en: Klaus Eck. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.